1457/J XXVIII. GP

Eingelangt am 30.04.2025
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Ralph Schallmeiner, Freundinnen und Freunde

an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Schwerarbeiterregelung für Pflegekräfte

BEGRÜNDUNG

 

Pflege ist schwere Arbeit. Die Debatte um die Aufnahme der Pflegeberufe in die Schwerarbeiterregelung, welche die neue Regierung am 22. April 2025 präsentiert hat, greift jedoch zu kurz und lenkt vom eigentlichen Problem ab. Die Voraussetzung von 45 Versicherungsjahren ist für viele schlicht nicht erreichbar – insbesondere für Frauen. Der Jahresbericht der Pensionsversicherungsanstalt weist für Frauen, die im Jahr 2023 eine Eigenpension angetreten haben, durchschnittlich 435 Versicherungsmonate aus. Im Durchschnitt fehlen Frauen also 105 Versicherungsmonate auf die zur Inanspruchnahme der Schwerarbeitsregelung notwendigen 540 Versicherungsmonate (also 8,75 Jahre an Versicherungszeiten).

Von den 55.497 im Jahr 2023 in eine Eigenpension gegangenen Frauen (mit einem Durchschnittsalter von 60,7 Jahren) erreichten 2.303 Frauen 540 Versicherungsmonate[1]. Da die Ausbildung in Pflegeberufen erst mit frühestens 17 begonnen werden kann, werden da wahrscheinlich nicht sehr viele Frauen in Pflegeberufen darunter sein.

Knapp ein Viertel der im Jahr 2023 pensionierten Frauen hatten mehr als 510 und weniger als 540 Versicherungsmonate, müssten also im Schnitt noch zumindest 15 Monate arbeiten und könnten somit frühestens mit 62, mehrheitlich jedoch erst mit 63,2 Jahren in Schwerarbeitspension gehen. Und weitere 17% der im Jahr 2023 pensionierten Frauen sind mit 480 bis 509 Versicherungsmonaten in Pension gegangen und haben in der Praxis gar keine Chance mehr, je die Voraussetzungen zu erfüllen.

Daran dürfte sich auch in Zukunft wenig ändern, denn die Schwerarbeitspension kann frühestens mit 60 angetreten werden – zu einem Zeitpunkt, zu dem viele Pflegekräfte den Beruf aufgrund physischer und psychischer Belastungen längst nicht mehr ausüben können.

Fast schon paradox ist, dass viele Beschäftigte im Pflege- und Sozialbereich den Beruf gar nicht bis 60 ausüben können und stattdessen früher in eine Invaliditäts- oder Berufsunfähigkeitspension wechseln müssen. Hinzu kommt, dass die Schwerarbeiterregelung erst in der Pension wirkt – also dann, wenn die Betroffenen bereits aus dem Beruf ausgeschieden sind. Eine präventive Verbesserung der Arbeitsbedingungen oder ein früherer Ausstieg aus dem Beruf werden damit nicht ermöglicht.

In der Pressekonferenz vom 22. April 2025 sagte die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz: „Wir gehen davon aus, dass jede 2. Person, die dann in Pension geht, von dieser Aufnahme in die Schwerarbeit profitieren wird.[2] Es drängt sich die Frage auf, auf welchen Grundlagen diese nicht nachvollziehbare Behauptung beruht.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Auf welcher Datenbasis und aufgrund welcher Annahme sowie welchem Berechnungsvorgang begründen Sie ihre öffentlich als Bundesministerin getätigte Behauptung, dass rund 50 % aller Pflegekräfte von der Schwerarbeiterregelung profitieren werden? Bitte legen Sie die detaillierte Methodik offen, inkl. Datengrundlage.

2)    Welche rechtlichen Veränderungen sind im Detail notwendig, um sicherzustellen, dass alle Menschen, die über 45 Versicherungsjahre verfügen und in den letzten 20 Jahren vor dem Stichtag zumindest 10 Jahren in der Pflege gearbeitet haben, auch wirklich von der Schwerarbeitsregelung Gebrauch machen können.

3)    Ist daran gedacht, dass auch Menschen, die nicht die volle kollektivvertraglich oder gesetzlich vorgesehene Wochenarbeitszeit in der Pflege beschäftigt sind, von der Schwerarbeitsregelung profitieren können?

4)    Wie viele in Österreich beschäftigte Pflegefachkräfte würden bei Inkrafttreten der neuen Schwerarbeiterregelung mit Vollendung des 60. Lebensjahres einen vorgezogenen Pensionszugang erhalten können? Bitte aufschlüsseln nach Geschlecht (Männer, Frauen) & Berufsgruppen (z. B. Pflegeassistenz [PA], Pflegefachassistenz [PFA], Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegekraft [DGKP], etc.)

5)    Wie viele in Österreich beschäftigte Pflegefachkräfte würden bei Inkrafttreten der neuen Schwerarbeiterregelung mit Vollendung des 61. Lebensjahres einen vorgezogenen Pensionszugang erhalten können? Bitte aufschlüsseln nach Geschlecht (Männer, Frauen) & Berufsgruppen (z. B. Pflegeassistenz [PA], Pflegefachassistenz [PFA], Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegekraft [DGKP], etc.)

6)    Wie viele in Österreich beschäftigte Pflegefachkräfte würden bei Inkrafttreten der neuen Schwerarbeiterregelung mit Vollendung des 62. Lebensjahres einen vorgezogenen Pensionszugang erhalten können? Bitte aufschlüsseln nach Geschlecht (Männer, Frauen) & Berufsgruppen (z. B. Pflegeassistenz [PA], Pflegefachassistenz [PFA], Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegekraft [DGKP], etc.)

7)    Wie viele in Österreich beschäftigte Pflegefachkräfte würden bei Inkrafttreten der neuen Schwerarbeiterregelung mit Vollendung des 63. Lebensjahres einen vorgezogenen Pensionszugang erhalten können? Bitte aufschlüsseln nach Geschlecht (Männer, Frauen) & Berufsgruppen (z. B. Pflegeassistenz [PA], Pflegefachassistenz [PFA], Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegekraft [DGKP], etc.)

8)    Wieviel Prozent der Pflegekräfte treten nicht aus der Beschäftigung direkt in die Pension (aufgegliedert nach Männern und Frauen) ein.

a.    Können Sie die Gründe angeben, weshalb diese Personen frühzeitig aus dem Berufsleben ausscheiden?

9)    Gibt es in Ihrem Haus bereits konkrete Vorbereitungen zur Ausgestaltung der neuen Schwerarbeiterregelung für Pflegekräfte?

10)  Welche rechtlichen Änderungen sind vorgesehen, damit zukünftig auch Frauen in der Praxis von der Schwerarbeitsregelung profitieren?

11)  Welche anderen Maßnahmen abseits der Schwerarbeiterpension sind in Planung um Pflegekräfte auch bereits im Berufsleben zu entlasten?

12)  Auf Grund welcher Annahmen, Berechnungsgrundlagen und erfolgter Berechnungen kommen Sie zu einem jährlichen Mehraufwand von 40 Mio. Euro durch die Aufnahme von Pflegeberufen in die Schwerarbeitsverordnung? Wir ersuchen um Beilegung der erfolgten Berechnungen.

 



[1] https://www.pv.at/de/flipbooks/PV-406-2023/#page/160

[2] https://on.orf.at/video/14272814/15865751/statement-von-korinna-schumann-spoe-sozialministerin-pressekonferenz-entwicklungen-zum-thema-schwerarbeitsregelung-fuer-die-pflege (24.4.2025, Minute 14:25-14:35)