Eingelangt am 13.05.2025
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Anfrage
der Abgeordneten Sigrid Maurer, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Bildung
betreffend Schulbücher und Schulbuchkommission
BEGRÜNDUNG
Schulbücher sind essenziell für den Unterricht. Sie bieten eine
strukturierte und verlässliche Grundlage für die Wissens- und
Kompetenzvermittlung und decken die Kompetenzen und Anwendungsgebiete der
Lehrpläne systematisch ab und unterstützen Schüler:innen beim
eigenständigen Lernen. Darüber hinaus fördern sie – im
Idealfall – kritisches Denken und dienen Lehrkräften als
Arbeitsinstrument im schulischen Alltag.
Zur Sicherung der
inhaltlichen und didaktischen Qualität werden Schulbücher von eigens
eingerichteten Gutachter:innenkommissionen begutachtet. Nur nach positiver
Approbation durch diese Kommissionen können Schulbücher über die
Schulbuchaktion beschafft und im Unterricht eingesetzt werden.
Trotz dieser
wichtigen Funktion bleibt der Approbationsprozess weitgehend intransparent:
Weder ist öffentlich einsehbar, wer den Kommissionen angehört, noch
ist nachvollziehbar, nach welchen Kriterien die Auswahl der Mitglieder erfolgt
oder wie der genaue Ablauf der Begutachtung aussieht.
Eine transparente und diversitätsbewusste Gestaltung dieser Prozesse
ist jedoch essenziell, um sicherzustellen, dass möglichst alle Aspekte in
Unterrichtsmaterialien angemessen repräsentiert sind.
Gerade in einer zunehmend diversen Gesellschaft ist es entscheidend, dass
Schulbücher diskriminierungskritisch gestaltet sind, stereotype
Darstellungen vermeiden und unterschiedliche Lebensrealitäten abbilden.
Der Gesetzgeber selbst verlangt in § 9 Abs. 1 Z 1
der entsprechenden Verordnung explizit die Berücksichtigung von
Geschlechtergleichstellung, Antidiskriminierung und Vielfalt – auf Wort-
und Bildebene. Dennoch ist zu beobachten, dass stereotype
Narrative auch heute noch in Unterrichtsmaterialien enthalten sind –
insbesondere bei sensiblen Themen wie Rassismus, Kolonialgeschichte oder Geschlechterrollen.
Hier stellt sich
die Frage, ob die bestehenden Kontrollmechanismen ausreichen und ob die
Diversität innerhalb der begutachtenden Kommissionen selbst diesem
Anspruch gerecht wird.
Darüber hinaus
stellen sich auch neue Herausforderungen: Digitale Unterrichtsmaterialien und
interdisziplinäre Lernplattformen gewinnen im Schulalltag zunehmend an
Bedeutung, sind aber bisher nur unzureichend im Rahmen der Schulbuchaktion
berücksichtigt. Der langwierige und schwerfällige Approbationsprozess
erschwert Innovation zusätzlich. Eine Reform der Schulbuchaktion sowie
eine Modernisierung des Prüfverfahrens wären daher dringend geboten,
um aktuellen pädagogischen und gesellschaftlichen Anforderungen gerecht zu
werden.
In
diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten folgende
ANFRAGE
Zur
Gutachterkommission:
1.
Wer entscheidet über
die Größe der jeweiligen Kommission, die laut Verordnung aus drei
bis 20 Mitglieder bestehen kann? Nach welchen Kriterien wird der Umfang festgelegt?
2.
Welche Stellen oder Organe
sind für die Auswahl der Mitglieder der Gutachter:innenkommissionen
zuständig?
3.
Nach welchen fachlichen,
beruflichen oder sonstigen Kriterien erfolgt die Auswahl der Mitglieder der
Kommissionen?
4.
Wie viele Gutachterkommission
sind derzeit bestellt und wie viele Personen sind derzeit insgesamt als
Gutachter:innen tätig? Bitte um Aufschlüsselung nach Kommission, Geschlecht,
Alter, fachlichem Hintergrund, beruflicher Zugehörigkeit und
Staatsbürgerschaft.
- Warum ist nicht öffentlich
einsehbar, wer den jeweiligen Gutachter:innenkommissionen
angehört?
- In welchem
Ausmaß und in welcher Form werden die Mitglieder der Kommissionen
für ihre Tätigkeit entlohnt bzw. finanziell abgegolten?
- Wie wird
sichergestellt, dass in jeder Kommission eine ausreichende fachliche
Breite vorhanden ist, um alle inhaltlichen, didaktischen und
gesellschaftlichen Anforderungen und zu prüfenden Erfordernisse
abzudecken?
- Erfolgt eine
Schulung oder Sensibilisierung der Mitglieder der Kommissionen, um sicherzustellen,
dass alle inhaltlichen, didaktischen und gesellschaftlichen Anforderungen
und zu prüfenden Erfordernisse abgedeckt werden können? Wenn ja,
in welcher Form? Und ist die Teilnahme verpflichtend?
- Gibt es
Überlegungen, die Zusammensetzung der Gutachter:innenkommissionen
diversitätsbewusster zu gestalten, etwa durch gezielte Einbindung von
Gesellschaftsgruppen wie Jugendvertreter:innen, Expert:innen mit
Migrationsbiografie, Vertreter:innen von Minderheiten, einzuhaltende
Geschlechterparität etc.?
Zum
Approbationsprozess und Qualitätsmanagement
- Für welchen
Zeitraum werden Schulbücher in der Regel approbiert?
- In welcher Form
wird im Approbationsverfahren sichergestellt, dass die gesetzlichen
Vorgaben gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 der VO
über die Eignungserklärung von Unterrichtsmitteln „…hinsichtlich der
Berücksichtigung des Ziels der Geschlechtergleichstellung, der
Antidiskriminierung sowie der Berücksichtigung vielfältiger
Lebensrealitäten in der Gesellschaft unter Vermeidung von einseitigen
und klischeehaften Darstellungen von sozialen und geschlechterspezifischen
Rollen auf der Wort- und Bildebene…“ tatsächlich eingehalten werden?
- Gibt es
standardisierte Kriterien, Checklisten oder Leitfäden, die bei der
Beurteilung dieser Erfordernisse herangezogen werden? Wenn ja, bitte um
Übermittlung.
- Welche Schritte
setzt das Ministerium, wenn nach erfolgter Approbation eines Schulbuches
Mängel oder Lücken festgestellt werden? Kann eine Approbation
nachträglich widerrufen oder angepasst werden?
- Besteht die
Möglichkeit, einzelne Inhalte, Kapitel oder Abbildungen eines bereits
approbierten Schulbuches nachträglich zu ändern, ohne ein
erneutes Approbationsverfahren durchlaufen zu müssen? Falls ja, bis
zu welchem Umfang ist dies zulässig? Ab wann ist ein Schulbuch
inhaltlich so stark verändert, dass ein erneuter Approbationsprozess
erforderlich ist?
- Gibt es einen
formellen Austausch zwischen dem Bildungsministerium und den
Schulbuchverlagen zur Qualitätssicherung und Weiterentwicklung von
Lehrmaterialien? Wenn ja, in welchem Format, in welchen Abständen und
mit welchen Inhalten?
- Welche
Maßnahmen setzt das Ministerium, um Lehrkräfte gezielt für
stereotype Narrative und diskriminierende Inhalte in Schulbüchern zu
sensibilisieren?
- Gibt es grundsätzlich
spezifische Fort- oder Weiterbildungsangebote für Lehrkräfte zu
diskriminierungskritischer Didaktik und rassismuskritischer Bildung? Wenn
ja, in welchem Umfang werden diese angeboten und wie viele Lehrpersonen
nehmen jährlich daran teil?
In die Zukunft
gerichtet
- Gibt es ernsthafte Überlegungen
seitens des Ministeriums die Schulbuchaktion umfassend zu reformieren und
an die Anforderungen des 21. Jahrhunderts anzupassen, vor allem in Hinblick auf den Einsatz von digitalen und
interdisziplinären Lern- und Lehrplattformen, die derzeit nicht aus
dem Grundlimit pro Kind finanziert werden können? Wenn ja, welche konkreten
Maßnahmen sind derzeit in Planung bzw. Umsetzung und was ist der
Zeithorizont dafür? Gab es in diesem Zusammenhang bereits
Gespräche oder Abstimmungen mit dem Bundesministerium für
Familie, das für Finanzierung und etwaige gesetzliche Änderungen
(FLAF) im Bereich der Schulbuchaktion zuständig ist?
- Liegen seitens des Ministeriums bereits
konkrete Überlegungen, Planungen oder Initiativen vor, den derzeit
langwierigen und schwerfälligen Approbationsprozess für
Unterrichtsmittel zu reformieren und an moderne Bildungsbedarfe anzupassen
– insbesondere im Hinblick auf die Qualitätssicherung digitaler
Unterrichtsmaterialien sowie digitaler und interdisziplinärer Lern-
und Lehrplattformen?