1274/J XXVIII. GP
Eingelangt am 25.04.2025
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ANFRAGE
des Abgeordneten Thomas Spalt
an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft
betreffend Transparenz und Kontrolle rund um das Pfandsystem in Österreich – Hintergründe zur EWP Recycling Pfand Österreich gGmbH
Mit 1. Jänner 2025 wurde in Österreich das verpflichtende Einwegpfandsystem auf Kunststoffflaschen und Dosen eingeführt. Zuständig für die Abwicklung ist laut öffentlicher Kommunikation die eigens gegründete EWP Recycling Pfand Österreich gGmbH (im Folgenden: EWP), die als zentrale Organisation agiert. Diese Gesellschaft wurde von führenden Vertretern der Getränke- und Handelsbranche ins Leben gerufen und übernimmt Aufgaben, die aus Sicht vieler Bürgerinnen und Bürger den Charakter einer hoheitlichen Leistung tragen – wie etwa das Eintreiben von Pfandbeträgen, die Koordination der Rückgabeinfrastruktur sowie die Weiterverwertung von Wertstoffen.
Die Einführung dieses Systems stellt einen erheblichen Eingriff in das Konsum-verhalten der Bevölkerung dar und erzeugt gleichzeitig enorme wirtschaftliche Ströme – durch die eingenommenen Pfandgelder, durch den Handel mit Wertstoffen sowie durch die Vergabe von Recyclingaufträgen. Es ist daher unumgänglich, dass vollständige Transparenz über alle Prozesse, Beteiligungen, finanziellen Flüsse und Förderstrukturen herrscht. Die Öffentlichkeit hat ein berechtigtes Interesse daran, zu erfahren, wer von diesem System profitiert, wer Zugang zu den Wertstoffen erhält, wie über Fördermittel entschieden wurde und wie sich die Kosten für den Steuerzahler darstellen – aktuell und in Zukunft.
In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete an den Bundes-minister für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft nachstehende
Anfrage
1. Wer war politisch federführend bei der Konzeption und Umsetzung des österreichischen Einwegpfandsystems?
2. Wann wurde der Gesetzgebungsprozess initiiert, und in welchen parlamentarischen Gremien wurde er behandelt?
3. Welche Ministerien, Stakeholder, Interessenvertretungen, NGOs und Unternehmen wurden in den Prozess eingebunden?
4. Welche Studien oder Prognosen wurden zur wirtschaftlichen und ökologischen Wirksamkeit eingeholt?
5. Wurde eine Folgenabschätzung für die österreichische Industrie und Konsumenten erstellt?
6. Wer hat die EWP Recycling Pfand Österreich gGmbH gegründet? (Bitte um Angabe von Gründungsdatum, Gesellschafterstruktur, Beteiligungsverhält-nissen und Firmenbuchnummer)
7. Welche Unternehmen, Verbände oder Konzerne sind an der EWP direkt oder indirekt beteiligt?
8. Welche Vertreter dieser Firmen sitzen in Geschäftsführung, Aufsichtsrat, Beirat oder sonstigen Leitungsorganen?
9. Welche Entscheidungsprozesse gelten innerhalb der EWP?
a. Wer kontrolliert diese Entscheidungen?
10. Welche Rolle spielt der Staat bei der Kontrolle dieser Gesellschaft?
11. Unterliegt die EWP einer behördlichen oder parlamentarischen Aufsicht?
12. Wie wird sichergestellt, dass das öffentliche Interesse gegenüber privat-wirtschaftlichen Interessen gewahrt bleibt?
13. Wurden im Zusammenhang mit der Gründung der EWP öffentliche Mittel oder Fördergelder bereitgestellt?
a. Wenn ja, in welcher Höhe und auf welcher Grundlage?
14. Hat die EWP Förderungen von Bund, Ländern oder EU erhalten?
a. Wenn ja, in welcher Höhe und auf welcher Grundlage?
15. Wurden für das Einwegpfandsystem (auch im Zusammenhang mit „Design for Recycling" oder „Circular Economy") Steuergelder eingesetzt?
a. Wenn ja, in welcher Höhe und für welche Zwecke?
16. Welche öffentlichen Budgets wurden in den Jahren 2022, 2023, 2024 für die Einführung des Pfandsystems verwendet?
17. Wie hoch ist das für das Jahr 2025 vorgesehene öffentliche Budget für das Pfandsystem?
18. Mit welchen laufenden Kosten ist aus Sicht des Bundes künftig zu rechnen? (Bitte um eine Prognose für 2026 bis 2030)
19. Welche Beträge trägt der Steuerzahler jährlich für Verwaltung, Kontrolle oder Infrastruktur dieses Systems?
20. Wie hoch sind die Einnahmen aus dem eingenommenen Pfand jährlich (prognostiziert und aktuell)?
21. Wie hoch sind die Rücklaufquoten (getrennt nach Kunststoffflaschen und Dosen)?
22. Wie viele Flaschen und Dosen werden nicht zurückgegeben?
23. Wer verfügt über die nicht eingelösten Pfandgelder?
a. Wo werden diese Mittel verbucht und wie werden sie verwendet?
b. Wird mit diesen Geldern gewirtschaftet?
i. Falls ja, durch wen?
c. Gibt es Pläne, diese Gelder in Umweltprojekte, Forschung oder gemein-nützige Zwecke zu investieren?
24. Wie hoch sind die Verwaltungskosten der EWP jährlich?
25. Welche Honorare, Beratungskosten und Managementgehälter werden aus den Pfandmitteln finanziert?
26. Was passiert konkret mit den gesammelten Kunststoffflaschen und Dosen nach der Rückgabe?
27. An welche Unternehmen werden die gesammelten Wertstoffe verkauft?
a. Erfolgt dieser Verkauf zu marktüblichen Preisen?
28. Gibt es Ausschreibungen oder Vergabeverfahren für die Verwertung der Materialien?
29. Können österreichische Verwertungsunternehmen die Wertstoffe beziehen?
a. Wenn ja, wie?
b. Wenn nein, warum nicht?
30. Werden bestimmte Mengen exklusiv an einzelne Großfirmen vergeben?
31. Gibt es eine öffentliche oder transparente Plattform, über die österreichische Firmen Zugang zu den Wertstoffen beantragen können?
32. Welche Mengen gehen ins Ausland?
a. Falls ja, in welche Länder?
33. Wie wird sichergestellt, dass die Materialien auch tatsächlich recycelt und nicht exportiert, verbrannt oder minderwertig verwertet werden?
34. Gibt es eine Nachvollziehbarkeitskette für jede Fraktion der gesammelten Wertstoffe?
35. Welche Rolle spielen die großen Handels- und Getränkeunternehmen innerhalb der EWP in der operativen Steuerung?
36. Gibt es wirtschaftliche Verflechtungen zwischen den Gesellschaftern der EWP und den Recyclingfirmen, die den Zuschlag für die Verarbeitung erhalten haben?
37. Wie wurde sichergestellt, dass es zu keinem Interessenskonflikt kommt?
38. Gab es eine Prüfung durch die Bundeswettbewerbsbehörde oder die EU-Kommission hinsichtlich Marktverzerrung?
39. Besteht eine Pflicht der EWP zur Offenlegung ihrer Jahresabschlüsse und Geschäftstätigkeit?
40. Wird das Parlament jährlich über die Entwicklung des Pfandsystems informiert?
41. Wird eine öffentliche Website mit allen Zahlen, Verträgen, Beteiligungen und Vergaben geführt?
42. Wird es eine externe, staatlich beauftragte Prüfung der EWP geben (z. B. durch den Rechnungshof)?
43. Warum wurde die Abwicklung des Systems nicht durch eine neutrale, staatlich geführte Stelle übernommen?
44. Ist eine Überführung der EWP in staatliche Trägerschaft langfristig vorgesehen?