2121/J XXVIII. GP

Eingelangt am 06.05.2025
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Christian Hafenecker, MA

an den Bundeskanzler

betreffend Informelle Lageberichte, selektive Medienrunden und die Schaffung einer intransparenten Parallelöffentlichkeit

 

 

Am Donnerstag, den 29. Oktober 2020 hielt Bundeskanzler Sebastian Kurz mit Gesundheitsminister Rudolf Anschober eine Pressekonferenz hinsichtlich der aktuellen Lage zur Ausbreitung des neuartigen Coronavirus ab, deren zentraler Informationsgehalt sich auf die Ankündigung beschränkte, am Samstag, den 31. Oktober 2020 eine weitere Pressekonferenz zur Bekanntgabe von Eindämmungs-maßnahmen durchführen zu wollen. Am Freitag, den 30. Oktober 2020 wurde in sozialen Medien eine Einladung an Chefredakteure österreichischer Medien zu einem „informellen Lagebericht“ ins Bundeskanzleramt geleakt:

 

 

Diese Form der selektiven Vorabinformation und die Einschränkung journalistischer Verwertbarkeit werfen, insbesondere im Kontext einer massiven Einschränkung der Grundrechte durch geplante Lockdown-Maßnahmen, schwerwiegende demokratie-politische Fragen auf. Bereits im November 2020 wurde zu dieser Thematik eine schriftliche parlamentarische Anfrage (4157/J[1]) eingebracht, deren Beantwortung (4203/AB[2]) zahlreiche Fragen jedoch nicht konkret klären konnte.

 

 

In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete an den Bundeskanzler nachstehende

 

Anfrage

 

1.    Weshalb wurde die Informationsvermittlung im Rahmen dieses Treffens bewusst außerhalb üblicher presseöffentlicher Kanäle durchgeführt?

2.    Welche Konkreten Inhalte und Themen wurden bei dem Geheimtreffen am 30.10.2020 besprochen?

a.    Wurde über die geplanten Lockdown-Maßnahmen gesprochen?

                                          i.    Wenn ja, wurden Details zu den Verordnungen mitgeteilt, Entwürfe gezeigt oder gar ausgehändigt?

b.    Wurde über begleitende Inseraten- oder Informationskampagnen gesprochen?

3.    Sie geben in Ihrer Antwort zur Anfrage 4157/J an, es handle sich um ein „Off-the-record“-Gespräch, das der gängigen journalistischen Praxis entspreche.

a.    Wie erklären Sie, dass eine derartige Einschränkung der Bericht-erstattung gerade bei einem Thema von so großer öffentlicher Relevanz wie dem zweiten Lockdown gewählt wurde?

b.    Wer entschied über diese „Off-the-record“-Regelung?

c.    Gab es im Nachgang Rückmeldungen oder Beschwerden von eingeladenen Journalisten zu dieser Einschränkung?

                                          i.    Wenn ja, wie ist die Reaktion ausgefallen?

d.    Haben Medien oder Journalisten aktiv um dieses Treffen ersucht oder wurde die Initiative ausschließlich vom Bundeskanzleramt gesetzt?

4.    Welche expliziten Themen wurden von Ihrem Resort als „nicht zu veröffentlichen“ eingestuft, obwohl sie offensichtlich die ganze Bevölkerung betroffen haben?

5.    Sie führen in Ihrer bisherigen Antwort Datenschutzgründe für die Nichtnennung von Teilnehmern an.

a.    Wurde allen Eingeladenen oder Teilnehmenden explizit zugesichert, dass ihre Teilnahme vertraulich bleibt?

b.    Gab es schriftliche Vereinbarungen oder Verpflichtungen zur Vertraulichkeit?

6.    Wurde dieses Format des „informellen Lageberichts“ nach dem 30.10.2020 erneut genutzt?

a.    Wenn ja, wann und zu welchen Themen?

b.    Wer bzw. welche Medien wurde jeweils eingeladen und wer nahm teil?

7.    Welche Kriterien wurden zur Auswahl der eingeladenen Medien herangezogen?

a.    Gab es eine formalisierte Entscheidungsgrundlage oder Kontrolle dieser Auswahl?

b.    Welche internen Prozesse führten zur Auswahl dieser spezifischen Medienhäuser?



[1]   https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/J/4157

[2]   https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/AB/4203