2118/J XXVIII. GP

Eingelangt am 06.05.2025
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Christian Hafenecker, MA

an den Bundesminister für Innovation, Mobilität und Infrastruktur

betreffend Eingeschränkter Güterverkehr in Österreich während des Corona-maßnahmenregimes

 

 

Während der Corona-Pandemie setzte die österreichische Bundesregierung zahlreiche Maßnahmen um, die den Güterverkehr stark beeinträchtigten – oft ohne klaren gesundheitspolitischen Nutzen, dafür aber mit erheblichen praktischen und wirtschaftlichen Folgen für Spediteure, Logistikunternehmen und Fahrer. Besonders kritisch zu sehen sind in diesem Zusammenhang die Grenzkontrollen, die teils über Nacht eingeführt wurden und zu kilometerlangen Staus, etwa am Brennerpass, führten.[1] LKW-Fahrer standen stundenlang an der Grenze – ohne ausreichende Sanitärversorgung, bei winterlichen Temperaturen – obwohl sie in vielen Fällen regelmäßig getestet waren. Trotz internationaler Vereinbarungen über den „grünen Korridor“ für den Güterverkehr wurden Transitfahrten erschwert, weil Österreich zusätzliche Testpflichten einführte, selbst für reine Durchfahrten.[2]

 

Beispielhaft ist die Situation im Februar 2021, als Österreich kurzfristig eine FFP2-Maskenpflicht und Testpflicht für alle LKW-Fahrer bei der Einreise aus Tirol und Tschechien anordnete – ohne ausreichende Testinfrastruktur an den Grenzen. Speditionsbetriebe berichteten von Lieferverzögerungen, Produktionsstillständen und massiven Zusatzkosten.[3] Der Internationale Straßentransportverband IRU kritisierte diese Maßnahmen als nicht abgestimmt, schikanös und nicht evidenzbasiert. Besonders problematisch war, dass Fahrer, die aus logistischen Gründen nicht auf schnell verfügbare Teststationen zugreifen konnten, in Kauf nehmen mussten, nicht einreisen zu dürfen oder in Quarantäne geschickt zu werden – selbst bei negativem PCR-Test aus dem Herkunftsland.[4]

 

Diese Maßnahmen trafen eine Berufsgruppe, die ohnehin unter schwierigen Arbeitsbedingungen leidet, unverhältnismäßig stark und ohne nachweislich signifikanten Beitrag zur Pandemiebekämpfung im Bereich des grenzüber-schreitenden Güterverkehrs. Statt abgestimmter, praxisnaher Lösungen wurden wirtschaftsfeindliche Alleingänge verfolgt, die für unnötige Bürokratie und hohe wirtschaftliche Schäden sorgten – besonders für kleine Transportunternehmen mit ohnehin knappen Margen.

 

Betroffen waren alle Branchen, neben dem Verkehrsträger Straße, auch die Schiene sowie die Luftfracht.[5]

 

In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete an den Bundes-minister für Innovation, Mobilität und Infrastruktur nachstehende

 

Anfrage

 

1.    Welche Einreise-/Transitbeschränkungen gab es für LKW-Fahrer, Zugführer und Piloten im Zuge der COVID-19 Krise in Österreich? (Bitte um Auflistung)

2.    Wie bewertet Ihr Ressort den Widerspruch zwischen der erklärten System-relevanz von LKW-Fahrern und den realen Einschränkungen und Belastungen, denen diese Berufsgruppe ausgesetzt war?

3.    Wurden im Nachhinein Wirkungsanalysen zu den Maßnahmen im Güterverkehr durchgeführt (z. B. epidemiologische Wirkung vs. wirtschaftlicher Schaden)?

a.    Wenn nein, warum nicht?

4.    Welche Abstimmungen fanden zwischen Ihrem Ressort und dem Gesundheitsministerium (BMSGPK) hinsichtlich der Maßnahmen im Güter-verkehr statt und wer traf letztendlich die Entscheidung?

5.    Wie hoch beziffert Ihr Ressort die wirtschaftlichen Gesamtschäden, die infolge der coronabedingten Einschränkungen im grenzüberschreitenden Güterverkehr entstanden sind? (Bitte um Aufschlüsselung nach Straße, Schiene, Luftfracht)

6.    Gab es innerhalb Ihres Ressorts interne Warnungen oder Hinweise auf die wirtschaftlichen und logistischen Folgen der getroffenen Maßnahmen?

a.    Wenn ja, warum wurden diese ignoriert?

7.    Wer war für die Kommunikation der COVID-Maßnahmen und Regelungen mit den betroffenen Unternehmen und Branchenverbänden im Bereich Güterverkehr und Transport zuständig?

8.    Liegt Ihrem Ressort bzw. nachgelagerten Dienststellen eine branchen-spezifische Auswertung zu Umsatzeinbrüchen, Betriebsausfällen und Zusatz-kosten in der Transport- und Logistikbranche während der Pandemie vor?

a.    Wenn ja, bitte um Übermittlung.

9.    Wie viele Unternehmen mussten coronabedingt ihren Betrieb im Bereich Güterverkehr ganz oder teilweise einstellen?

10. Welche volkswirtschaftlichen Kosten sind nach Informationen Ihres Ressorts durch coronamaßnahmeninduzierte Lieferverzögerungen bei Industrie-betrieben (z. B. in der Bau-, Automobil- oder Lebensmittelbranche) entstanden?

11. Wurden seitens Ihres Ressorts bzw. des BMF Kompensationen oder Entschädigungen an von Coronamaßnahmen betroffene Unternehmen im Güterverkehrssektor ausgezahlt?

a.    Wenn ja, in welcher Höhe und Art?

12. Gab es Beschwerden oder Schadensmeldungen von betroffenen Unternehmen an Ihr Ressort und wie wurde darauf reagiert?

13. Auf welcher wissenschaftlichen Grundlage basierte die Einführung der FFP2-Maskenpflicht und Testpflicht für LKW-Fahrer an den Grenzen im Februar 2021?

14. Wurde vor Einführung der Maßnahmen eine Risiko-Nutzen-Abwägung im Hinblick auf die epidemiologische Wirkung vs. wirtschaftliche Folgeschäden vorgenommen?

a.    Wenn ja, wie lautete das Ergebnis?

b.    Inwiefern war Ihr Ressort in diesbezügliche Entscheidungen einge-bunden?

15. Warum wurden kurzfristige Maßnahmen wie die Testpflicht für LKW-Fahrer eingeführt, ohne vorher eine ausreichende Testinfrastruktur an den betroffenen Grenzübergängen bereitzustellen?

16. Wie wurde die Versorgungssituation (Sanitäranlagen, Verpflegung, Warte-zeiten) für LKW-Fahrer während der langen Staus an den Grenzen (z. B. Brenner) sichergestellt?

17. Wie wurde die praktische Umsetzung der Maßnahmen an den Grenzen (z. B. Test- und Kontrollstationen) organisatorisch koordiniert – durch Ihr Ressort selbst oder durch andere Stellen wie ASFINAG, Polizei oder Bundesheer?

18. Wie wurden die Maßnahmen mit Nachbarstaaten und auf EU-Ebene koordiniert, insbesondere im Hinblick auf die „Green Lanes“ der EU-Kommission zur Sicherstellung des freien Warenverkehrs?

19. Wurden die Maßnahmen an den Grenzen (insbesondere für Transitverkehr) rechtlich auf ihre Vereinbarkeit mit der EU-Warenverkehrsfreiheit geprüft?

20. Welche Restriktionen bzgl. der Einreise österreichischer LKW-Fahrer, Piloten und Zugführer gab es während der Coronakrise seitens der Nachbarstaaten Österreichs bzw. internationaler Organisationen?

21. Welche Lehren zieht Ihr Ressort aus der Corona-Krise hinsichtlich krisenfester, koordinierter Logistik?

22. Wie wird Ihr Ressort künftig sicherstellen, dass Maßnahmen in Notlagen nicht erneut zu einer unverhältnismäßigen Belastung des Güterverkehrs führen?



[1]    https://www.thelocal.it/20210215/covid-19-new-austrian-border-rules-block-lorry-traffic-from-italy?utm

[2]    https://trans.info/de/itaien-testpflicht-jetzt-auch-fuer-fahrer-sich-in-den-vorangegangen-14-tagen-laenger-als-12-stunden-in-oesterreich-aufgehalten-haben-223729

[3]    https://trans.info/en/austria-to-make-ffp2-masks-mandatory-for-lorry-drivers-loading-unloading-from-shops-219006?utm_

[4]    https://www.iru.org/news-resources/newsroom/eu-must-stand-firm-new-country-measures-bring-border-chaos-goods-transport

[5]    https://www.tt.com/artikel/30753467/corona-bremst-auch-den-gueterverkehr-der-bahn-massiv-aus