85 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVIII. GP
Bericht
des Gesundheitsausschusses
über den Antrag 49/A der Abgeordneten Dipl.-Ing. Olga Voglauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Schutz der Tiere (Tierschutzgesetz – TSchG) geändert wird
Die Abgeordneten Dipl.-Ing. Olga Voglauer, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 26. Februar 2025 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:
„Der Großteil der Schweine in Österreich wird in Haltungssystemen mit Vollspaltenbuchten gehalten. Laut einer Befragungsstudie von Kirner sind es etwa zwei Drittel, jedoch bei größeren Betrieben knapp 80%. Trotz Anstiegs in den letzten Jahren werden weiterhin weniger als 10% des Schweinefleischs in Österreich mit einem Tierwohlsiegel oder Bio vermarktet, der Anteil an auf Vollspaltenbuchten gehaltenen Tieren könnte also noch deutlich höher liegen.
Vollspaltenbuchten sind Systeme, wo der gesamte den Tieren zur Verfügung stehende Bereich mit Spaltenboden versehen ist. Die Tiere treten durch ihre Bewegung ihren eigenen Kot durch die Spalten in das darunterliegende Güllesystem. Für die Tierhalter:innen bedeutet dies weniger Arbeit als die Haltung auf Stroh.
Die Tiere jedoch leiden unter massiven Gesundheitseinbußen:
Schleimbeutelentzündungen, Verletzungen, und Lungenentzündungen etwa kommen bei Tieren die in Vollspaltenbuchten gehalten werden deutlich häufiger vor als bei Tieren, die auf Stroh oder im Freiland gehalten werden. Aufgrund des hohen Stresses und der geringen Beschäftigungsmöglichkeiten der Tiere in der konventionellen Haltung in Vollspaltenbuchten kommen Beißverletzungen an den Tieren deutlich häufiger vor als in Haltung auf Stroh oder im Freiland. Deshalb werden immer noch – trotz EU-rechtlichen Verbots seit 1994! – routinemäßig die Schwänze der Tiere kupiert. Im Tierschutzgesetz ist ein klares Verbot des Zufügens von ungerechtfertigten Schmerzen, Leiden oder Schäden für Tiere festgehalten. Das Bewusstsein für die schädlichen Auswirkungen der Haltung auf Vollspaltenbuchten hat sich deutlich verändert, auch aufgrund der zahlreichen Forschungsarbeiten die die negativen Auswirkungen belegen, und dank der Öffentlichkeitsarbeit von Tierschutzorganisationen zu diesem Thema. Daher sprechen sich mittlerweile über 90% der Bevölkerung für ein Verbot der Haltung von Schweinen auf Vollspaltenböden aus.
Die Verhandlungen zum Tierschutzvolksbegehren ab 2021 waren schließlich aufgrund der Beharrlichkeit der Grünen der Auftakt zu Gesprächen der türkis-grünen Bundesregierung zur Abschaffung der Vollspaltenbuchten. Nach langen Verhandlungen und zahlreichen Gesprächen auch mit den Vertreter:innen der schweinehaltenden Betriebe einigte sich die Bundesregierung 2022 auf ein Verbot von Vollspaltenbuchten ohne Funktionsbereich, mit einer Übergangsfrist bis 2040, einem leicht erhöhten Neubau-Mindeststandard ab 2023, und dem Auftrag mit einem Projekt (Ibest+) die Grundlagen und Empfehlungen für einen langfristigen zukünftigen gesetzlichen Mindeststandard auszuarbeiten. Dieser hätte dann in den Jahren 2027/2028 diskutiert und festgelegt werden sollen, und hatte als eine der Bedingungen die Haltung mit intakten Schwänzen zu ermöglichen.
Im Rahmen eines vom Land Burgenland initiierten Normüberprüfungsverfahrens stellte der VfGH jedoch im Dezember 2023 fest, dass die Übergangsfrist zu lange bemessen war, und dem Tierschutz – in Abwägung mit dem Investitionsschutz – nicht ausreichend Gewicht gegeben wurde. Die Übergangsbestimmungen wurden mit 1.6.2025 aufgehoben, und das Verbot der Vollspaltenbuchten ohne Funktionsbereich tritt mit diesem Zeitpunkt in Kraft, sofern es bis dahin keine anderslautende Regelung gibt.
Es braucht daher nun eine Verkürzung der Übergangsfrist, um dem Tierschutz entsprechend des VfGH-Entscheids entsprechend Rechnung zu tragen, und andererseits den Betrieben eine angemessene Zeit für die Umstellung zu gewähren. Um den Betrieben auch mit einer deutlich verkürzten Frist die notwendige Planungssicherheit zu geben, und nicht wieder Jahre mit Diskussionen verstreichen zu lassen, braucht es eine sofortige Festlegung des neuen gesetzlichen Mindeststandards anstatt weiterer Jahre des Wartens darauf.
Kürzlich abgeschlossene Projekte wie SaLu_T (Saubere Luft in der Tierproduktion) und zahlreiche Forschungsergebnisse der Vergangenheit zeigen was notwendig ist. Die ersten Zwischenergebnisse des Projekts Ibest+ (läuft noch bis 2026), in welchem die Auswirkungen auf Tierwohl, Tiergesundheit, Arbeitsaufwand/Ökonomie und Umweltauswirkungen verschiedener Stallsysteme, die in bestehenden Tierwohlprogrammen verwendet werden, analysiert werden, sollen in die Etablierung eines neuen Mindeststandards einfließen. Zusammengedacht mit dem Verbot des routinemäßigen Schwanzkupierens muss Stroh und Auslauf das Ziel sein. Damit einher gehen auch verschiedene Funktionsbereiche, sowie eine deutliche Erhöhung des Platzangebots. Die genauen Zahlen müssen in einer Verordnung festgelegt werden, es ist jedoch jedenfalls von einer Verdoppelung des Platzangebots auszugehen, wenn Stroh und Auslauf verwirklicht werden.
Nur mit entsprechend hohen Standards können wir sichergehen, dass Schweine, die für die Lebensmittelproduktion gehalten werden, nicht leiden und möglichst viele ihrer Bedürfnisse ausleben können. Nur mit entsprechend hohen Standards besteht die Chance, dass die Schweinehaltung in Österreich auch in 20 oder mehr Jahren noch den gesellschaftlichen Anforderungen an den Tierschutz entspricht. Nur mit entsprechend hohen Standards besteht demnach auch die Chance, dass Bäuerinnen und Bauern nach der jetzt erforderlichen Investition dann einmal für längere Zeit keine Sorge vor sich verändernden Rahmenbedingungen haben müssen, sondern sich auf die tiergerechte Tierhaltung, die Lebensmittelproduktion, und die Erwirtschaftung eines existenzsichernden Einkommens konzentrieren können.“
Der Gesundheitsausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 9. Mai 2025 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Dipl.‑Ing. Olga Voglauer die Abgeordneten Rudolf Silvan, Ing. Josef Hechenberger, Peter Schmiedlechner, Mag. Christoph Pramhofer und Dipl.-Ing. Georg Strasser sowie die Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Ulrike Königsberger-Ludwig.
Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Initiativantrag keine Mehrheit (für den Antrag: G, dagegen: F, V, S, N).
Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Rudolf Silvan gewählt.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.
Wien, 2025 05 09
Rudolf Silvan Mag. Gerhard Kaniak
Berichterstattung Obmann