150/J XXVIII. GP
Eingelangt am 21.11.2024
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ANFRAGE
des Abgeordneten Mag. Christian Ragger
an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
betreffend Situation der Pflege von Kindern und Jugendlichen
Die pflegerische Versorgung von Kindern und Jugendlichen in Österreich befindet sich in einer kritischen Lage. Der Mangel an qualifiziertem Pflegepersonal, insbesondere mit Spezialisierung auf Kinder- und Jugendlichenpflege, führt zu erheblichen Versorgungslücken sowohl im intra- als auch im extramuralen Bereich. Dies zeigt sich unter anderem in Bettensperren in Krankenhäusern und Engpässen bei mobiler Pflege, Palliativversorgung sowie in Kurz- und Langzeiteinrichtungen.
Der Bundesverband Kinderkrankenpflege Österreich und die Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde schildert die Situation in einem Schreiben vom November 2024 wie folgt:
Situation der pflegerischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen in Österreich
· Es besteht ein Mangel Pflegepersonal mit Spezialisierung in der Kinder- und Jugendlichenpflege im intra- und extramuralen Bereich, daraus resultieren Bettensperren in den Krankenhäusern und Versorgungsengpässe in der extramuralen Pflege.
· Die Pflege im klinischen Bereich ist mit zunehmend komplexen Versorgungssituationen bei kurzer Aufenthaltsdauer mit Verdichtung der Aufgaben konfrontiert (laut Statistik Austria durchschnittliche Aufenthaltsdauer im Jahr 1990: 11,1 Tage; im Jahr 2023: 6,9 Tage).
· Bewerber*innen mit ausländischer, aber gleichwertiger (z.B. deutscher) Berufsausbildung müssen ein langwieriges Anerkennungsverfahren durchlaufen, um in Österreich arbeiten zu dürfen.
· Die mobile Pflege, die palliative Versorgung sowie Angebote von Kurz- und Langzeiteinrichtungen für Kinder und Jugendliche sind ein wesentlicher Bestandteil der Versorgungslandschaft in Österreich. Allein in der Kinder-Hauskrankenpflege fehlen österreichweit laut Angaben von MOKI 60 qualifizierte Pflegepersonen.
· Der Besuch von Kindergarten und Schule für Kinder mit chronischen, komplexen und Seltenen Erkrankungen ist auf Grund des Pflegebedarfes nur erschwert oder gar nicht möglich.
· Die Gesundheitskompetenz bei Eltern, Kindern und Jugendlichen hat im Laufe der letzten 30 Jahre abgenommen. Dadurch ist zu beobachten, dass Kinder mit banalen Infekten häufiger in Ambulanzen vorgestellt werden.
Daraus leiten der BKKÖ und die ÖGKJ folgende Forderungen ab:
· Maßnahmen zur Attraktivierung des Berufsbildes der Kinder- und Jugendlichenpflege (GSK Förderung = „Höherqualifizierung von Beschäftigten im Bereich soziale Dienstleistungen von allgemeinem Interesse“ für die Spezialisierung in der Kinder- und Jugendlichenpflege, einheitliche Gehaltszulage nach der Absolvierung der Spezialisierung analog zu anderen Sonderausbildungen, positive Darstellung des Berufs in der Öffentlichkeit, Finanzierung der Spezialisierung)
· Verpflichtende Spezialisierung in Kinder- und Jugendlichenpflege unmittelbar nach der generalistischen Ausbildung.
· Beschleunigtes Anerkennungsverfahren für Bewerber*innen mit gleichwertiger (z.B. deutscher) Berufsausbildung in der Kinder- und Jugendlichenpflege
· Verankerung von Mindestqualifikationen und -personalschlüssel in der Kinder- und Jugendlichenpflege im Österreichischen Strukturplan Gesundheit für alle Fachbereiche
· Systematische Erfassung von Spezialisierungen im Gesundheitsberuferegister
· Ausbau von mobiler Pflege sowie der Möglichkeiten der Heimbeatmung, Palliativ- und Hospizversorgung, Einrichtungen für die Kurz- und Langzeitpflege, Sicherung einer fachlich qualifizierten Versorgung in Primärversorgungszentren
· Sicherstellung des Rechtes auf Schulbesuch von Kindern mit chronischen, komplexen und Seltenen Erkrankungen durch den Einsatz von School Health Nurses mit entsprechender Qualifikation
· Förderung von Maßnahmen zur Verbesserung von Gesundheitskompetenz und -verhalten
· Beauftragung der GÖG zur Entwicklung und Planung einer österreichweiten strukturierten Transition von Jugendlichen/jungen Erwachsenen in die Erwachsenenpflege bzw. -medizin
In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz nachstehende
Anfrage
1. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung umgesetzt, um dem akuten Mangel an Pflegepersonal mit Spezialisierung in der Kinder- und Jugendlichenpflege entgegenzuwirken?
2. Welche weiteren Maßnahmen plant die Bundesregierung?
3. Wie viele spezialisierte Pflegekräfte fehlen derzeit im intra- und extramuralen Bereich in den jeweiligen Bundesländern?
4. Welche konkreten Schritte unternimmt die Bundesregierung, um die Attraktivität des Berufsbildes der Kinder- und Jugendlichenpflege zu steigern (z. B. Gehaltsanpassungen, Förderprogramme)?
5. Soll die verpflichtende Spezialisierung in Kinder- und Jugendlichenpflege nach der generalistischen Ausbildung umgesetzt werden?
a. Wenn ja, wie?
6. Wie viele Bewerber mit gleichwertiger ausländischer Berufsausbildung warten derzeit auf die Anerkennung ihrer Qualifikationen?
a. Wie schlüsseln sich diese Bewerber nach Nationalität auf?
7. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um die Anerkennungsverfahren für ausländische Pflegekräfte zu beschleunigen?
8. Welche Maßnahmen werden ergriffen, um den Mangel an Pflegekräften in der Kinder-Hauskrankenpflege zu beheben?
9. Welche Investitionen plant die Bundesregierung in den Ausbau mobiler Pflege, Heimbeatmung, Palliativ- und Hospizversorgung sowie Kurz- und Langzeitpflegeeinrichtungen?
10. Wie wird das Recht auf den Schulbesuch für Kinder mit chronischen, komplexen und seltenen Erkrankungen gewährleistet?
11. Gibt es Pläne, die Einrichtung von „School Health Nurses“ mit entsprechender Qualifikation flächendeckend zu fördern?
12. Sind Mindestqualifikationen und -personalschlüssel in der Kinder- und Jugendlichenpflege im Österreichischen Strukturplan Gesundheit (ÖSG) verankert?
a. Falls nicht, warum?
b. Falls nicht, sollen diese verankert werden?
13. Welche Pläne gibt es zur systematischen Erfassung von Spezialisierungen im Gesundheitsberuferegister?
14. Welche Strategien verfolgt die Bundesregierung, um die Gesundheitskompetenz von Eltern, Kindern und Jugendlichen zu verbessern?
15. Welche Defizite werden die Gesundheitskompetenz von Eltern, Kindern und Jugendlichen betreffend beobachtet?
16. Welche sozialen Gruppen betreffen diese genannten Defizite?
17. Werden spezielle Bildungs- oder Sensibilisierungskampagnen zur Verbesserung der Gesundheitskompetenz geplant?
18. Wie bewertet die Bundesregierung den Rückgang der durchschnittlichen Aufenthaltsdauer im klinischen Bereich von 11,1 Tagen (1990) auf 6,9 Tage (2023) in Bezug auf die Qualität der Versorgung?
19. Wie wird die zunehmende Komplexität der Versorgungssituationen im klinischen Bereich berücksichtigt?
20. Wurde die Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) bereits mit der Entwicklung eines Plans zur strukturierten Transition von Jugendlichen/jungen Erwachsenen in die Erwachsenenpflege beauftragt?
a. Falls nicht, warum?
21. Wann ist mit der Veröffentlichung eines solchen Plans zu rechnen?