2291/J XXVIII. GP
Eingelangt am 08.05.2025
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Anfrage
der Abgeordneten Leonore Gewessler, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Inneres
betreffend Klima-Desinformationskampagnen in Österreich
Eines der Fokusthemen der polnischen EU-Ratspräsidentschaft ist es, Maßnahmen gegen Klima-Desinformationskampagnen zu erarbeiten. Im Jänner 2025 veröffentlichte das polnische Justizministerium einen Bericht, der aufzeigt, dass Russland in Polen seit Jahren gezielt Desinformation streut[1]. Expert:innen der Kommission für militärische Spionageabwehr betonen darin, dass in Russland psychologische Kriegsführung ein offiziell anerkanntes Element der Kriegsführung ist. Russland soll zwischen 2 und 4 Milliarden Dollar pro Jahr für Desinformation und Propaganda ausgeben.
Laut dem polnischen Bericht haben Russland und Weißrussland auch versucht, das Vertrauen der Öffentlichkeit in Polen in die Klimawissenschaft, die Dekarbonisierung und den Green Deal der EU in einem für die globale Energiepolitik kritischen Zeitraum zu untergraben.
Zwischen Mai 2022 und Mai 2024 hat Russland in den Online-Diskussionen über Erneuerbare Energie in polnischen sozialen Medien und auf Nachrichtenseiten eine maßgebliche Rolle gespielt, so die Autoren. In den zwei Jahren nach der russischen Invasion in der Ukraine versuchte der Kreml, „grüne Politik zu untergraben, Verschwörungstheorien zu fördern und [...] Klimaaktivisten direkt anzugreifen“ [2].
Die Studienautor:innen fanden beispielsweise eine Verschwörungstheorie, laut der das EU-Emissionshandelssystem (ETS), ein Trick westlicher Banker sei, um Polen in den Bankrott zu treiben. Russische Klima-Desinformation wurde in Artikeln und Diskussionen in einer Reihe von Politikbereichen identifiziert - von Energiepreisen über Lebensmittel und Landwirtschaft bis hin zum ETS und dem COP26-Klimagipfel, berichtet das online Medium DeSmog2.
Laut der Europäischen Beobachtungsstelle für Digitale Medien (EDMO), waren es 2023 drei Themen, über die am häufigsten Desinformation verbreitet wurde: der Krieg in der Ukraine, Covid-19 sowie der Klimawandel.
Im IFK Monitor August 2024 schreiben die Expert:innen der Landesverteidigungsakademie Wien über Klima-Desinformationskampagnen: „Häufig wird der wissenschaftliche Konsens in Frage gestellt oder Ungenauigkeit von Vorhersagen hervorgehoben. Weiters werden Erkenntnisse relativiert und dadurch letztlich Zweifel an der Dringlichkeit von Maßnahmen gesät. Ebenso werden Mechanismen und Institutionen der Wissenschaft in Frage gestellt oder Personen aus Wissenschaft, Politik und Aktivismus persönlich angegriffen. Die Propagierung von Pseudoexperten und –expertinnen oder Pseudoalternativen ist ebenso weit verbreitet und geht teilweise in Verschwörungstheorien über. Desinformation kann so zur Herausforderung für die Resilienz einer Demokratie werden.“[3]
Konkret empfehlen die Expert:innen der Landesverteidigungsakademie Wien, dass strategische Kommunikation zu den Vorteilen von Klimaschutz als auch Aufdeckung von Desinformationskampagnen notwendig sei. Auf gesamtstaatlicher Ebene könne das Bundes-Krisensicherheitsgesetz hier neue Möglichkeiten bieten. Die Gesellschaft sei dann widerstandsfähiger gegen Desinformation, wenn es freie und unabhängige Medien, Investitionen in Medienkompetenz und Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft gibt.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
1. Liegen Ihrem Ministerium Hinweise oder Untersuchungsergebnisse über Klima-Desinformationskampagnen in Österreich vor?
a. Wenn ja, welche?
b. Welche Narrative werden in Österreich verbreitet und von wem?
c. Welche politischen Maßnahmen oder Gesetze werden dabei untergraben?
d. Auf welchen Websites oder Social Media Plattformen werden Klima-Desinformationskampagnen in Österreich verbreitet?
e. Welche Akteur:innen (Personen oder Organisationen aus Wissenschaft, Politik und Aktivismus) wurden bereits zur Zielscheibe von Klima-Desinformationskampagnen in Österreich?
f. Welche Verschwörungstheorien werden in Österreich häufig verbreitet?
2. Gibt es für Österreich eine ähnliche Untersuchung wie in Polen, in der die Auswirkungen von Klima-Desinformationskampagnen umfangreich analysiert wurden?
a. Wenn ja, was sind die Ergebnisse?
b. Wenn ja, gibt es Hinweise auf die Urheber der Klima-Desinformationskampagnen?
c. Wenn ja, welche Ableitungen wurden in Ihrem Ministerium getroffen und welche Maßnahmen gesetzt?
d. Wenn nein, ist eine solche Untersuchung in Vorbereitung, in Durchführung oder in Planung? Wann werden die Ergebnisse davon verfügbar sein?
3. Hat die Europäische Beobachtungsstelle für Digitale Medien ihrem Ministerium Informationen zu Desinformationskampagnen in den Bereichen Klima, Umwelt und Natur in Österreich übermittelt?
a. Wenn ja, was sind die Ergebnisse?
4. Gibt es Hinweise, dass Russland und/oder Weißrussland ähnlich wie in Polen, auch in Österreich Klima-Desinformation verbreiten?
a. Wenn ja, werden diese Aktivitäten beobachtet?
b. Wenn ja, zu welchen Themen und wo?
5. Gibt es Hinweise, dass staatliche Akteur:innen aus anderen Ländern oder Unternehmen wiederholt Klima-Desinformation in Österreich verbreiten?
a. Wenn ja, werden die Aktivitäten beobachtet?
b. Wenn ja, zu welchen Themen und wo?
6. Gibt es Hinweise, dass Akteure aus dem Umfeld der FPÖ (Personen in einem Beschäftigungsverhältnis mit der FPÖ, dem FPÖ Parlamentsklub, einem FPÖ Mandatar bzw. einer FPÖ Mandatarin oder einer Vorfeldorganisation der FPÖ) wiederholt Klima-Desinformation in Österreich verbreiten?
a. Wenn ja, werden die Aktivitäten beobachtet?
b. Wenn ja, zu welchen Themen und wo?
7. Welche Maßnahmen werden von Ihrem Ministerium gesetzt, um Desinformationskampagnen und im speziellen Klima-Desinformationskampagnen aufzudecken?
a. Gibt es dazu Zusammenarbeit mit Akteur:innen der Zivilgesellschaft?
b. Gibt es dazu Zusammenarbeit mit Akteur:innen im Bildungsbereich?
c. Gibt es dazu Zusammenarbeit mit Akteur:innen aus der Wissenschaft?
d. Gibt es dazu Zusammenarbeit mit Akteur:innen aus dem Medienbereich?
8. Welche Maßnahmen werden von Ihrem Ministerium gesetzt, um Desinformationskampagnen und im speziellen Klima-Desinformationskampagnen zu verhindern/ihnen entgegen zu wirken?
a. Gibt es dazu Zusammenarbeit mit Akteur:innen der Zivilgesellschaft?
b. Gibt es dazu Zusammenarbeit mit Akteur:innen im Bildungsbereich?
c. Gibt es dazu Zusammenarbeit mit Akteur:innen aus der Wissenschaft?
d. Gibt es dazu Zusammenarbeit mit Akteur:innen aus dem Medienbereich?
9. Welche Maßnahmen wird Österreich im Rahmen der Initiative der polnischen Ratspräsidentschaft gegen Klima-Desinformation umsetzen und/oder auf europäischer Ebene unterstützen?
10. Welche Maßnahmen wurden im Rahmen der Arbeitsgruppen sowie im Rat der Umweltminister:innen und im Rat der Verteidigungsminister:innen zum Thema Klima-Desinformation diskutiert?
[1] https://www.gov.pl/web/sprawiedliwosc/raport-zespolu-ds-dezinformacji-komisji-ds-badania-wplywow-rosyjskich-i-bialoruskich#S.embed_link-K.C-B.1-L.3.zw
[2] https://www.desmog.com/2025/02/03/russia-spread-conspiracy-theories-and-attacked-climate-scientists-in-poland/
[3] https://www.bmlv.gv.at/pdf_pool/publikationen/ifk_monitor_78_rmg_hl_klimawandel_aug_24_web.pdf