1040/J XXVIII. GP
Eingelangt am 10.04.2025
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Anfrage
der Abgeordneten Nina Tomaselli, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Gefahr in Verzug bezüglich Umsetzung des Wohnbaupakets in den Bundesländern
BEGRÜNDUNG
Aufgrund negativer Prognoseentwicklungen im Bausektor im Herbst 2023 reagierte die damalige schwarz-grüne Bundesregierung prompt und präsentierte ein milliardenschweres Wohnbaupaket im Februar 2024. Grundbedingungen: Die Bundesmittel dürfen von den Bundesländern nur für zusätzliche Baueinheiten abgeholt werden, entsprechende Anträge und Nachweise müssen erbracht werden.[1] Einige Bundesländer kommen nur schleppend ihrer Verpflichtung nach. Ein Blick in die Monatsberichte des Finanzministeriums verrät, dass bisher nur rund 76 (!) Millionen Euro geflossen sind[2]. Die unterzeichnenden Abgeordneten sorgen sich fast ein Jahr nach Beschluss des Wohnpakets um dessen Umsetzung.
Das Herzstück des Pakets: Die Wohnbaumilliarde, ein Zweckzuschuss des Bundes an die Bundesländer insbesondere für den gemeinnützigen Wohnbau, mit 780 Mio. Euro für den Neubau und 220 Mio. Euro für Sanierungen. Damit sollen rund 20.000 neue Wohneinheiten entstehen sowie 5.000 Wohneinheiten saniert werden. [3]
Während das Paket von Expert:innen durch die Bank begrüßt wurde[4], wollten die Bundesländer zunächst nachverhandeln, um das Kriterium der Zusätzlichkeit aufzuweichen. Doch wie es der Wohnbauforscher Wolfgang Amann formulierte, setzt eben dieses Kriterium die in Österreich in erster Linie für den Wohnbau zuständigen Bundesländer „unter Zugzwang“[5].
Die Zusätzlichkeit als Kriterium ist unerlässlich, da die Bundesländer bereits jetzt deutlich mehr an Einnahmen aus der Wohnbauförderung lukrieren, als für den gemeinnützigen bzw. geförderten Wohnbau ausgegeben wird. Mit entsprechenden Folgen: Preisdämpfende Effekte haben sich aufgrund niedriger Bauzahlen in den vergangenen Jahren deutlich verringert. Die eigentlich für den Wohnbau gedachten Mittel fließen ins allgemeine Budget.
Quelle: Wohnbauförderungsbericht 2023 der
GBV[6].
Die Steiermark und das Land Tirol reagierten schnell: Bereits im Mai 2024 kündigte die Steiermark eine Wohnraumoffensive an, die zur Hälfte mit den Zuschüssen des Bundes bestritten werden sollte[7]. Damit sollen jedes Jahr 1.100 zusätzliche, geförderte Wohneinheiten errichtet werden. Die Eigenheimförderung wurde ebenfalls an den Zinszuschuss angepasst. Tirol folgte sogleich und kündigte im Sommer 2024 an, ebenfalls alle Mittel abholen zu wollen[8].
Danach ist es lange ruhig. Im Winter 2024 macht die Tageszeitung DER STANDARD einen Rundruf an alle Wohnbaureferent:innen der Bundesländer, um den Umsetzungsstand zu erfragen[9]. Die meisten Bundesländer sind „zuversichtlich“, die erforderlichen Benchmarks für den Geschoßbau zu erreichen. Den Zinszuschuss wollen alle Bundesländer bis auf Vorarlberg in Anspruch nehmen. Salzburg, Wien und das Burgenland wollen diesbezüglich noch ein Modell erarbeiten.
Wien hat den Antrag für die Mittelzuteilung erst Mitte März gestellt.[10] Der Antrag des Landes Kärnten ist nach uns vorliegenden Informationen immer noch ausständig. Das ist auch deshalb irritierend, weil Kärntens Finanz- und Wohnbaulandesrätin Gaby Schaunig von der SPÖ im März 2024 die Bundesregierung kritisierte: "Das große Problem dabei ist, dass die Länder überhaupt keine Informationen haben, wie es umgesetzt werden soll".[11]
Mit jedem verstrichenen Monat wird es immer unsicherer, ob die Bundesländer sich überhaupt selber in die Lage versetzen können, die Bundesmittel für leistbares Wohnen abholen zu können.
Es ist auch mehr als fraglich, ob die Bundesländer die Mittel auch gesetzeskonform verwenden werden. So verlautbarte der Vorarlberger Wohnbaulandesrat Marco Tittler im Juli 2024, mit den Mitteln des Bundes 110 zusätzliche Eigentumswohnungen fördern zu wollen. Die Struktur der Neubauförderungskredite blieb allerdings bestehen (deren Richtlinien freilich 5 Monate vor dem Beschluss des Wohnpakets verfasst wurden), nur die Gelder kämen jetzt vom Bund.[12]
Pikant: Denn im Gesetz zur Wohnbaumilliarde sind auch scharfe Anti-Spekulationsklauseln enthalten, wie das im geförderten Wohnbau bewährte Kostendeckungsprinzip für 25 Jahre und das Spekulationsverbot für 15 Jahre bei der Eigentumsübertragung.[13] Darauf, wie diese von privaten Wohnbauträgern erfüllt werden sollen bzw. die Umsetzung der Anti-Spekulationsklauseln durch die Landesregierung überprüft wird, wird freilich nicht eingegangen.
Die gesetzlich vorgeschriebenen Berichte zur Umsetzung des Wohnbaupakets sind noch nicht auf der Homepage des Finanzministeriums abrufbar.
Knapp ein Jahr nach Beschluss des Wohnbaupakets ist es also mehr als unsicher, ob die Mittel von den Bundesländern vollständig und zweckmäßig abgeholt werden. Das ist deshalb besonders ärgerlich, weil gerade aus den Bundesländern immer wieder Forderungen an den Bund herangetragen wurden, sie finanziell mit einem Bau-Konjunktur-Paket zu unterstützen.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE
1. Welche Bundesländer haben bereits einen Antrag betreffend den Zweckzuschuss für den Geschoßbau (§ 29a Abs. 1 FAG 2024) gestellt und wann? Bitte um Aufschlüsselung in tabellarischer Darstellung, jeweils nach Bundesland.
1.1. Wie ist der Bearbeitungsstand der bereits eingegangenen Anträge?
1.2. Wieviel vom zur Verfügung stehenden Zuschussvolumen wurde beantragt?
1.3. Wie hoch sind die bisher erfolgten Auszahlungen?
1.4. Wie hoch sind die bisher nicht in Anspruch genommenen Mittel?
1.5. Wie hoch ist der Anteil, der für die Sanierung aufgewendet wird? Wie hoch ist der Anteil, der für den Neubau aufgewendet wird?
2. Wie hoch ist der Anteil an bereits abgeholten bzw. beantragten Mitteln für die Jahre 2024, 2025 und 2026 im Vergleich zu den zur Verfügung stehenden Mitteln, jeweils nach Bundesland aufgeschlüsselt?
3. Wie viele Förderungszusicherungen müssen für das Kriterium der Zusätzlichkeit (§ 29a Abs. 11 bzw. Abs. 12 FAG 2024) erreicht werden? Bitte um Aufschlüsselung in tabellarischer Darstellung, jeweils nach Bundesland.
3.1. Welcher Anteil des bereits genehmigten Zuschussvolumens fließt in den Neubau, welcher in die Sanierung?
3.2. Welcher Anteil des genehmigten Volumens im Neubau fließt in Mietobjekte, in Mietobjekte mit Kaufoption, in direkte Eigentumsübertragungen und in privaten Eigentumsbau?
3.3. Welcher Anteil des genehmigten Volumens fließt in privaten Eigentumsbau?
4. Welche Bundesländer haben bereits einen Antrag betreffend den Zinszuschuss (§ 29a Abs. 6 FAG 2024) gestellt und wann? Bitte um Aufschlüsselung in tabellarischer Darstellung, jeweils nach Bundesland.
4.1. Wie ist der Bearbeitungsstand der bereits eingegangenen Anträge?
4.2. Wie hoch ist das zur Verfügung stehende Zuschussvolumen, und wieviel davon wurde jeweils beantragt?
4.3. Wie hoch sind die bisher erfolgten Auszahlungen?
4.4. Wie hoch sind die bisher nicht in Anspruch genommenen Mittel?
4.5. Welcher Anteil des bereits genehmigten Zuschussvolumens fließt in den Neubau, welcher in die Sanierung?
5. Wann werden die Berichte der Bundesländer, wie gesetzlich vorgesehen, auf der Website des BMF veröffentlicht?
6. Von welchen Bundesländern werden die weiteren Bedingungen des Zweckzuschusses nach § 29a Abs. 4 (PV-Pflicht, verdichteter und mehrgeschossiger Wohnbau, antispekulative Maßnahmen der §§ 15g und 15i WGG) erfüllt, von welchen nicht?
6.1. Wie erfolgt die Kontrolle der Bundesregierung zur Einhaltung der genannten Bedingungen?
6.2. Wie stellen die Bundesländer sicher, dass von den Bauträgern die genannten Bedingungen eingehalten werden?
7. Wie viele Förderzusicherungen (in Einheiten und durchschnittlicher Förderhöhe) sind in den jeweiligen Bundesländern an gemeinnützige bzw. an private Wohnbauträger aufgrund des Wohnbaupakets erfolgt? Wie viele Förderzusicherungen gab es an Privatpersonen, jeweils nach Bundesland?
8. Welche Bundesländer haben in welchem Ausmaß vor, privaten Eigentumsbau mit den Mitteln des Wohnbaupakets (§ 29a Abs. 1 FAG 2024) zu fördern? Wie wird sichergestellt, dass die gesetzlichen Anti-Spekulationsbedingungen nach § 29a Abs. 4 FAG 2024 eingehalten werden?
9. Wann ist mit einem Antrag des Bundeslandes Kärnten zu rechnen?
10. Warum erfolgte nach Ihnen vorliegenden Informationen der Antrag der Stadt Wien erst mit 10. März 2025?
11. Haben Sie oder Mitarbeitende Ihres Kabinetts bereits das Gespräch mit den Länderchefs bezüglich Umsetzung des Wohnbaupakets gesucht?
11.1. Falls ja, mit welchem Inhalt und welchem Ergebnis?
[1] Im Detail siehe § 29a FAG 2024 idgF, insb. Abs. 12. https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20012472
[2] Monatsberichte des BMF, Dezember 2024, Jänner 2025 und Februar 2025 (https://www.bmf.gv.at/dam/jcr:50e25849-d96a-40b0-a8f0-ef6da77f6396/Monatsbericht_Dezember_2024.pdf bzw. https://www.bmf.gv.at/dam/jcr:f653bc09-dbc0-4c68-a160-19a2162c83c9/Monatsbericht_J%C3%A4nner_2025.pdf bzw. https://www.bmf.gv.at/dam/jcr:c77a1106-9dc3-4d75-998e-18b24f8eafbf/Monatsbericht_Februar_2025.pdf)
[3] https://services.bundeskanzleramt.gv.at/newsletter/bka-medien-newsletter/innenpolitik/20240227wohnbauoffensive.html; https://orf.at/stories/3349915/
[4] Etwa bei der OeNB oder hier.
[5] https://www.derstandard.at/story/3000000218616/laender-wollen-wohnbaupaket-wieder-aufschnueren vom 03.05.2024.
[6] Kössl, G. (2024): Wohnbauförderung in Österreich 2023. Förderungszusicherungen, Förderungsgebarung und internationaler Vergleich 1996-2023. Österreichischer Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen, S.17.
[7] https://steiermark.orf.at/stories/3255625/ vom 03.05.2024.
[8] https://www.tirol.gv.at/meldungen/meldung/tiroler-wohn-und-eigentumspaket-land-stuetzt-kredite-zusaetzlich-mit-15-prozent/
[9] https://www.derstandard.at/story/3000000248252/kommt-der-wohnbau-nun-wieder-in-schwung
[10] https://www.vienna.at/wohnbaupaket-grune-werfen-wien-schneckentempo-vor/9265727
[11] https://www.meinbezirk.at/c-bauen/laender-fordern-konkrete-details-zu-wohnbaudarlehen_a6567254
[12] Vorarlberger Nachrichten, 13.07.2024, D1.
[13] Siehe § 29a Abs. 4 Z 1 und Z 2 FAG 2024 idgF. https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20012472