190/J XXVIII. GP

Eingelangt am 10.12.2024
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Lukas Hammer, Freundinnen und Freunde

an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie

betreffend Pickerl-Chaos beim Salzburger Obus

BEGRÜNDUNG

 

Gemäß § 57a Absatz 2 des Kraftfahrgesetzes 1967 hat der Landeshauptmann für „seinen örtlichen Wirkungsbereich auf Antrag Ziviltechniker oder technische Büros-Ingenieurbüros (§ 134 GewO) des einschlägigen Fachgebietes, Vereine oder zur Reparatur von Kraftfahrzeugen oder Anhängern berechtigte Gewerbetreibende, die hinreichend über hiezu geeignetes Personal und die erforderlichen Einrichtungen verfügen, zur wiederkehrenden Begutachtung aller oder einzelner Arten von Fahrzeugen gemäß Abs. 1 zu ermächtigen“.

Weiter heißt es im Gesetz: „Die Ermächtigung darf nur vertrauenswürdigen Personen verliehen werden. (…) Der Ermächtigte hat Veränderungen hinsichtlich seines Personals und seiner Einrichtungen, soweit diese Voraussetzung für die Erteilung der Ermächtigung waren, sowie Änderungen im Zusammenhang mit der Gewerbeberechtigung und andere für die Ermächtigung relevante Umstände unverzüglich dem Landeshauptmann anzuzeigen. Die Ermächtigung ist ganz oder nur hinsichtlich einzelner Arten von Fahrzeugen zu widerrufen, wenn der Ermächtigte nicht mehr vertrauenswürdig ist, nicht mehr über geeignetes Personal verfügt, seine Einrichtungen nicht den durch Verordnung festgesetzten Anforderungen entsprechen oder wenn eine der für die Erteilung der Ermächtigung erforderlichen Voraussetzungen nicht mehr gegeben ist. Erforderlichenfalls kann der Ausschluss bestimmter geeigneter Personen von dieser Tätigkeit angeordnet werden.

Der Landeshauptmann hat gemäß Absatz 2a zudem „regelmäßig zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Ermächtigung noch gegeben sind und ob die Begutachtungen ordnungsgemäß durchgeführt werden. Insbesondere bei zur Reparatur von Fahrzeugen berechtigten Gewerbetreibenden hat er auf die Objektivität der Begutachtung zu achten. Er kann Anordnungen zur Behebung von Mängeln treffen. Den Anordnungen des Landeshauptmannes ist unverzüglich zu entsprechen.

 

In Salzburg ist die KFZ-Prüfstelle als betriebsähnliche Einrichtung des Landes unter anderem für diese Überprüfung von Ermächtigten, die "Pickerl" für Kraftfahrzeuge ausstellen, gemäß § 57a Kraftfahrgesetzes 1967 zuständig. Darunter fällt auch die Salzburg AG bzw. die nunmehr ausgegliederte Salzburg Linien Verkehrsbetriebe GmbH (SLV). Denn in der Salzburger Obus-Remise dürfen – oder durften – entsprechende § 57a-„Pickerl“-Überprüfungen für die Obus-Flotte durchgeführt werden. Rechtlich gesehen ist der Obus ein „Zwitterwesen“ zwischen Kfz und Eisenbahn. Einerseits gilt der Obus laut Eisenbahngesetz als Straßenbahn. Andererseits ist er ein Oberleitungskraftfahrzeug nach dem Kraftfahrgesetz. Daher braucht der Obus auch ein „Pickerl“.

Dem Vernehmen nach kam es bei diesen § 57a Überprüfungen in der Obus-Remise zu zahlreichen Ungereimtheiten. In den Obus-Werkstätten wurden wohl nicht nur Pickerl für die Obusse, sondern auch für zahlreiche Privat-Pkw ausgegeben. Es gibt Berichte, dass freitagnachmittags mitunter mehr Pkws als Obusse in der Obus-Remise zu finden waren, weil eifrig § 57a Begutachtungen durchgeführt wurden. Es ist weiters zu hören, dass dort sogar eine in der Realität gar nicht zu bewerkstelligende Anzahl von Pkw-Überprüfungen stattgefunden haben soll.

Es stellt sich daher die Frage, für wen dort „Pickerl“ ausgestellt wurden, wie viel Geld damit verdient wurde, und wer dieses eingesteckt hat. Und auch was die Geschäftsfeldleitung Verkehr und damit auch die heutige Geschäftsführerin der SLV davon gewusst hat.

In einem Artikel der Salzburger Kronen Zeitung vom 11. April 2024 räumte das Unternehmen ein, dass „Ungereimtheiten bei Begutachtungen von privaten Pkw festgestellt“ wurden. Dabei stünden Sachverständigen-Gutachten von zwei Mitarbeitern im Visier. Für private Begutachtungen sollen die Salzburg AG bzw. die SLV laut dem Zeitungsbericht früher Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt haben. Die besagten Mitarbeiter seien „schärfstens verwarnt“ worden und seien „bis auf Weiteres beziehungsweise bis zur Klärung nicht mehr als Sachverständige tätig“.

Dazu kommt, dass auch bei den Obussen offenbar ein „Pickerl-Chaos“ herrscht. So passen bei mehreren Obussen die Nummerntafeln nicht zu den Kennzeichen. Wie auch fotografisch dokumentiert ist, hat etwa der Obus 315 mit dem amtlichen Kennzeichen S-341NY eine § 57a Begutachtungsplakette, auf der das amtliche Kennzeichen S-276TD eingestanzt ist. Somit ist nicht nachvollziehbar, für welche Fahrzeuge nun tatsächlich die gesetzlich vorgeschriebenen Überprüfungen durchgeführt wurden.

 

Dem Vernehmen nach hat daher der Landeshauptmann gemäß seinen gesetzlichen Befugnissen der Obus-Werkstatt die Berechtigung, § 57a Begutachtungen durchzuführen, temporär gänzlich entzogen.

Für rund sechs Monate mussten die „Pickerl“ deswegen offenbar an Fremdfirmen ausgelagert werden, was zusätzliche Kosten verursachte. Mittlerweile dürften wieder solche Begutachtungen durchgeführt werden – allerdings nur für Obusse, nicht mehr für andere Kfz bzw. Pkw. Da die Salzburg AG für Pkw und Lkw über eine eigene Werkstätte mit der Berechtigung für „Pickerl“ in Hagenau verfügt, stellt sich generell die Frage, warum eine Berechtigung für die Obus-Remise für „Nicht-Obusse“ überhaupt notwendig war.

 

Die Beantwortung einer dringlichen Landtagsanfrage der GRÜNEN dazu wurde vom Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer mit der Begründung verweigert, dass es sich um Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung handelt und er Anfragen dazu nicht beantworten müsse.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)   Aus welchem Grund, für welche Dauer und für welche Arten von Kfz hat der Salzburger Landeshauptmann der Salzburg AG bzw. der Salzburg Linien Verkehrsbetriebe GmbH gemäß den Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes die Berechtigung, in der Obus-Werkstatt § 57a Begutachtungen durchzuführen, entzogen?

2)    Wurden weitere Konsequenzen, wie etwa der Ausschluss bestimmter geeigneter Personen von der Durchführung von § 57a-Begutachtungen oder Strafen nach dem Kraftfahrgesetz bzw. dem Eisenbahngesetz gezogen?

a) Wenn ja, welche und für wen?

b) Wenn nein, warum nicht?

3)   Wie viele Begutachtungsplaketten wurden in den letzten sieben Jahren an die Werkstatt der Salzburger Obus-Remise ausgegeben?

4)   Wie viele §57a-Begutachtungsplaketten wurden laut der Begutachtungsplakettendatenbank durch die Werkstatt der Salzburger Obus-Remise in den letzten sieben Jahren ausgestellt? (Um eine Aufschlüsselung nach Obussen, Pkw und Lkw wird gebeten.)

5)   Wie viele der an die Werkstatt der Salzburger Obus-Remise ausgegebenen §57a-Begutachtungsplaketten sind noch vorrätig bzw. gab es einen gegebenenfalls verdächtigen „Schwund“ an ausgegebenen, aber nicht verwendeten Plaketten?

6)    Liegen Hinweise vor, dass §57a-Begutachtungsplaketten ohne entsprechende (vollständige) Begutachtungen ausgegeben wurden?

a) Falls ja, in wie vielen Fällen liegt ein solcher Verdacht vor?

b) Falls ja, welche Konsequenzen wurden aus diesem Verdacht generell und im Einzelfall gezogen?

7)    Gemäß §57a Absatz 4 Kraftfahrgesetz hat der Ermächtigte über den Zustand eines ihm gemäß Abs. 1 vorgeführten Fahrzeuges vor Behebung allenfalls festgestellter Mängel ein Gutachten auf einem Begutachtungsformblatt auszustellen; das Gutachten ist eine öffentliche Urkunde. Eine Ausfertigung ist dem das Fahrzeug Vorführenden zu übergeben, eine zweite Ausfertigung des Gutachtens ist fünf Jahre lang aufzubewahren und den mit Angelegenheiten des Kraftfahrwesens befassten Behörden auf Verlangen vorzulegen.

Wurden die durch die Werkstatt der Salzburger Obus-Remise in den letzten sieben Jahren ausgestellten Gutachten von der zuständigen Behörde angefordert und überprüft?

a) Falls ja, wann und mit welchem Ergebnis?

b) Falls nein, warum nicht?

8)   Von wem wurden die Zahlungen für § 57a Begutachtungen der Werkstatt der Salzburger Obus-Remise in den letzten sieben Jahren vereinnahmt?

9)    Wurde der Landeshauptmann hinsichtlich der offenbar falschen §57a-Begutachtungsplaketten auf Obussen auch in seiner Aufsichtsfunktion als Behörde gem. Eisenbahngesetz tätig?

a) Falls ja, wann und in welcher Form?

b) Falls nein, warum nicht?