2292/J XXVIII. GP

Eingelangt am 08.05.2025
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Anfrage

 

der Abgeordneten Alma Zadic, Freundinnen und Freunde

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Versteckte Personalkosten und Gebührenerhöhungen

BEGRÜNDUNG

 

Im Jänner beschlossen die – später gescheiterten – blau-schwarzen Regierungsverhandler:innen Einsparungen von insgesamt 1,1 Milliarden Euro in den Bundesministerien. Gespart werden solle bei Sachaufwänden.[1] Über eine weitergehende Prüfung und Analyse über tatsächliche nachhaltige Einsparungspotenziale bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung des Niveaus staatlicher Leistungen und über entsprechende Wirkungsfolgenabschätzungen ist öffentlich bisher nichts bekannt.

Im März wurde bekannt, dass die neue Bundesregierung an diesen undifferenzierten Sparzielen festhält. Jedes Ministerium ist angehalten, 15 Prozent seiner Sachaufwände abzüglich Mietkosten einzusparen – unabhängig davon, für was die Mittel tatsächlich verwendet werden. Umso schwerwiegender ist, dass es sich offensichtlich nicht nur um die Aufwände in den Zentralstellen, sondern im gesamten Ressortbereich handelt (also im Fall der UG 13 etwa auch bei Gerichten und Staatsanwaltschaften).

Besonders betroffen ist das Bundesministerium für Justiz wegen seines hohen Anteils an Sachkosten im Ressortbudget. Für das BMJ bedeutet dies Kürzungen in Höhe von 146,3 Millionen Euro gegenüber dem aktuellen Budget. In absoluten Zahlen liegt das BMJ bei den Einsparungen auf Platz zwei unter allen Ressorts. Prozentuell ist das BMJ mit sechs Prozent Einsparungen des Gesamtbudgets sogar meistbetroffene Haus. Das BMF trägt zum Vergleich nur 0,3 % seines Budgets bei.[2]

Abbildung: https://www.momentum-institut.at/news/ministerien-milliarde-wer-wie-viel-einsparen-muss/

Während in anderen Ressorts Sachaufwände mehrheitlich für Verbrauchsgüter, Instandhaltung oder Kommunikation veranschlagt werden, fallen sie im Bereich der Justiz für die Erbringung rechtstaatlich notwendiger und vielfach sogar gesetzlich vorgeschriebener Leistungen an, die von ausgegliederten staatlichen Einrichtungen oder von staatsnahmen gemeinnützigen privaten Trägern mit überwiegender staatlicher Finanzierung erbracht werden. Bei diesen ist das Personal der größte Kostenfaktor, welcher etwa auf Grund kollektivvertraglicher Anpassungen gestiegen ist. Die im BMJ aufscheinenden Sachaufwände sind zum großen Teil also sogenannte „versteckte Personalkosten“.

Das Wochenmagazin Profil schreibt dazu unter der Überschrift „Kaum sparen ohne Kahlschlag“: „Das Budget der Justiz wurde unter Ex-Justizministerin Alma Zadić (Grüne) deutlich erhöht. Nun liegt der Anteil der Sachleistungen am Gesamtbudget bei 40 Prozent, vor allem die „Werkleistungen“ stiegen. Darunter fällt alles, wofür die Justiz externe Dienstnehmer beauftragt, neben der eben erst beschlossenen Verteidigerkosten-Rückerstattung etwa Bewährungshilfen, Wiedereingliederungs- und Deradikalisierungsprogramme. Bei der Initiative Derad sind die Sorgen vor Einschnitten groß, auch angesichts steigender Fälle. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) versicherte, dass in zentralen Bereichen wie dem Kampf gegen Extremismus nicht gespart werde. Dieser funktioniert nur mit intensiver Betreuung nach der Haft – und die kostet.

Auch bevor ein Urteil gefällt wird, benötigt die Justiz externe Dienstnehmer: „Sachkosten bei Gericht entstehen vor allem für Dolmetscher und Sachverständige“, sagt der Präsident der Richtervereinigung Gernot Kanduth: „Wenn man da einspart, wirkt sich das extrem auf den Rechtsstaat aus. Denn dann fehlt ein Element einer gerechten Urteilsfindung.“ Und im Bereich der Staatsanwaltschaften hatte man eigentlich gehofft, die Zeiten nach dem Sparpaket der 2010er-Jahre hinter sich gelassen zu haben, als Staatsanwältinnen und Staatsanwälte Textmarker selbst kaufen mussten, weil das Ministerium die Kosten nicht mehr tragen konnte.“[3]

Entsprechend kritisch zeigt sich auch das BMJ in der Anfragebeantwortung 326/AB vom 28.02.2025: Insgesamt beträgt der Anteil der durch die Justizverwaltung nicht oder nur in einem äußerst geringen Ausmaß steuerbaren Kosten am Justizbudget regelmäßig über 90%. Nachhaltige Einsparungen können im Justizbereich nur durch legislative Maßnahmen erzielt werden; dies, zumal der Entfall von Projekten kein wesentliches Einsparungspotential bietet. Mit den Ressortausgaben werden nahezu ausschließlich die Kosten des laufenden Betriebes bezahlt.“[4]

Verschärft wird das Problem durch jüngste Ankündigungen der Bundesregierung, den Sicherheitsbereich (BMI, BMLV; unverständlicherweise wird offenbar die Justiz und der Strafvollzug nicht darunter subsumiert) von den Einsparungen auszusparen, was den Spardruck für die anderen Ressorts noch erhöht. „Wird das Heer vom Sparzwang ausgespart, müssen die anderen Ressorts umso mehr beitragen. Verteilt man die 166 Millionen Euro des Verteidigungsministeriums auf die anderen Ministerien, steigt etwa der Einsparungsbedarf beim Justizministerium von rund 146 auf fast 172 Millionen Euro – in der Justiz müsste dann fast ein Fünftel des gesamten Sachaufwandes eingespart werden.“[5]

Im Bereich der Bewährungshilfe, der Deradikalisierungsarbeit, der Täterberatung, der Prozessbegleitung, der Dolmetscher:innen, der Sachverständigen, des zivilen Personals im Strafvollzug, der gesundheitsbezogenen Maßnahmen, bei der Familien- und Jugendgerichtshilfe, beim Kinderbeistand, beim Verteidigerkostenersatz, bei IKT-Betrieb und -Wartung, bei externem Sicherheitspersonal, bei gewissen Personalgruppen (Verwaltungspraktikant:innen, Lehrlinge, Rechtspraktikant:innen), bei der Rechtsberatung, aber auch im Bereich Erwachsenenschutz (Transferleistungen) und IKT-Weiterentwicklung ist ein Kahlschlag zu befürchten. Externes Personal ist von Kündigungen bedroht, die Budgets könnten in der zweiten Jahreshälfte erschöpft sein, wesentliche Leistungen für die Qualität des Rechtsstaats und für die Sicherheit der Menschen in Österreich drohen zu sinken.

Gleichzeitig hat die Bundesministerin für Justiz am 26.3. per Verordnung wie im Gesetz vorgesehen die Gerichtsgebühren in Österreich um 23 Prozent erhöht. Die Bürger:innen müssen für Eingaben, Eintragungen, Auszüge und Abfragen jetzt fast ein Viertel mehr zahlen. Diese Zusatzeinnahme fließt direkt ins allgemeine Budget. Daher dürfen sich die Bürger:innen erwarten, dass die Qualität rechtsstaatlicher Leistungen im Bereich der Justiz nicht sinkt. Es ist für alle unverständlich, wenn der Finanzminister bei der Justiz kürzt, und gleichzeitig durch die Gebührenmehreinnahmen um ein Viertel mehr Einnahmen aus der Justiz hat.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Wie hoch sind die Einsparungen der Justiz (UG 13) im Vergleich zum aktuellen Budget?

2)    Wie viele Sachausgaben sind aktuell in der UG 13 veranschlagt?

a.    Wie viele davon sind nicht gebunden bzw. disponibel?

3)    Wie viele Sachausgaben sind aktuell in der UG 13 abzüglich Mieten veranschlagt?

4)    Wie hoch ist der Anteil an Sachleistungen, der für die Abrufung von Personal, für externe Dienstleistungen und für Entschädigungsleistungen vorgesehen ist, die auf Grundlage gesetzlicher Verpflichtungen jedenfalls zu erbringen sind (ausgehend von einem gleichbleiben Anfallsniveau)?

5)    Wie viele Transferausgaben sind aktuell in der UG 13 veranschlagt?

a.    Wie viele davon sind disponibel?

6)    Welche 20 Trägerorganisationen, Unternehmen oder Vereine (öffentlich und privat) waren 2024 die größten Empfänger von in der UG 13 budgetierten Sachaufwänden und Transferleistungen? Bitte um Aufschlüsselung nach juristischer Person, Summe, erbrachten Leistungen und Zeitraum der vertraglichen Leistungsvereinbarungen (jährliche oder mehrjährliche Vereinbarung) bzw. der gesetzlichen Grundlage.

7)    Ist Ihnen bekannt, wieviel Personal bei externen Trägern, Unternehmen und Vereinen überwiegend Leistungen für die Justiz erbringt, deren Tätigkeit mittelbar aus Mitteln der UG 13 von der Republik finanziert werden?

a.    Wenn nein, warum nicht?

8)    Wie viele Auszahlungen (Sachaufwände und Transfers) sind im Jahr 2024 für den Bereich Bewährungshilfe erfolgt?

9)    Wie viele Auszahlungen (Sachaufwände und Transfers) sind im Jahr 2024 für den Bereich Erwachsenenschutz erfolgt?

10)  Wie viele Auszahlungen (Sachaufwände und Transfers) sind im Jahr 2024 für den Bereich Deradikalisierung erfolgt?

11)  Wie viele Auszahlungen (Sachaufwände und Transfers) sind im Jahr 2024 für den Bereich Täterberatung erfolgt?

12)  Wie viele Auszahlungen (Sachaufwände und Transfers) sind im Jahr 2024 für den Bereich Prozessbegleitung erfolgt?

13)  Wie viele Auszahlungen (Sachaufwände und Transfers) sind im Jahr 2024 für den Bereich Dolmetsch-Leistungen erfolgt?

14)  Wie viele Auszahlungen (Sachaufwände und Transfers) sind im Jahr 2024 für den Bereich Sachverständige erfolgt?

15)  Wie viele Auszahlungen (Sachaufwände und Transfers) sind im Jahr 2024 für Personal im Strafvollzug erfolgt?

16)  Wie viele Auszahlungen (Sachaufwände und Transfers) sind im Jahr 2024 für gesundheitsbezogene Maßnahmen erfolgt?

17)  Wie viele Auszahlungen (Sachaufwände und Transfers) sind im Jahr 2024 für den Bereich Kinderbeistand erfolgt?

18)  Wie viele Auszahlungen (Sachaufwände und Transfers) sind im Jahr 2024 für den Bereich Familien- und Jugendgerichtshilfe erfolgt?

19)  Wie viele Auszahlungen (Sachaufwände und Transfers) sind im Jahr 2024 für Entschädigungen erfolgt?

a.    Wie viele zusätzliche Mittel werden in diesem Bereich auf Grund des erhöhten Verteidigerkostenersatzes (StPO) veranschlagt?

20)  Wie viele Auszahlungen (Sachaufwände und Transfers) sind im Jahr 2024 für die Rechtsberatung im Bereich der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH erfolgt?

21) Wie viele Auszahlungen (Sachaufwände und Transfers) sind im Jahr 2024 für IKT-Betrieb und –Wartung erfolgt?

22)  Wie viele Auszahlungen (Sachaufwände und Transfers) sind im Jahr 2024 für IKT-Weiterentwicklung erfolgt?

23)  Wie viele Auszahlungen (Sachaufwände und Transfers) sind im Jahr 2024 für externes Sicherheitspersonal erfolgt?

24)  Wie viele Auszahlungen (Sachaufwände und Transfers) sind im Jahr 2024 für Verwaltungspraktikant:innen, Lehrlinge und Rechtspraktikant:innen erfolgt?

25)  Ist Ihnen bekannt, ob auf Grund der medial kolportierten zukünftigen Einsparungen in der UG 13 externes, mehrheitlich für die Justiz tätiges Personal bereits abgebaut wurde bzw. beim AMS bevorstehende Auflösungen von Arbeitsverhältnissen angezeigt wurden?

26)  Gibt es Pläne, bisher extern beschäftigtes Personal „inhouse“ zu beschäftigen?

27)  Wie planen Sie angesichts der medial kolportierten Kürzungen in der UG 13, das Leistungsniveau der Justiz im bestehenden Ausmaß aufrechtzuerhalten?

28)  Wie können Sie angesichts der drohenden Einsparungen im Sicherheitsbereich (JBA-Personal im Strafvollzug, Bewährungshilfe) ein gleichbleibendes Sicherheitsniveau für die Österreicher:innen garantieren?

29)  Wie viele Auszahlungen sind im Jahr 2024 an die Justizbetreuungsagentur geflossen?

30)  Ist Ihnen bekannt, ob das Bundesministerium für Justiz wie medial kolportiert zugunsten des BMLV und/oder des BMI, bei denen von Einsparungen abgesehen werden könnte, noch höhere Einsparungen tragen muss? Wenn ja, wie viele und warum?

31)  Wie hoch waren die Gebühreneinnahmen der Justiz im Jahr 2024?

32)  Mit welchen Gebührenmehreinnahmen rechnen Sie für 2025 im Vergleich zum Vorjahr auf Grund der jüngsten Erhöhungen (BGBl. II Nr. 51/2025, BGBl. II Nr. 52/2025)?

33)  Werden die zusätzlichen Gebühreneinnahmen auf Grund der jüngsten Erhöhungen (BGBl. II Nr. 51/2025, BGBl. II Nr. 52/2025) mit den medial kolportierten Einsparungen verrechnet werden können?

a.    Wenn nein, warum nicht?

b.    Wenn nein, haben Sie diesbezüglich schon Gespräche mit dem Bundesminister für Finanzen geführt?

                                  i.    Wenn ja, wann und mit welchem Ergebnis?

                                ii.    Wenn nein, warum nicht und werden Sie ein solches Gespräch noch führen?



[1] https://orf.at/stories/3381943/

[2] https://www.momentum-institut.at/news/ministerien-milliarde-wer-wie-viel-einsparen-muss/

[3] Profil vom 13.03.2025: Wer verliert, wenn die Ministerien 1,1 Milliarden Euro sparen

[4] https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVIII/AB/326/imfname_1670915.pdf

[5] ebda.