1009/J XXVIII. GP

Eingelangt am 03.04.2025
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Anfrage

 

der Abgeordneten Süleyman Zorba, Freundinnen und Freunde

an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Herstellung digitaler Souveränität in der Verwaltung

BEGRÜNDUNG

 

Die schon bisher bestehenden Bedenken im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Abhängigkeit von außereuropäischen Tech-Konzernen in Österreich, wie in Europa, haben aktuell eine neue Dimension erreicht.[1] Zu der milliardenschweren wirtschaftlichen Abhängigkeit kommt nun noch eine erhebliche politische Komponente hinzu, die mit den Mitteln eines bereits angedrohten und begonnenen Handelskriegs massive Auswirkungen erwarten lässt.

Schon in der vergangenen Legislaturperiode wurde dieses Problemfeld erkannt und in der Roadmap Digitale Dekade[2] aus dem November 2023 wurde festgehalten: „Eine strategische Leitlinie in Österreich ist die Unterstützung des Einsatzes von Open Source Software, da dies zur Sicherung der digitalen Souveränität Österreichs und der Union […] einen wesentlichen Beitrag liefern kann. Aufgrund der Eigenschaften bietet Open Source Software die Chance technologische Weiterentwicklungen in der EU mit geringeren Abhängigkeiten durchzuführen und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft zu stärken.“

Open Source bietet für Österreich und Europa eine Win-Win-Situation: Open Source bringt die Befreiung von technischer Abhängigkeit, das Ende von milliardenschweren Lizenzzahlungen an Tech-Konzerne außerhalb der Europäischen Union und den dazugehörigen Sicherheitsproblemen sowie gleichzeitig wichtige Impulse für die Wirtschaft in Europa.

Schon 2022 wurden in den einzelnen Ressorts Chief Digital Officers (CDO) eingesetzt und im Rahmen einer ressortübergreifenden Arbeitsgruppe „Open Source Software“ wurde 2024 ein Leitfaden für den Einsatz von Open Source Software in der Bundesverwaltung erarbeitet, der den Software-Auswahlprozess ebenso beleuchtet wir rechtliche Fragestellungen.[3]   

Die Vorarbeiten für eine Ausrollung von Open Source in der Verwaltung wurden somit bereits in der vorangegangenen Legislaturperiode gemacht. Dennoch bleibt das Regierungsprogramm nun im Hinblick auf die so dringend gebotene digitale Souveränität völlig vage. So heißt es auf S 182 „Verstärktes Setzen auf Open-Source-Software in Abstimmung mit europäischen Partnern“  oder „Berücksichtigung des Faktors digitale (europäische) Souveränität bei Beschaffungen des Bundes.“ oder „Bewusstseinsbildung zum Thema ‚Digitale Souveränität‘“. Konkrete Maßnahmen bleibt das Regierungsprogramm schuldig.

Die Bewusstseinsbildung zum Thema Digitale Souveränität ist längst erfolgt, die Vorarbeiten sind geleistet. Jetzt ist es angesichts milliardenschwerer Lizenzzahlungen an außereuropäische Tech-Konzerne, angesichts der Androhung eines Handelskriegs und angesichts einer Bereitschaft von Konzernen, sich politischem Druck willfährig zu beugen, dringend an der Zeit, ins Tun zu kommen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Ist ihr Ressort aktuell von bestimmten Software- und Hardware-Anbietern abhängig?

  1. Wenn ja, schlüsseln Sie bitte auf um welche Anbieter es sich handelt und in welchen Ländern sich deren Hauptsitz befindet.
  2. Wenn ja, erläutern Sie bitte weiters welche Maßnahmen Sie planen, um diese Abhängigkeiten zu verringern und welchen Zeitrahmen Sie dafür vorsehen.
  3. Wenn nein, worauf begründet sich Ihre Analyse, dass in ihrem Ressort keine Abhängigkeit besteht?

2)    Wie hoch sind die Kosten, die Sie in Ihrem Ressort jährlich für Software und Hardware von nicht-österreichischen und nicht-europäischen Anbietern (insbesondere Microsoft, Oracle, Amazon, Google, Meta, Apple, IBM, SAP, Adobe, Lenovo, HP, Dell, Acer etc) aufwenden? Bitte schlüsseln Sie diese Kosten nach Anbieter auf und führen Sie den Hauptsitz-Staat des jeweiligen Anbieters an.

3)    Wären europäische Alternativen oder Open Source Alternativen zu geringeren, vergleichbaren oder höheren Kosten zu haben?

4)    Sehen Sie die Notwendigkeit, die Abhängigkeit von Software- und Hardware-Anbietern mit Hauptsitz außerhalb der Europäischen Union zu reduzieren?

  1. Wenn ja, welche konkreten Schritte zur Reduzierung der Abhängigkeit sind geplant?
  2. Wenn nein, warum nicht?

5)    Gibt es in Ihrem Ressort eine Open Source Strategie?

  1. Wenn ja, welche konkreten Umsetzungsschritte sind geplant?
  2. Wenn nein, warum nicht?

6)    Wie hoch ist der aktuelle Anteil an Open Source Software in Ihrem Ressort?

7)    Gibt es konkrete Zielvorgaben zum Umstieg auf Open Source bzw europäische Alternativen?

  1. Wenn ja, wie lauten diese Zielvorgaben?
  2. Wenn nein, warum nicht?

8)    Wie schnell könnten Ihr Ministerium und die Ihnen zugeordneten Behörden vollständig auf europäische Alternativen oder Open Source Alternativen umsteigen?

 

 



[1] Wegen Trump: Ruf nach "ernsthaften Schritten in Richtung alternativer Software", https://www.heise.de/news/Big-Tech-Abhaengigkeit-Trump-als-Booster-fuer-digitale-Souveraenitaet-in-der-EU-10294963.html

[2] https://www.digitalaustria.gv.at/dam/jcr:54ca89e7-20fb-4cf0-9146-a707cf1bc522/DAA%20Digitale%20Dekade%20EU%202023-28112023.pdf

[3] Leitfaden für den Einsatz von Open Source Software in der Bundesverwaltung, https://www.digitalaustria.gv.at/dam/jcr:4bd78022-4427-4c18-92a3-b310836ea141/DA%20OpenSource%20Software-barrierefrei-Standard.pdf