1/J XXVIII. GP

Eingelangt am 24.10.2024
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Anfrage

der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Genossinnen und Genossen

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Skandalpartei FPÖ – Teil Finanzskandal Steiermark

 

Die FPÖ-Finanzaffäre in Graz bzw. der Steiermark beschäftigt seit Monaten die Öffentlichkeit. Ausgangspunkt war eine Selbstanzeige des ehemaligen Finanzreferenten Matthias Eder vom 5. November 2021, er habe ganz allein 700.000 Euro an Klubgeldern veruntreut. Schon zum Zeitpunkt der Selbstanzeige wurden Zweifel laut, dass er allein gehandelt hat. Gestützt wurden diese Bedenken von einer Tonaufnahme, die Ex-FPÖ-Funktionär Alexis Pascuttini angefertigt hat und von der Staatsanwaltschaft sichergestellt wurde, auf der zu hören sein soll, dass Eder die Einzeltäter-Theorie als erfunden bezeichnet.

Wie der „Standard“ berichtet, handelt es sich in dieser Causa um „einen Skandal rund um mutmaßlich veruntreutes Steuergeld, der sich mittlerweile zu einem Flächenbrand für die steirische FPÖ entwickelt hat. Die Liste der Beschuldigten umfasst zehn Personen, darunter den Landesparteiobmann und Ex-Minister Mario Kunasek genauso wie den mittlerweile parteilosen früheren Grazer Vizebürgermeister Mario Eustacchio. Die Ermittler gehen inzwischen von 1,8 Millionen Euro aus, die versickert sind.“[1]

Bereits Anfang Februar hatte die Oberstaatsanwaltschaft Graz bekannt gegeben, dass sie in dieser Causa um die Verwendung von Finanzmitteln der FPÖ Steiermark die Staatsanwaltschaft Klagenfurt ersucht hat, im Sachverhaltskomplex „Hausbau Kunasek“ die Ermittlungen auf mögliche Beitragstäter auszudehnen und ergänzende Ermittlungen zur Verbreiterung der Entscheidungsgrundlagen durchzuführen.[2]

Die Beantwortung der Anfrage 19321/J 27.GP blieb leider wesentliche Auskünfte unter fragwürdiger rechtlicher Argumentation schuldig. So teilte die Bundesministerin für Justiz darin ua mit, dass sich die Beantwortung der Fragen an den „einfachgesetzlichen Grenzen“ des Interpellationsrechts zu orientieren habe. Dabei verwundert insbesondere, dass sich eine verfassungsgesetzliche Norm angesichts des Stufenbaus der Rechtsordnung durch eine einfachgesetzliche Regelung beschränken lässt.

Nach Kritik an den (behaupteten) schleppenden Ermittlungen kam es im Oktober 2024 zu einem Wechsel der fallführenden Staatsanwältin. In weiterer Folge sollen eine Vielzahl neuer Ermittlungsanordnungen ergangen und auch ein neues Gutachten angefordert worden sein.[3]

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage

1.    Wegen welcher Straftatbestände wird zum Stand 24. Oktober 2024 im FPÖ-Finanzskandal Steiermark/Graz ermittelt?

 

2.    Wie viele Personen werden als Angezeigte, wie viele als Verdächtige und wie viele als Beschuldige jeweils wegen welcher Delikte in der VJ geführt?

 

3.    Welche Personen von öffentlichem Interesse (Mandatsträger:innen, Regierungsmitglieder, Politiker:innen) finden sich unter den Personen gemäß der zweiten Frage?

 

4.    Welche Personen bzw Verbände von öffentlichem Interesse (Gebietskörperschaften, Parteien, Politiker:innen) werden als Opfer geführt?

 

5.    Welche Gebietskörperschaften befinden sich unter den Opfern und haben sich diese allenfalls bereits als Privatbeteiligte dem Verfahren angeschlossen?

 

6.    Im Hinblick auf welche Tatvorwürfe wurde in diesem Verfahrenskomplex kein Ermittlungsverfahren eingeleitet (§ 35c StAG)?

 

7.    Im Hinblick auf welche Tatvorwürfe wurde das Ermittlungsverfahren bereits auf welcher gesetzlichen Grundlage beendet?

 

8.    In welchem Stand befindet sich das Ermittlungsverfahren gegen Mario Kunasek ua wegen des Verdachts der Nötigung gemäß § 105, allenfalls § 106 StGB?

 

9.    Wie viele Ermittlungsanordnungen ergingen in den letzten sechs Monaten jeweils an die Kriminalpolizei (gegliedert nach Monaten)?

 

10.  Wie viele Auskünfte über Bankkonten und Bankgeschäfte wurden bislang angeordnet?

 

11.  Welche Ermittlungsanordnungen wurden gerichtlich nicht bewilligt?

 

12.  Mit welchen Aufträgen wurden seit Juli 2024 Gutachten bei Sachverständigen veranlasst?

 

13.  Wie viele Beschuldigtenvernehmungen wurden bislang durchgeführt und welche davon erfolgten in mehreren Teilen?

 

14.  Welche (bereits vollzogenen) Zwangsmaßnahmen wurden seit Juli angeordnet?

a.    Um welche Art von Zwangsmaßnahmen handelte es sich?

 

15.  Wie viele Staatsanwält:innen sind mit den Ermittlungen aktuell befasst?

16.  Welche weiteren Personen aus dem Bereich der Staatsanwaltschaft sind den Ermittlungen beigezogen (zB IT- bzw Wirtschaftsexpert:innen)?

 

17.  Wie hoch ist die Schadenssumme von der nach aktuellem Stand ausgegangen wird?

 

18.  Wie wurde von Seiten der Staatsanwaltschaft auf das – laut Gutachter – hohe Maß an Verschleierungsenergie bei der steirischen FPÖ reagiert?

 

19.   Der verstorbene ehemalige Büroleiter von Mario Eustacchio in seiner Zeit als Grazer Vizebürgermeister wurde zwar von anderen Zeugen immer wieder als Zeuge genannt, der einen essenziellen Beitrag zur Aufklärung in den unterschiedlichen Verfahren leisten könnte, laut der Aussage von Mag. Alexis Pascuttini wurde der ehemalige Büroleiter jedoch nie als Zeuge einvernommen. Erst post mortem wurde bei ihm eine Sicherstellung angeordnet. Aus welchen Gründen wurden die Ermittlungen im Hinblick auf den ehemaligen Büroleiter erst zu so spätem Zeitpunkt angeordnet?

 

20.  Bei der genannten Sicherstellung wurden diverse Datenträger sichergestellt.

a.    Welche Datenmenge wurde sichergestellt?

b.    Wie weit ist die Auswertung dieser Datenträger?

c.     Wurden von diesen Datenträgern bereits Auswertungsergebnisse zum Ermittlungsakt genommen?

 

21.   An welche Vereine und andere juristischen Personen wurden aus den Parteikassen der FPÖ Graz, der FPÖ Steiermark, des Gemeinderatsklubs und des Landtagsklubs Gelder überwiesen, soweit aus den Akten bekannt?

 

22.  Zahlungen an welche Vereine waren die Grundlage für die nunmehr laut Medienberichten erfolgten neuen Ermittlungsanordnungen?

 

23.  Sind Zahlungen an rechtsextreme Organisationen wie insbesondere die Identitären oder an rechtsextreme Medien wie den Aula Verlag oder info.direkt in den Ermittlungen einschlägig und wenn ja, in welcher Höhe durch welchen Machthaber?

 

24.  Wann langte die Dienstaufsichtsbeschwerde des Alexis Pascuttini bei wem ein?

 

25.  Welches Ergebnis hatte die Prüfung der Beschwerde durch die Dienstaufsicht?

 

26.  Wie viele Weisungen zur Sachbehandlungen (§ 29 StAG) ergingen durch die zuständige OStA wann und mit welchem Inhalt?

 

27.  Wie viele dieser Weisungen gingen auf entsprechende Weisungen des BMJ (§ 29a StAG) zurück?

 

28.  Aus welchem Grund wurden Weisungen durch das BMJ erteilt und wie äußerte sich der Weisungsrat zu den jeweiligen Weisungsvorhaben?

 

29.  Wie viele Anträge auf Einstellung des Ermittlungsverfahrens wurden bislang bei Gericht eingebracht und wie wurden diese entschieden?

 

30.  Wie viele Einsprüche wegen Rechtsverletzung wurden bislang wegen welchen behaupteten Rechtsverletzungen eingebracht und wie wurden diese entschieden?

 

31.  Wann ist nach derzeitigem Stand mit der Beendigung des Ermittlungsverfahrens im Hinblick auf die Untreuevorwürfe zu rechnen?

 



[1] https://www.derstandard.at/story/3000000217059/wuerstelstand-ibiza-tonaufnahme-wirft-neues-licht-auf-fpoe-finanzcausa

[2] https://www.justiz.gv.at/osta-graz/oberstaatsanwaltschaft-graz/medienstelle/pressemitteilungen/presseinformation-vom-8-februar-2024-in-der-causa-fpoe-graz-fpoe-steiermark.dcc.de.html

[3] https://www.derstandard.at/story/3000000240263/ploetzlich-bewegung-in-ermittlungen-um-steirische-fpoe-finanzaffaere