1451/J XXVIII. GP

Eingelangt am 25.04.2025
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Christian Hafenecker, MA

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Tiefer Staat in der Justiz am Beispiel des Bundesverwaltungs-gerichts?

 

 

Bewahrheiten sich die Strukturen des „tiefen Staates“ in heimischen Ministerien und Behörden auch im Bereich der Justiz? Davon muss man ausgehen, denn laut einem Bericht in der „Kronen Zeitung“ vom 07.03.2024 „Auswahl der Richter - Manipulation? Verdacht am Bundesverwaltungsgericht“[1] prüft die Staatsanwaltschaft derzeit den schwerwiegenden Vorwurf, ob der Altpräsident und der Vizepräsident des Bundes-verwaltungsgerichtes bei der Zuweisung von neuen Fällen an Richter des eigenen Gerichts ihre Finger im Spiel gehabt haben könnten und zwar im Zusammenhang mit Verfahren, an denen die beiden Führungskräfte beteiligt waren.

 

Im Artikel wird genau geschildert, wie diese Manipulationen erfolgt sein sollen. Der schwerwiegende Verdacht soll laut „Kronen Zeitung“ sein, dass bei der Erfassung neuer Fälle bewusst von der zeitlichen Reihenfolge abgewichen wurde, damit sich Altpräsident Harald Perl und Vizepräsident Michael Sachs ihre „Wunschrichter“ aussuchen konnten, von denen sie sich scheinbar günstigere Entscheidungen erhofften. Treffen diese Anschuldigungen tatsächlich zu, muss man davon ausgehen, dass besonders Verfahren mit politischen Verbindungen manipuliert hätten werden können.

 

Laut einem weiteren Artikel in der Kronen Zeitung vom 03.07.2024 „Sogar Büro durchsucht - Österreichs größtes Gericht als Großbaustelle“ hat das Justizministerium bestätigt, dass die Staatsanwaltschaft Innsbruck in dieser Causa ein Ermittlungs-verfahren eingeleitet hat.[2] Außerdem wurde berichtet, dass es eine illegale Haus-durchsuchung in einem Richterbüro gegeben hat, die Altpräsident Perl in Auftrag gegeben hatte.

 

Die Kronen Zeitung schreibt dazu, dass „ein Richter des Bundesverwaltungsgerichtes [...], der bereits zuvor in einem Korruptionsfall betreffend einen Asylverein eine Strafanzeige erstattet“1 hat, „sich damit den Zorn der beiden Präsidenten zugezogen hatte“1.

 

Besondere Brisanz erfährt diese Causa nun im Lichte einer Kabinettsbesetzung durch Neo-Justizministerin Anna Sporrer. Wiederum die „Kronen Zeitung“ berichtete darüber, dass eine Hauptverdächtige, die davor im Bundesverwaltungsgericht tätig war, im Kabinett der Frau Bundesministerin für Justiz arbeitet, obwohl die Staatsanwaltschaft Innsbruck gegen sie ermittelt.[3] Laut Kronen Zeitung wird immer noch ein Ermittlungsverfahren gegen Altpräsident Perl und Vizepräsident Sachs geführt.

 

 

In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete an die Bundes-ministerin für Justiz nachstehende

 

Anfrage

 

1.    Wie viele Fälle gibt es, in denen es zu Manipulationen der festen Geschäfts-verteilung gekommen sein soll?

a.    In wie vielen Fällen ist es wirklich zur Zuweisung an nicht zuständige Richter gekommen?

b.    Wie viele Personen sollen an diesen Manipulationen mitgewirkt haben?

c.    Wie war die Kabinettsmitarbeiterin in den Fall der mutmaßlich manipulierten Geschäftsverteilung am Bundesverwaltungsgericht involviert?

d.    Wusste die Bundesministerin bzw. ihre Amtsvorgängerin oder das Justizministerium von den laufenden Ermittlungen?

                                          i.    Wenn ja, ab wann?

                                        ii.    Wenn ja, warum wurde diese Mitarbeiterin trotz der schwer-wiegenden Verdachtsmomente dennoch in das Kabinett berufen?

2.    Zu welchem Zeitpunkt und auf welche Weise hat die Justizministerin bzw. ihre Amtsvorgängerin oder das Justizministerium von dieser Strafanzeige bzw. von deren Inhalt Kenntnis erlangt?

3.    Wie viele Personen wurden mit dieser Strafanzeige angezeigt und sind darunter auch Richter?

a.    Gibt es, abgesehen von der Manipulation der festen Geschäftsverteilung, weitere Vorwürfe strafbarer Handlungen, die mit dieser Strafanzeige angezeigt wurden?

                                          i.    Wenn ja, welche?

4.    In welchem Stadium befindet sich dieses Verfahren bezüglich der Strafanzeige?

a.    Wurde vollumfänglich ein Ermittlungsverfahren eingeleitet?

                                          i.    Wenn nein, hinsichtlich welcher Vorwürfe wurde mit welcher Begründung kein Ermittlungsverfahren eingeleitet? Droht in absehbarer Zeit die Verjährung von Vorwürfen?

b.    Welche Ermittlungsschritte hat das Justizministerium bezüglich der Strafanzeige bereits gesetzt, um diese Vorwürfe zu überprüfen?

c.    Welche Ermittlungsschritte hat die Staatsanwaltschaft bezüglich der Strafanzeige gesetzt, um diese Vorwürfe zu überprüfen?

d.    Welche Ermittlungsschritte hat der BVwG-Präsident bezüglich der Strafanzeige gesetzt, um diese Vorwürfe zu überprüfen?

e.    Wurden aufgrund der offensichtlichen Verabredungs- und Verdunkelungsgefahr bereits Suspendierungen oder Dienstfrei-stellungen ausgesprochen oder andere Maßnahmen gesetzt?

                                          i.    Wenn ja, gegen welche bzw. wie viele Personen?

                                        ii.    Wenn nein, warum nicht?

f.     Wurden bezüglich der Strafanzeige bereits Disziplinaranzeigen erstattet?

                                          i.    Wenn ja, gegen welche bzw. wie viele Personen?

                                        ii.    Wenn nein, warum nicht?

5.    Wurde der Staatsanwaltschaft Innsbruck bezüglich dieser Strafanzeige eine Weisung erteilt?

a.    Wenn ja, wann und mit welchem Inhalt?

6.    Waren Altpräsident Perl und Vizepräsident Sachs als Privatpersonen oder in ihren amtlichen Funktionen an diesen Verfahren beteiligt, in denen es zu diesen Manipulationen gekommen ist?

a.    Was waren das für Verfahren?

7.    Gab es Sanktionen, Verfahren oder andere Maßnahmen gegen besagten Richter, nachdem er diesen Korruptionsfall angezeigt hat?

a.    Wenn ja, wie verträgt sich das mit der angeblich vom Justizministerium forcierten Verschärfung des Antikorruptionsrechtes?

b.    Zu welchem Zweck gab es eine Hausdurchsuchung im Büro dieses Richters und seines Mitarbeiters und warum wurde diese vor ihnen geheim gehalten?

c.    Wer hat die Hausdurchsuchung beauftragt?

d.    Wurde etwas im Zuge der Hausdurchsuchung beschlagnahmt?

                                          i.    Wenn ja, was?

e.    Seit wann wusste die Justizministerin bzw. ihre Amtsvorgängerin oder das Justizministerium von dieser Hausdurchsuchung?

f.     Welche Gerichte waren mit der Frage der Rechtmäßigkeit der Hausdurchsuchung befasst

                                          i.    Zu welchem Ergebnis kamen diese Gerichtsverfahren?

g.    Warum ist das Justizministerium nicht eingeschritten?

h.    Gab es oder gibt es Sanktionen gegen die in die offenbar geheime und illegale Hausdurchsuchung involvierten Personen?

                                          i.    Wurden die Verantwortlichen suspendiert, entlassen bzw. gekündigt oder wurden sonst juristische Schritte gegen sie gesetzt?

                                        ii.    Wenn nein, warum nicht?



[1]   https://www.krone.at/3281746

[2]   https://www.krone.at/3441983

[3]   https://www.krone.at/3738099