2318/J XXVIII. GP
Eingelangt am 13.05.2025
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möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Meri Disoski, David Stögmüller, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten
betreffend Position Österreichs zur humanitären Notsituation in Gaza sowie zur Einhaltung des Völkerrechts sowie des humanitären Völkerrechts seitens der Regierung Netanjahus
BEGRÜNDUNG
Israel lässt seit Anfang März keine Hilfslieferungen mehr in das abgeriegelte Küstengebiet Gaza, in dem ca. zwei Millionen Palästinenser:innen leben. Laut den Vereinten Nationen haben im Gazastreifen hunderttausende Menschen nicht mehr genug zu essen. Unterernährung und Hunger nehmen akut zu. Die Versorgungslage, seien es medizinische Produkte, Lebensmittel oder sauberes Trinkwasser, verschärft sich mit jedem weiteren Tag.
Der Krieg im Gazastreifen, der am 7. Oktober 2023 mit einem grauenvollen Massaker an der israelischen Bevölkerung durch die radikal-islamistische Terrororganisation Hamas in Israel begann, dauert nun bereits 19 Monate an. Dieser Überfall ist auf das Schärfste zu Verurteilen. Es war der tödlichste Angriff auf Juden und Jüdinnen seit dem Ende des Holocausts. Die durch die Hamas verübten systematischen Tötungen von Zivilist:innen, Folter, sexualisierte Gewalt, Entführungen und Geiselnahmen sind völkerrechtliche Straftaten, Kriegsverbrechen sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Von den durch die Hamas verschleppten israelischen Geiseln sollen, von den 59 noch von der Hamas in Gaza festgehaltenen Israelis, noch 24 am Leben und 35 tot bereits sein.
Israel sah sich gezwungen, den Kriegszustand auszurufen und eine Notstandsregierung („Kriegskabinett") wurde von der Knesset bestätigt, um das Land gegen die Hamas zu verteidigen.
Seit der Blockade im März verstärkt sich jedoch die Frage nach der Verhältnismäßigkeit der militärischen Reaktion Israels, sowohl aus humanitärer als auch als völkerrechtlicher Sicht. Denn die Angriffe in Verbindung mit der Einfuhrsperre von lebensnotwendigen Gütern wie Essen und sauberem Wasser sind aus derzeitiger Sicht nicht nur lebensbedrohlich, sondern zu oft tödlich für die palästinensische Bevölkerung, insbesondere für Frauen und Kinder. Die Hilfsorganisationen vor Ort schlagen seit Wochen Alarm. Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IKRK), das über die Genfer Konventionen wacht, die den Umgang mit Zivilist:innen in bewaffneten Konflikten regeln , warnt, dass die Menschen kaum noch überleben können. Das Welternährungsprogramm gab vor wenigen Tagen bekannt, dass alle seine Lebensmittelvorräte im Gazastreifen aufgebraucht seien.
Israel als Besatzungsmacht ist nach dem humanitären Völkerrecht verpflichtet, die Grundbedürfnisse der Bevölkerung zu decken, so das IKRK.
In jeder militärischen Auseinandersetzung sind die Regeln des Völkerrechts, insbesondere des humanitären Völkerrechts einzuhalten. Das gilt auch für Israel im Kampf gegen die Terrororganisation Hamas, und diesbezüglich sind auch schon Verfahren des Internationalen Strafgerichtshofes anhängig.
Vor kurzem beschloss das israelische Sicherheitskabinett einen Plan für eine drastische Ausweitung des Militäreinsatzes im Gazastreifen, mit dem Ziel, den gesamten Gazastreifen einzunehmen. Die palästinensische Bevölkerung soll in den Süden des Gazastreifens umgesiedelt werden. Setzt Israel dies tatsächlich um, wäre das eine weitere massive völkerrechtliche Verletzung, die vom Internationalen Strafgerichtshof zu prüfen sein wird.
Trotz zunehmender Forderungen in der israelischen Öffentlichkeit sowie seitens der israelischen Opposition nach einem Kriegsende bleibt Ministerpräsident Netanjahu nicht nur bei seinem Ziel der Zerstörung der Hamas, sondern will den gesamten Gazastreifen durch weitere Militäroperationen besetzen. US Präsident Trump hindert Israels Regierung bis dato nicht daran, deren Pläne bezüglich Gaza zu realisieren.
EU Außenbeauftragte Kaja Kallas sagte am 8.5. nach einem informellen EU Außenministertreffen in Warschau, die Mehrheit der EU-Staaten sei sich einig, dass die Lage im Gazastreifen unhaltbar sei. Man fordere Israel deswegen auf, die Blockade unverzüglich aufzuheben und sicherzustellen, dass humanitäre Hilfe die Menschen erreiche. Die von Israel geplante Intensivierung der Militäroperationen in Gaza werde zu weiterem Leid für die Zivilbevölkerung führen.
Es war und ist dringend an der Zeit, dass Österreich, die EU und die internationale Gemeinschaft auf Israel einwirken, damit die humanitäre Hilfe zugelassen wird und die Zivilbevölkerung in Gaza genug Nahrung, sauberes Wasser, medizinische Versorgung und ein Dach über den Kopf erhält.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE
1) Österreich setzt sich nachdrücklich für die Einhaltung des humanitären Völkerrechts sowie für den Ausbau der internationalen Rechtsstaatlichkeit ein. Welche Schritte hat das BMEIA bezüglich der Einfuhrsperre der Humanitären Hilfslieferungen seit März 2025 seitens Israels in der jüngsten Vergangenheit gesetzt, um den Druck auf die israelische Regierung diesbezüglich zu erhöhen, mit dem Ziel, die Einfuhrsperre aufzuheben?
1a) Wann wurden diese gesetzt?
1b) Welche diplomatischen Schritte werden angesichts der sich zuspitzenden Lage in Gaza gesetzt, um eine humanitäre Katastrophe zu verhindern?
1c) Welche Maßnahmen wurden und werden auf EU Ebene gesetzt, um auf die verheerende Lage und die massiven Verletzungen des Völkerrechts seitens der israelischen Regierung entsprechend zu reagieren?
2) Mit welchen humanitären Akteuren ist das BMEIA in Kontakt, um sich ein konkretes, möglichst unabhängiges Bild von der Lage zu machen?
3) Gibt es bereits konkrete Pläne, Mittel aus dem Auslandskatastrophenfonds (AKF) bzw. ADA Budgetlinien für Gaza zur Verfügung zu stellen, sobald die Hilfe zur notleidenden Bevölkerung gelangen kann?
3a) Wenn ja, wann und wieviel aus dem AKF und wieviel aus ADA-Mitteln? Welche Organisationen werden unterstützt?
4) Eine der führenden Hilfsorganisationen in Gaza, World Central Kitchen, schloss am 8.5.2025 ihre Suppenküchen aufgrund nicht mehr vorhandener Lebensmittel.
4a) Welche Informationen zur Versorgungslage und zu diesem konkreten Fall hat das BMEIA bisher erhalten?
4b) Welche Schritte setzte das BMEIA in Kooperation mit anderen, auf internationaler bzw. EU Ebene oder bilateral, nach Erhalt dieser Informationen, die de facto bedeuten, dass nun tatsächlich alle noch vorhandenen Lebensmittelreste aufgebraucht sind , um eine größere Menge an Essen für die Zivilbevölkerung zur Verfügung zu stellen?
5) Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) hat am 21 . November 2024 Haftbefehle gegen den israelischen Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, den ehemaligen Verteidigungsminister Yoav Gallant und den inzwischen getöteten Hamas-Führer Mohammed Diab lbrahim Al-Masri Deif (Mohammed Deif) erlassen. Allen Beschuldigten wird vorgeworfen, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen zu haben. Wie wird sich Österreich verhalten, wenn Ministerpräsident Netanjahu österreichischen Boden betritt bzw. wie wäre Österreich darauf vorbereitet?
6) Angesichts der Entwicklungen im Nahost-Konflikt kommt die Zusammenarbeit der EU mit Israel auf den Prüfstand : Nach Angaben von EU-Chefdiplomatin Kaja Kallas wurde vereinbart, bei einem Außenministertreffen in knapp zwei Wochen zu überprüfen, ob Israel sich noch an Grundprinzipien des Assoziierungsabkommens hält.
6a) Wie wird Österreich sich dazu positionieren?
6b) Welche weiteren Möglichkeiten auf EU Ebene gibt es, um die Beendigung der Blockade der Hilfslieferungen seitens Israels herbeizuführen? Welche Vorschläge bringt Österreich ein?