133/J XXVIII. GP

Eingelangt am 21.11.2024
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Peter Wurm

an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Sommerzeit/Winterzeit-Die entschlafene Debatte?

 

 

Die Umstellung der Sommerzeit auf die Winterzeit vom 26. auf den 27. Oktober 2024 hat wiederum die mediale Aufmerksamkeit auf das Thema Zeitumstellung gelenkt:[1]

 

Die entschlafene Debatte

 

Am letzten Wochenende im Oktober werden wieder die Uhren umgestellt. In der Nacht auf Sonntag geht die Sommerzeit zu Ende – um 3.00 Uhr werden die Uhren um eine Stunde zurückgestellt. Die „geschenkte“ Stunde erlaubt einmalig ein längeres Ausschlafen, damit ist es früher hell, dafür nachmittags früher finster. Die EU-Debatte zur Abschaffung der Zeitumstellung ist längst sanft entschlafen – außer in Deutschland, von wo die Initiative ausging.

 

Dass sich das jährliche Jammern in ein Politikum verwandelt hatte, war die Folge einer 2018 durchgeführten EU-weiten Onlineumfrage. Bei dieser hatten sich 84 Prozent der Teilnehmer für ein Aus der Zeitumstellung und eine dauerhafte Sommerzeit ausgesprochen. 4,6 Millionen Antworten, davon die überwiegende Mehrheit von drei Millionen aus Deutschland, gingen ein – ein Rekord, aber immer noch weniger als ein Prozent der EU-Bürger.

 

Das Europaparlament stimmte daraufhin im März 2019 mit großer Mehrheit für die Abschaffung der Zeitumstellung per 2021. Die EU-Kommission schlug vor, dass die Staaten stattdessen selbst entscheiden sollen, ob sie dauerhaft Sommer- oder Winterzeit haben wollten. Was für eine Umsetzung noch aussteht: die erforderliche Abstimmung der Mitgliedsstaaten. Die EU-Kommission wiederholt seitdem wie in Dauerschleife auf die saisonalen Anfragen: „Der Ball liegt nun im Feld der Mitgliedsstaaten.“

 

Österreich wäre für ständigen Sommer

Das offizielle Österreich bevorzugt bei einer Vereinheitlichung eine ständige Sommerzeit als Standardzeit, eine Umfrage 2018 kam zum selben Ergebnis in der Bevölkerung. Generell ist die Haltung gegenüber der Zeitumstellung gleichgültiger als in Deutschland, wo sich in jährlichen Umfragen traditionell recht viel Unmut zeigt. Jeder dritte Mensch in Deutschland leide unter der Zeitumstellung, so eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag der DAK-Gesundheit. Das sei der höchste Wert seit zehn Jahren.

 

Kritikerinnen und Kritiker der Zeitumstellung führen neben gesundheitlichen Belastungen ins Feld, dass diese ihren ursprünglichen Zweck nicht erfüllt. Eigentlich sollte das Vorstellen der Uhr im Frühjahr zum Energiesparen in der hellen Jahreszeit beitragen. Die Überlegung: Wenn sich der Tag um eine Stunde nach vorn verschiebt, wird weniger Beleuchtung und damit weniger Strom verbraucht. Dadurch entstehende Energiespareffekte sind allerdings kaum nachweisbar.

 

Grönland schafft Zeitumstellung ab

Während Österreich und andere europäische Länder zögern, hat sich Grönland bereits entschieden und schafft die Zeitumstellung ab. Anders als in Österreich werden somit die Uhren auf der größten Insel der Erde diesmal nicht zurückgestellt. Die Grönländer wollen dadurch eine Stunde näher an Dänemark und den Rest Europas heranrücken. Die Zeitverschiebung zwischen Grönland und Österreich beträgt damit nur noch drei statt vier Stunden.

 

Relikt aus Ölkrisenzeiten

Eingeführt wurde die Sommerzeit 1973 in Europa anlässlich der Ölkrise und mit der Absicht, Energie zu sparen. Mit der Zeitverschiebung sollte eine Stunde Tageslicht für Unternehmen und Haushalte gewonnen werden. Frankreich machte damals den Anfang.

 

Österreich beschloss die Einführung erst 1979 wegen verwaltungstechnischer Probleme und weil man eine verkehrstechnische Harmonisierung mit der Schweiz und Deutschland wünschte. Diese beiden Länder führten die Sommerzeit erst 1980 ein. Allerdings gab es in Österreich bereits im Ersten Weltkrieg schon einmal die Sommerzeit. Im Jahr 1916 galt sie für die Monarchie von 1. Mai bis 30. September, wurde dann aber wieder eingestellt. Ein zweiter Versuch wurde in den Jahren 1940 bis 1948 unternommen.

 

 Technisch kaum mehr der Rede wert

Rein technisch ist die Zeitumstellung kaum mehr der Rede wert: Handyuhren und Zeitanzeigen von smarten Haushaltsgeräten überspringen die Stunde im Normalfall automatisch. Sie bekommen, wie auch die meisten Uhren im öffentlichen Raum, ein Signal von der Atomuhr bei Frankfurt. Eine größere Herausforderung ist für viele Menschen die Umstellung der Digitalanzeige in älteren Autos und noch schwieriger die der inneren Uhr.

 

Vor allem Eltern macht die Zeitumstellung oft zu schaffen, kann man den eigenen Biorhythmus doch wesentlich einfacher austricksen als jenen der Kinder. Expertinnen und Experten raten dazu, wenn möglich Routinen wie Abendessen und Bettgehrituale sukzessive über mehrere Tage nach hinten zu verlegen, um einen möglichst sanften Übergang zu schaffen.

 

 

Ihr Amtsvorgänger und grüner Parteigenosse Bundesminister Rudolf Anschober hat am 5. Jänner 2020 folgende Anfragebeantwortung zu diesem Thema abgegeben:[2]

 

·         Wie beurteilen Sie aus konsumentenschutz- und gesundheitspolitischer Sicht die Frage der Sommer- und Winterzeit?

·         Befürworten Sie die Beibehaltung der Sommerzeit für Österreich?

·         Befürworten Sie eine Lösung, die mit den Nachbarländern Österreichs abgestimmt ist?

·         Bis wann rechnen Sie als Konsumentenschutz- und Gesundheitsminister mit einer EU-weiten Umsetzung einer Lösung der Frage der Sommer- und Winterzeit?

·         Gehen Sie davon aus, dass mit der Umstellung auf die Sommerzeit am 29. März 2021 bereits eine EU-weite Regelung erfolgen kann?

·         Werden Sie sich innerhalb der österreichischen Bundesregierung dafür einsetzen, dass es zu einer Lösung der Frage der Sommer- und Winterzeit für die Österreicher kommt?

·         Wenn nein, warum nicht?

·         Werden Sie sich auf der Ebene der Europäischen Union einsetzen, dass es zu einer Lösung der Frage der Sommer- und Winterzeit kommt?

·         Wenn nein, warum nicht?

 

Antwort:

Ich möchte vorausschicken, dass mein Ministerium weder für die Behandlung dieses Themas auf europäischer Ebene zuständig ist (und daher auch nicht in den entsprechenden EU-Gremien vertreten ist), noch fiele die spätere innerstaatliche Umsetzung in die Zuständigkeit meines Ressorts.

In den vergangenen Jahren sind viele Studien vorgelegt worden, die den einstigen Motivationsgrund für die Einführung der Sommer- und Winterzeit, die Energieeffizienz stark relativieren. Viele Studien zu wirtschaftlicher und gesundheitlicher Folgewirkung würden hingegen eine Vereinheitlichung begrüßen. In diesem Sinn ist in den vergangenen Jahren auch meine persönliche Willensbildung erfolgt, wobei es für eine Vereinheitlichung unterschiedliche Lösungsoptionen gibt. In diesem Sinn werde ich mich auch weiterhin politisch engagieren, wobei natürlich eine europaweite Regelung erforderlich ist.

 

 

In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz nachstehende

 

Anfrage

 

1.    Wie beurteilen Sie als amtierender Bundesminister aus konsumentenschutz- und gesundheitspolitischer Sicht die Frage der Sommer- und Winterzeit?

2.    Befürworten Sie aus konsumentenschutz- und gesundheitspolitischer Sicht die Beibehaltung der Sommerzeit für Österreich?

3.    Befürworten Sie aus konsumentenschutz- und gesundheitspolitischer Sicht eine Lösung, die mit den Nachbarländern Österreichs abgestimmt ist?

4.    Bis wann rechnen Sie als österreichischer Konsumentenschutz- und Gesundheitsminister mit einer EU-weiten Umsetzung einer Lösung der Frage der Sommer- und Winterzeit?

5.    Gehen Sie als österreichischer Konsumentenschutz- und Gesundheitsminister davon aus, dass mit der Umstellung auf die Sommerzeit am 30. März 2025 bereits eine EU-weite Regelung erfolgen kann?

6.    Werden Sie als österreichischer Konsumentenschutz- und Gesundheitsminister sich innerhalb der österreichischen Bundesregierung dafür einsetzen, dass es zu einer Lösung der Frage der Sommer- und Winterzeit für die Österreicher kommt?

a.    Wenn nein, warum nicht?

7.    Werden Sie sich als österreichischer Konsumentenschutz- und Gesundheitsminister auf der Ebene der Europäischen Union einsetzen, dass es zu einer Lösung der Frage der Sommer- und Winterzeit kommt?

a.    Wenn nein, warum nicht?

 

 



[1] https://orf.at/stories/3337319/

[2] https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/AB/4077