2008/J XXVIII. GP
Eingelangt am 06.05.2025
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ANFRAGE
der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Corona-Überbrückungshilfe des Bundes
Am 16.März 2020 trat der erste Lock-down österreichweit in Kraft. Durch Arbeits- und Betretungsverbote hatten die österreichischen Unternehmen sehr schnell massive Umsatzeinbußen.
Zur Deckung von kurzfristigen Liquiditätsproblemen wurden von der Bundesregierung sogenannte bundesbesicherte Betriebsmittelkredite vergeben. Abgewickelt wurden diese Kredite, nach Antragsstellung gemeinsam mit der finanzierenden Bank, über die aws (Austria Wirtschaftsservice GmbH für KMU und über die ÖHT (österreichische Hotel und Tourismusbank GmbH) für Tourismus- und Freizeitunternehmen. Die maximale Laufzeit dieser Überbrückungshilfen betrug 5 Jahre.
Bereits im Juli 2024 berichtete die Tageszeitung „Der Standard“ über wirtschaftliche Probleme der österreichischen Klein- und mittelständischen Betriebe. Wörtlich heißt es dort:
„‘Mit 86 Prozent der befragten Unternehmen gab ein Großteil an, ihren Corona-Kredit bis dato nicht zurückbezahlt zu haben. Alarmierenderweise sagen 43 Prozent dieser Unternehmen, dass sie ihre staatlich garantierten Finanzierungen oder Kredite voraussichtlich überhaupt nicht zurückzahlen werden können‘, teilt Gerald Zmuegg, Sanierungs- und Kreditexperte vom Finanzombudsteam, in einer Aussendung mit.“[1]
Die aws erklärt in besagtem Artikel, dass Stundungen der aws-Garantie für COVID-Überbrückungskredite aus EU-beihilferechtlichen Gründen nicht mehr möglich seien, aber
„Es könnten weitere Stundungen bzw. Laufzeitverlängerungen oder Neukredit-vergaben durch die finanzierenden Banken auch ohne AWS-Garantie erfolgen.
[…] Die Inanspruchnahme ist abhängig von der Art der Garantie: Bei den 100-prozentigen Covid-Überbrückungsgarantien ist es laut dem AWS-Sprecher der Verzug (d.h., das Unternehmen kann nicht zahlen), damit die AWS-Garantie in Anspruch genommen werden kann. Bei den 80- und 90-prozentigen Covid-Überbrückungsgarantien stellt die formelle Insolvenz des Unternehmens den Haftungsfall dar. Für etwaige Ausfälle den AWS-Garantien sei jedenfalls vorgesorgt. Diese Vorsorge erfolge nicht nur in Form von Rücklagen, sondern auch über die Systematik der AWS-Garantien, die eine Schadloshaltung durch den Bund vorsieht.“1
Im Klartext bedeutet das, dass Unternehmen zuerst insolvent sein müssen, und erst dann übernimmt die aws die Haftung! Ihrerseits hält sich die aws schadlos am Bund!
Das bedeutet, Unternehmen werden in die Insolvenz geschickt, damit die Bank ihr Geld erhält; Banken werden bedient, die Unternehmen in Stich gelassen.
In diesem Zusammenhang richtet die unterfertigte Abgeordnete an den Bundes-minister für Finanzen nachstehende
Anfrage
1. Wie viele Klein- und mittelständische Unternehmen haben im Jahr 2020 eine 100-prozentige Überbrückungshilfe, die über die aws abgewickelt wurde, in Anspruch genommen?
a. Wie hoch war die Gesamtsumme dieser Überbrückungshilfen?
b. Wie viele dieser Überbrückungshilfen wurden bereits vollständig zurückbezahlt?
c. Wie viele dieser Unternehmen haben Probleme, diese Überbrückungs-kredite rechtzeitig zurückzuzahlen?
d. Bei wie vielen dieser Unternehmen ist die Garantie bereits schlagend geworden?
e. Wie hoch ist die Gesamtsumme der Garantien aus dem Jahr 2020, die schlagend wurde?
2. Wie viele Klein- und mittelständische Unternehmen haben im Jahr 2020 eine 80- oder 90-prozentige Überbrückungshilfe, die über die aws abgewickelt wurde, in Anspruch genommen?
a. Wie hoch war die Gesamtsumme dieser Überbrückungshilfen?
b. Wie viele dieser Überbrückungshilfen wurden bereits vollständig zurückbezahlt?
c. Wie viele dieser Unternehmen haben Probleme, diese Überbrückungs-kredite rechtzeitig zurückzuzahlen?
d. Wie viele dieser Unternehmen sind formell insolvent?
e. Bei wie vielen dieser Unternehmen ist die Garantie bereits schlagend geworden?
f. Wie hoch ist die Gesamtsumme der Garantien aus dem Jahr 2020, die schlagend wurde?
3. Wie viele Klein- und mittelständische Unternehmen haben im Jahr 2021 eine 100-prozentige Überbrückungshilfe, die über die aws abgewickelt wurde, in Anspruch genommen?
a. Wie hoch war die Gesamtsumme dieser Überbrückungshilfen?
b. Wie viele dieser Überbrückungshilfen wurden bereits vollständig zurückbezahlt?
c. Wie viele dieser Unternehmen haben Probleme, diese Überbrückungs-kredite rechtzeitig zurückzuzahlen?
d. Bei wie vielen dieser Unternehmen ist die Garantie bereits schlagend geworden?
e. Wie hoch ist die Gesamtsumme der Garantien aus dem Jahr 2021, die schlagend wurde?
4. Wie viele Klein- und mittelständische Unternehmen haben im Jahr 2021 eine 80- oder 90-prozentige Überbrückungshilfe, die über die aws abgewickelt wurde, in Anspruch genommen?
a. Wie hoch war die Gesamtsumme dieser Überbrückungshilfen?
b. Wie viele dieser Überbrückungshilfen wurden bereits vollständig zurückbezahlt?
c. Wie viele dieser Unternehmen haben Probleme, diese Überbrückungs-kredite rechtzeitig zurückzuzahlen?
d. Wie viele dieser Unternehmen sind formell insolvent?
e. Bei wie vielen dieser Unternehmen ist die Garantie bereits schlagend geworden?
f. Wie hoch ist die Gesamtsumme der Garantien aus dem Jahr 2021, die schlagend wurde?
5. Wie viele Klein- und mittelständische Unternehmen haben im Jahr 2022 eine 100-prozentige Überbrückungshilfe, die über die aws abgewickelt wurde in Anspruch genommen?
a. Wie hoch war die Gesamtsumme dieser Überbrückungshilfen?
b. Wie viele dieser Überbrückungshilfen wurden bereits vollständig zurückbezahlt?
c. Wie viele dieser Unternehmen haben Probleme, diese Überbrückungs-kredite rechtzeitig zurückzuzahlen?
d. Bei wie vielen dieser Unternehmen ist die Garantie bereits schlagend geworden?
e. Wie hoch ist die Gesamtsumme der Garantien aus dem Jahr 2022, die schlagend wurde?
6. Wie viele Klein- und mittelständische Unternehmen haben im Jahr 2022 eine 80- oder 90-prozentige Überbrückungshilfe, die über die aws abgewickelt wurde in Anspruch genommen?
a. Wie hoch war die Gesamtsumme dieser Überbrückungshilfen?
b. Wie viele dieser Überbrückungshilfen wurden bereits vollständig zurückbezahlt?
c. Wie viele dieser Unternehmen haben Probleme, diese Überbrückungs-kredite rechtzeitig zurückzuzahlen?
d. Wie viele dieser Unternehmen sind formell insolvent?
e. Bei wie vielen dieser Unternehmen ist die Garantie bereits schlagend geworden?
f. Wie hoch ist die Gesamtsumme der Garantien aus dem Jahr 2022, die schlagend wurde?
7. Ist es richtig, dass die Kreditkriterien vorsehen, dass die Haftung des Bundes erst dann schlagend wird, wenn das betroffene Unternehmen zugleich in die Insolvenz geschickt wird, und erst wenn dies der Fall ist, die ausgefallene Summe gegenüber den Banken von staatlicher Seite ersetzt wird?
a. Wenn ja, betrifft das alle, in den Fragen 1-6 betroffenen Unternehmen?
8. Wie hoch ist die Fallzahl der Unternehmen insgesamt mit Stichtag 31.03.2025, die aufgrund dieser Bestimmung insolvent sind?
a. Wie viele dieser Unternehmen haben selbst die Insolvenz beantragt?
b. Bei wie vielen dieser Unternehmen wurde der Insolvenzantrag von den Bankinstituten gestellt und damit das Unternehmen in die Insolvenz geschickt?
9. War es tatsächlich die Intention des Bundes im Sinne des Wirtschaftsstandortes Österreich und der steigenden Arbeitslosigkeit zwar gegenüber den Banken die finanziellen Kreditausfälle zu ersetzen, aber die betroffenen Unternehmen in die Insolvenz zu schicken?
a. Wenn nein, was werden Sie als zuständiger Finanzminister unter-nehmen, um diese - von der aws erfolgte Umsetzung - und den Umgang mit den betroffenen Unternehmen zu ändern?
10. Wurde budgetär entsprechend Vorsorge getroffen und sind Mittel bereits budgetiert?
a. Wenn ja, in welcher Höhe und wo genau sind diese Mittel abgebildet?
b. Wenn nein, wie sollen - angesichts des ständig steigenden Defizits im Staatshaushalt, eines drohenden EU-Defizitverfahrens und des nötigen Budgetkonsolidierungspfades, der mit massivstem Einsparungsbedarf in Milliardenhöhe einhergeht - diese Summen für die Bankinstitute finanziert werden?
[1] https://www.derstandard.at/story/3000000230301/corona-kredite-lasten-auf-unternehmen-viele-kmus-koennen-nicht-tilgen