1981/J XXVIII. GP

Eingelangt am 06.05.2025
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak

an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumenten-schutz

betreffend Corona – Entwicklung der Long-Covid-Fälle

 

 

Die genaue Anzahl der Long-Covid-Fälle in Österreich ist schwer zu bestimmen, da es keine offiziellen Daten gibt und Schätzungen stark variieren. Studien gehen davon aus, dass etwa 10 % der Covid-Infizierten von Long Covid betroffen sind. Für Österreich ergibt das – je nach Berechnungsgrundlage – zwischen 350.000 und 850.000 Betroffene. Eine Studie der MedUni Wien schätzt bis Ende 2024 rund 500.000 Fälle. Ursachen für die Unsicherheit sind uneinheitliche Definitionen, unterschiedliche Erhebungsmethoden und eine hohe Dunkelziffer.[1]

 

Die Autoren Florian Holl, Christina Walcherberger, Thomas Resch und Julia Partheymüller haben unter dem Titel „Long Covid in Österreich: Häufigkeit und Symptome“ einen „Corona-Blog“ der Austrian Corona Panel Project (ACPP) verfasst, welcher Folgendes auf der Forschungsseite der Universität Wien anführt:

 

Long Covid in Österreich: Häufigkeit und Symptome

 

Ungefähr 10 Prozent aller jemals positiv auf COVID-19 getesteten Personen gaben im April 2022 an, aktuell von Long Covid betroffen zu sein. Weitere 8 Prozent gaben an, Long Covid gehabt zu haben, aber bereits wieder genesen zu sein.

 

Das am häufigsten auftretende Symptom bei Long Covid ist laut Angaben der Betroffenen Abgeschlagenheit/Müdigkeit, gefolgt von Kurzatmigkeit/Atemnot und Konzentrationsschwierigkeiten und Kopfschmerzen. 29% gaben eine Post-Exertional-Malaise als Symptom an.

 

Unter dem Begriff Long Covid werden Symptome zusammengefasst, die mehr als vier Wochen nach dem Beginn einer COVID-19-Erkrankung fortbestehen oder neu auftreten. Das Office of National Statistics (ONS) schätzt für Großbritannien, dass bei etwa einer von fünf positiv auf COVID-19 getesteten Personen die mit Long Covid in Verbindung gebrachten Symptome über einen Zeitraum von 5 Wochen oder länger auftreten; bei etwa einer von zehn treten Symptome über einen Zeitraum von 12 Wochen oder länger auf. Nach den Daten des ONS beeinträchtigten Long-Covid-Symptome die alltäglichen Aktivitäten von 67 % derjenigen, die selbst angaben, Long Covid zu haben. Dabei gaben 19% an, dass ihre Fähigkeit, ihren alltäglichen Aktivitäten nachzugehen, "stark eingeschränkt" war. Müdigkeit war das häufigste Symptom das im Zusammenhang mit Long-Covid-Erfahrungen berichtet wurde (51% der Personen mit selbstberichtetem Long Covid waren betroffen), gefolgt von Kurzatmigkeit (33%), Verlust des Geruchssinns (26%) und Konzentrations-schwierigkeiten (23%).

 

Für Österreich sind keine offiziellen Daten bekannt. Folgt man den Einschätzungen des ONS, könnten auch in Österreich, grob geschätzt anhand der bisherigen Fallzahlen unter Berücksichtigung von Mehrfachinfektionen, zwischen 350.000 und 850.000 Personen von Long Covid betroffen sein. Im Zeitraum vom Pandemiebeginn bis April diesen Jahres wurden bei der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) 46.000 Krankenstände aufgrund von Long Covid gemeldet. Dieser Blog wertet Daten des Austrian Corona Panel Project (ACPP) aus dem April 2022 aus, um zu ermitteln, wie viele Personen laut Selbsteinschätzung von Long Covid betroffen sind und welche Symptome dabei am häufigsten auftreten. [...]“[2]

 

Weiters Beachtung finden müssen das Post-Vac-Syndrom sowie ME/CFS. Das Post-Vac-Syndrom beschreibt langanhaltende Beschwerden, die nach einer COVID-19-Impfung auftreten – ohne vorherige COVID-Infektion. Die Symptome ähneln Long-COVID und können Wochen nach der Impfung beginnen und monatelang oder jahrelang andauern.[3] Auch ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis/ Chronisches Fatigue-Syndrom) ist eine Erkrankung, die mit anhaltender Müdigkeit, neurologischen und immunologischen Symptomen sowie Post-Exertional Malaise einhergeht. Diese kann sowohl nach Infektionen als auch im Kontext von Long Covid oder einer Impfung (Post-Vac) auftreten und überschneidet sich symptomatisch stark mit Long Covid.[4]

 

Für die politischen Handlungsträger ist es unerlässlich, über handfeste Evidenz verfügen zu können. Das Bundesministerium wird daher ersucht, Fakten betreffend die Zahl der von Long Covid Betroffenen sorgsam zu eruieren und zur Verfügung zu stellen.

 

 

In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete an die Bundes-ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz nachstehende


Anfrage

 

1.    Gibt es derzeit eine offizielle staatliche Schätzung zur Anzahl der Long-Covid-Betroffenen in Österreich?

a.    Wenn ja, wie entwickelte sich diese Zahl jährlich von 2019 angehend bis dato?

b.    Wenn nein, warum nicht?

c.    Wenn nein, plant das Bundesministerium, eine österreichweit einheitliche Erhebung der Long-Covid-Fälle einzuführen?

2.    Welche Definition von Long Covid wird aktuell von Ihrem Ministerium verwendet?

3.    Wie bewertet das Ministerium die in wissenschaftlichen Studien geschätzte Zahl von 350.000 bis 850.000 Betroffenen?

4.    Warum weicht die Zahl der bei der ÖGK gemeldeten Long-Covid-Krankenstände (46.000) so deutlich von diesen Schätzungen ab?

5.    Wie lange sind Patienten in Österreich durchschnittlich von Long-Covid betroffen?

6.    Inwieweit fließen Ergebnisse wie die des Austrian Corona Panel Project (ACPP) in die gesundheitspolitische Entscheidungsfindung ein?

7.    Welche Studien oder Projekte zur Erforschung von Long Covid werden derzeit vom Bundesministerium gefördert?

a.    Welche Studienberichte liegen bereits vor?

8.    Wird eine österreichweite Langzeitstudie zu Long Covid in Erwägung gezogen oder ist eine solche in Planung?

9.    Welche spezialisierten medizinischen Einrichtungen für Long-Covid-Betroffene existieren aktuell in Österreich?

a.    Sollen diese weiter ausgebaut oder reduziert werden?

10. Gibt es einheitliche medizinische Leitlinien für die Diagnose und Behandlung von Long Covid?

a.    Wenn ja, welche sind das?

11. Welche Maßnahmen sind geplant, um die medizinische und psychosoziale Versorgung der Betroffenen zu verbessern?

12. Wird geprüft, ob Long Covid als Berufskrankheit oder als anerkannte chronische Erkrankung eingestuft werden kann?

13. Wie bewertet das Ministerium die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der hohen Dunkelziffer an Long-Covid-Betroffenen?

14. Welche Kosten hat Long Covid bisher der Volkswirtschaft und den SV-Versicherungen bereitet?

15. Gibt es Initiativen zur Unterstützung von Menschen, die durch Long Covid langfristig in ihrer Erwerbsfähigkeit eingeschränkt sind?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wenn ja, zu welchen Kosten?

16. Wie viele Fälle von Long Covid wurden seit Pandemiebeginn als Berufskrankheit oder Invaliditätsfall anerkannt?

17. Welche Informationskampagnen und -angebote gibt es derzeit, um die Bevölkerung über Long Covid, Symptome und Behandlungsangebote zu informieren?

a.    Was kosten diese?

18. Wie stellt das Ministerium sicher, dass Hausärzte und Fachärzte ausreichend über Long Covid informiert und geschult sind?

19. Was sind die abschätzbaren Prognosen hinsichtlich der epidemiologischen Entwicklung von Long Covid?

20. Wie ist unser Gesundheitssystem darauf vorbereitet?

21. Werden das Post-Vac-Syndrom sowie ME/CFS in den offiziellen Statistiken gesondert erfasst oder gelten sie als Untergruppen von Long Covid?

a.    Wenn ja, wie werden sie in der Datenerhebung voneinander abgegrenzt?

b.    Wenn nein, ist eine getrennte Erfassung geplant oder in Diskussion?

22. Welche konkreten Daten und Zahlen liegen derzeit zum Post-Vac-Syndrom in Österreich vor?

a.    Wie viele Personen sind aktuell (geschätzt oder gemeldet) davon betroffen?

b.    In welchem zeitlichen Verlauf wurden diese Fälle erfasst?

c.    Inwiefern kann von einem Zusammenhang zwischen dem Post-Vac-Syndrom und Long Covid ausgegangen werden?

d.    Kann Long Covid als Folge des Post-Vac-Syndroms ausgeschlossen werden?

23. Welche Zahlen liegen aktuell zu ME/CFS in Österreich vor?

a.    Wie viele Personen leiden laut Schätzungen, Diagnosedaten oder Krankenkassenerhebungen daran – unabhängig von einer Corona-Infektion?

b.    Gibt es Erhebungen darüber, wie viele dieser ME/CFS-Fälle als Folge von Long Covid oder einer Corona-Impfung auftreten?

24. Ist geplant, auch für ME/CFS und das Post-Vac-Syndrom medizinische Leitlinien, Versorgungsstrukturen oder Forschungsförderungen analog zu Long Covid aufzubauen oder auszuweiten?

a.    Wenn ja, welche Maßnahmen sind bereits in Umsetzung?

b.    Wenn nein, warum nicht?

25. Wie bewertet das Ministerium den möglichen Zusammenhang zwischen Long Covid, ME/CFS und dem Post-Vac-Syndrom in Bezug auf Prävention, Versorgung und Forschung?

a.    Wird eine gemeinsame oder differenzierte Strategie verfolgt?



[1]   Vgl. https://longcovidaustria.at/ressourcen/faqs

[2]   Holl, F., Walcherberger, C., Resch, T., & Partheymüller, J. (2022). Long Covid in Österreich: Häufigkeit und Symptome. Webpublikation

https://viecer.univie.ac.at/corona-blog/corona-blog-beitraege/blog-154-long-covid-in-oesterreich-haeufigkeit-und-symptome/

[3]   Vgl. Guevara Kamm, S., Limbach, T. (2024). Post-Vac-Syndrom – langfristig Krank nach COVID-19-Impfung, Webpublikation

https://www.bayerisches-aerzteblatt.de/inhalte/details/news/detail/News/post-vac-syndrom-langfristig-krank-nach-covid-19-impfung.html

[4]   Vgl. https://www.cdc.gov/me-cfs/about/index.html