2287/J XXVIII. GP
Eingelangt am 07.05.2025
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Anfrage
der Abgeordneten Olga Voglauer, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft
betreffend die Rolle der AMA bei jahrelangen Tierhaltungs- und Wasserrechts-Missständen auf einem Salzburger Landwirtschaftsbetrieb
Immer wieder erschüttern Fälle von Verstößen gegen das Tierschutzgesetz und die Tierhaltverordnung das Vertrauen in das AMA-Gütesiegel. Auch in Salzburg berichteten verschiedene Medien Ende letzten Jahres wieder einmal über unfassbare Zustände auf einem Hof (https://www.krone.at/3600933, https://www.sn.at/salzburg/chronik/knietief-guelle-trotz-missstaende-pfarrwerfener-bauernhof-abnehmer-169458424). Auch dieser Betrieb soll das AMA-Gütesiegel getragen haben. Landtagsanfragen der GRÜNEN dazu blieben mit Verweis auf die Zuständigkeit des Bundes in vielen Punkten unbeantwortet.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
1. Führt der in den zitierten Berichten beschriebene Salzburger Betrieb (immer noch) das AMA-Gütesiegel?
1.1. Falls ja, welches Gütesiegel darf dieser Betrieb konkret führen?
1.2. Falls ja, warum führten die wiederholten und massiven sowohl behördlich als auch gerichtlich (LVwG Zahl 405-1/915/1/10-2023, 405-1/1034/1/12-2024) festgestellten Gesetzesverstöße zu keinem Entzug des Gütesiegels?
1.3. Der Sanktionskatalog der AMA-Gütesiegel-Richtlinie „Haltung von Kühen“ umfasst die Stufen 0 bis 4. Sanktionsstufe 0 bedeutet, dass keine Abweichung festgestellt wurde, 4 bewirkt eine Betriebssperre (= Entzug der Lieferberechtigung ins AMA-Gütesiegel-Programm). Welche Sanktionsstufe wurde beim anfragegegenständlichen Hof wann und warum angewendet?
2. Wann stellte die AMA oder die AMA Marketing durch eigene Kontrollen am anfragegegenständlichen Hof erstmals Mängel bzw. Gesetzesverstöße fest?
2.1. Welche Konsequenzen folgten seitens der AMA oder der AMA Marketing jeweils auf die festgestellten Mängel bzw. Gesetzesverstöße?
3. Wann wurde die AMA bzw. die AMA Marketing erstmals durch Landesbehörden oder andere Kontrollstellen über Mängel bzw. Gesetzesverstöße am anfragegegenständlichen Hof informiert?
3.1. Welche Konsequenzen folgten seitens der AMA bzw. der AMA Marketing jeweils auf die festgestellten Mängel bzw. Gesetzesverstöße?
4. Verstöße gegen tierschutzrechtliche Vorgaben werden – unbeschadet verwaltungsrechtlicher oder gerichtlicher Strafen – auch im Rahmen der „anderweitigen Verpflichtungen“ (Cross Compliance) sanktioniert und führen je nach Dauer, Ausmaß und Schwere des Verstoßes zu einer Förderkürzung bzw. zu einem vollständigen Ausschluss von den Förderungen. Wurde bei anfragegegenständlichem Hof eine Förderkürzung bzw. ein Förderausschluss vorgenommen?
4.1. Falls ja, wann, für welchen Zeitraum und in welchem Ausmaß?
5. In einem Mail des Regionalleiters der AMA-Vorortkontrolle vom 10. November 2022 wird ausgeführt, dass ein Tier „Anfang der Woche verendet“ war, dies aber erst „nach 7.00 Uhr am Tag der VOK gemeldet“ wurde (am 9. November 2022, Anm.). Es brauche daher „noch einen Termin zum Belege anschauen“. Hat ein solcher Termin zusammen mit der AMA stattgefunden und falls ja, wurden dabei weitere Unregelmäßigkeiten hinsichtlich dem Tierbestand am Hof festgestellt?
6. Dem Vernehmen nach wurden in der Vergangenheit anscheinend immer wieder „Ausweichquartiere“ genutzt, damit bei angekündigten Kontrollen der Tierbestand am Hof niedriger erscheint als er tatsächlich ist. Wurden bei den Kontrollen der Viehbestand tatsächlich gezählt oder nur anhand der AMA-Listen erhoben?
7. Wurde überprüft, wo die nicht am Hof befindlichen Tiere tatsächlich gehalten wurden?
8. Wurde bei den zum Hof gehörenden Wiesen eine Überweidung festgesellt?
9. Wie viel Gülle fällt bei der am anfragegegenständlichen Hof gehaltenen Anzahl an Tieren täglich durchschnittlich an?
10. Welches Fassungsvermögen haben die Güllegruben am anfragegegenständlichen Hof?
10.1. Reicht dieses für die anfallende Menge an Gülle, insbesondere in den Monaten, in denen diese nicht auf Felder ausgebracht werden kann, aus?
11. Laut Beantwortung einer Anfrage im Salzburger Landtag wurde der AMA der Aktenvermerk zur Kontrolle am 1. Februar 2023 um 9:00 Uhr (Zahl 3040104-452/372/116-2023) nicht übermittelt, da „lediglich rechtskräftig abgeschlossene Strafverfahren“ zu übermitteln seien. Ist dies zutreffend, sowohl bezüglich AMA als auch bezüglich AMA Marketing?
11.1. Strafverfahren können sich – wie auch in diesem konkreten Fall – über Monate, wenn nicht Jahre bis zu einem rechtskräftigen Abschluss ziehen. Ist es angesichts dieser langen Verfahrensdauern zielführend, dass „lediglich rechtskräftig abgeschlossene Strafverfahren“ von den Landesbehörden an die AMA und/oder die AMA Marketing übermittelt werden müssen, wenn schwere Verstöße gegen das Tierschutzgesetz bzw. die Tierhalteverordnung etwa durch Amtstierärzt:innen festgestellt werden?
11.2. Sehen Sie hier eine Lücke im Kontrollnetz, wenn die AMA bzw. die AMA Marketing erst nach rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahren über schwere Verstöße gegen das Tierschutzgesetz bzw. die Tierhalteverordnung, die von Amtstierärzt:innen festgestellt werden, informiert werden?
12. Wie erfolgt der Austausch zwischen Landesbehörden, der AMA, der AMA Marketing, Kontrollstellen wie etwa der Austria Bio Garantie – Landwirtschaft GmbH oder auch Kontrollorganen der abnehmenden Molkereien, wenn Mängel oder Gesetzesverstöße festgestellt werden?
12.1. Wer hat wen unter welchen Umständen über die Feststellung von Mängeln oder Gesetzesverstößen zu informieren?
13. Bei der Kontrolle im Zuge der LVwG-Verhandlung am 22. Juni 2023 konnten gemäß dem Aktenvermerk der BH vom 26. Juni 2023 (Zahl 452/372/141-2023) nur neun Kälber „wahrgenommen werden“ obwohl sich laut AMA-Rinderdatenbank 17 Kälber am Hof befinden sollten. Wurde die AMA über diese Diskrepanz informiert?
13.1. Falls ja, konnte aufgeklärt werden, wie es zu dieser Differenz gekommen ist?
13.2. Wurde überprüft, ob es hier abermals zum Tod von Kälbern gekommen ist, der nicht ordnungsgemäß gemeldet wurde?
14. Wurden der AMA der Aktenvermerk der BH vom 26. Juni 2023 (Zahl 452/372/141-2023) bzw. ein deswegen erlassener Strafbescheid übermittelt?
14.1. Wenn ja, wann und welche Schritte wurden daraufhin von der AMA gesetzt?
15. Für den 22. November 2023 wurde eine Vor-Ort-Kontrolle angesetzt, welche nicht durchgeführt werden konnte, da den Amtsorganen durch den Eigentümer der Zutritt zum Hof verweigert wurde. Waren auch Organe der AMA bei diesem Kontrollversuch zugegen?
15.1. Falls ja, welche Konsequenzen folgten aus der Zutrittsverweigerung?
16. Am 24. Oktober 2024 wurden durch die Behörde und die AMA weitere Kontrollen durchgeführt. Was wurde bei dieser Kontrolle seitens der AMA festgestellt?
17. Laut Angaben der Salzburg Milch erfolgten nach dem Medienbericht vom Freitag, dem 22.11.2024 umgehend in Zusammenarbeit mit dem Naturland-Verband und der AMA sofortige, unangemeldete Nachkontrollen. Wann fanden diese Kontrollen jeweils statt, wer war jeweils zugegen, und was wurde dabei festgestellt?
18. Laut Auskunft des Landes ist eine betonierte Bodenplatte „grundsätzlich für die Haltung von Rindern als Untergrund geeignet, sofern die Anforderungen an eine Liegefläche gem. 1. Tierhaltungsverordnung entsprechend gegeben sind“. Auf anfragegegenständlichem Hof wurde die betonierte Bodenplatte ursprünglich für eine Lagerhalle errichtet. Entspricht diese den Anforderungen an eine Liegefläche gem. 1. Tierhaltungsverordnung?
19. Das Land Salzburg gab an, dass es sich bei dem Nitrat-Aktionsprogramm um eine Verordnung zum Wasserrechtsgesetz handelt und die zuständige Behörde in diesem Fall die BH St. Johann sei. Der Vollzug der DurchführungsVO zum WRG (in concreto der NAPV) erfolgt durch die Bezirksverwaltungsbehörde im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung. Sieht die zuständige Behörde in der Situation am anfragegegenständlichen Hof, die zu einem Gülleabfluss in den Oberflächenkanal geführt hat, einen Widerspruch zur Nitrat-Aktionsprogramm-Verordnung (NAPV), wonach die Lagerung von Wirtschaftsdüngern am Hof in flüssigkeitsdichten Behältern bzw. auf technisch dichten Flächen mit geregeltem Abfluss der Sickersäfte in eine flüssigkeits-dichte Gülle-, Jauche- oder Sammelgrube zu erfolgen hat, bzw. anderen Bestimmungen dieser Verordnung?
20. Das Land Salzburg gab weiters an, dass, „sofern durch den Gülleabfluss in den Untergrund eine Besorgung des Grundwassers/bzw. Fließgewässer besorgt wird“, die Bezirksverwaltungsbehörde im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung entsprechende Maßnahmen zur Beseitigung einer bereits eingetretenen bzw. Hintanhaltung einer weiteren Verunreinigung des Grund-/Tagwassers zu veranlassen hat. Wurde durch die Bezirksverwaltungsbehörde im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung durch den Gülleabfluss in den Untergrund eine Verunreinigung des Grund-/Tagwassers festgestellt?
20.1. Falls ja, wann erfolgte diese Feststellung und welche Maßnahmen zur Beseitigung einer bereits eingetretenen bzw. Hintanhaltung einer weiteren Verunreinigung des Grund-/Tagwassers wurden veranlasst?
20.2. Wurden diese Maßnahmen bereits vollständig umgesetzt?
20.3. Falls ja, wann?
20.4. Falls nein, warum nicht und bis wann muss die vollständige Umsetzung der Maßnahmen erfolgen?