2368/J XXVIII. GP
Eingelangt am 13.05.2025
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ANFRAGE
der Abgeordneten Mag. Katayun Pracher-Hilander
an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Konsumentenschutz, Regionen und Wasserwirtschaft
betreffend Sicherung des Grundrechts auf Trinkwasser und Umgang mit der EU-Wasserpolitik
Die Versorgung der Bevölkerung mit sauberem, gesundem und leistbarem Trinkwasser zählt zu den wichtigsten Aufgaben des Staates. Österreich verfügt über hochwertige Wasserressourcen, deren Schutz und nachhaltige Nutzung von zentraler Bedeutung für die Lebensqualität, den Umweltschutz und die öffentliche Gesundheit sind. In vielen Regionen des Landes wird die Trinkwasserversorgung durch Gemeinden oder kommunale Einrichtungen sichergestellt. Dies gewährleistet einen hohen Versorgungsstandard und ein starkes Vertrauen in die öffentliche Wasser-infrastruktur.
Mit der Verankerung der Trinkwasserversorgung als Teil der Daseinsvorsorge im Bundesverfassungsgesetz über die Nachhaltigkeit, den Tierschutz, den umfassenden Umweltschutz, die Sicherstellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung und die Forschung (BGBl. I Nr. 82/2019)[1] wurde klargestellt, dass das öffentliche Eigentum an der Trinkwasserversorgung sowie die Verfügungsgewalt darüber im Interesse der Bevölkerung in öffentlicher Hand zu verbleiben haben.
Auf europäischer Ebene verfolgt die Europäische Union mit Rechtsakten wie der Trinkwasserrichtlinie (EU) 2020/2184[2] und der Wasserrahmenrichtlinie 2000/60/EG[3] das Ziel, den Zugang zu Trinkwasser zu verbessern, Umweltstandards zu vereinheitlichen und die Qualität der Wasserressourcen langfristig zu sichern. Diese Richtlinien enthalten sowohl verbindliche Qualitätsstandards als auch Zielvorgaben zur ökologischen Entwicklung der Gewässer und zur Verbesserung der Versorgungs-strukturen in den Mitgliedstaaten.
In der nationalen Umsetzung ergeben sich daraus verschiedene Herausforderungen, etwa hinsichtlich der Rolle der Gemeinden und der Auswirkungen auf kleinere regionale Versorger sowie der finanziellen und organisatorischen Belastungen.
In diesem Zusammenhang richtet die unterfertigte Abgeordnete an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Konsumentenschutz, Regionen und Wasserwirtschaft nachstehende
Anfrage
1. Welche Maßnahmen wurden seit Inkrafttreten der Verfassungsbestimmung konkret gesetzt, um die Versorgung mit hochwertigem Trinkwasser langfristig abzusichern?
2. Gibt es Überlegungen, das verfassungsmäßige Recht auf Zugang zu sauberem Trinkwasser ausdrücklich als subjektives Recht zu formulieren?
a. Falls ja, welche rechtlichen oder politischen Schritte sind dafür geplant?
b. Falls nein, aus welchen Gründen wird auf eine solche verfassungs-rechtliche Absicherung verzichtet?
3. Welche konkreten Schritte werden unternommen, um Gemeinden in ihrer Verantwortung zur Sicherstellung der öffentlichen Wasserversorgung zu stärken?
4. Wie wird sichergestellt, dass keine direkte oder indirekte Privatisierung von Wasserversorgungseinrichtungen erfolgt?
5. Welche Mechanismen bestehen, um Verletzungen der Verfassungs-bestimmung (z.B. bei Teilprivatisierungen) zu erkennen und zu sanktionieren?
6. Inwiefern wird die Nachhaltigkeit der Wasserbewirtschaftung auch auf Verfassungsebene weiterentwickelt, insbesondere im Sinne ökologischer Mindeststandards?
7. Welche konkreten Maßnahmen wurden seit Inkrafttreten der EU-Trinkwasser-richtlinie 2020/2184 auf Bundesebene gesetzt, um die Anforderungen der Richtlinie in nationales Recht umzusetzen?
8. Inwiefern wurden im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie risikobasierte Ansätze zur Überwachung der Trinkwasserversorgung in Österreich eingeführt oder erweitert?
9. Gibt es ein zentrales Überwachungssystem zur regelmäßigen Erfassung und Veröffentlichung der Trinkwasserqualität in Österreich?
a. Wenn ja, wie wird sichergestellt, dass die Ergebnisse transparent und öffentlich zugänglich sind?
10. Wie wird sichergestellt, dass auch in ländlichen oder strukturschwachen Regionen der langfristige Zugang zu qualitativ hochwertigem Trinkwasser gewährleistet bleibt?
11. Wie hoch sind die Wasserverluste in den öffentlichen Trinkwassernetzen in Österreich derzeit?
a. Welche Maßnahmen wurden ergriffen, um diese zu reduzieren?
12. Welche Informationspflichten bestehen für große Wasserversorger hinsichtlich Wasserverlusten, Energieverbrauch und Ressourceneffizienz?
a. Werden diese Informationen regelmäßig veröffentlicht?
13. Welche Maßnahmen wurden seit Inkrafttreten der EU-Wasserrahmenrichtlinie 2000/60/EG umgesetzt, um den „guten Zustand“ aller Oberflächen- und Grundwasserkörper in Österreich zu erreichen?
14. Unterstützen Sie die Position, dass der Zugang zu sauberem Trinkwasser als Grundrecht auch auf europäischer Ebene weiter gestärkt werden sollte?
a. Wenn ja, welche Maßnahmen oder Initiativen werden dazu unterstützt oder angeregt?
15. Wie bewerten Sie die Ziele und Vorgaben der überarbeiteten EU-Trinkwasser-richtlinie hinsichtlich Qualitätssicherung und Zugang zu Trinkwasser?
a. Welche konkreten Chancen ergeben sich daraus für Österreich?
b. Welche Aspekte der Richtlinie werden als problematisch angesehen?
16. Wie viele der österreichischen Gewässer befinden sich laut aktuellem Gewässerzustandsbericht in einem ökologisch und chemisch guten Zustand?
a. Welche Maßnahmen sind für die Gewässer mit unzureichendem Zustand konkret geplant?
17. Welche Fortschritte wurden im dritten Nationalen Gewässer-bewirtschaftungsplan erzielt und wie ist der aktuelle Stand der Umsetzung?
18. Welche Hauptbelastungen (z.B. Nährstoffeinträge, Schadstoffe, Verbauungen) verhindern derzeit das Erreichen der Umweltziele gemäß Wasserrahmen-richtlinie?
19. Inwiefern werden die Prinzipien der Wasserrahmenrichtlinie bei Infrastruktur- und Landwirtschaftsprojekten berücksichtigt, insbesondere hinsichtlich Eingriffen in Gewässerökosysteme?
20. Gibt es Förderprogramme zur ökologischen Gewässerentwicklung und Renaturierung im Sinne der Richtlinie?
a. Wenn ja, wie hoch waren die dafür vorgesehenen Mittel in den letzten 5 Jahren?
21. Wie erfolgt die Einbindung der Öffentlichkeit bei der Erarbeitung und Umsetzung der Gewässerbewirtschaftungspläne?
22. Welche Maßnahmen sind zur weiteren Verbesserung des Gewässerschutzes bis 2027 vorgesehen, insbesondere in Hinblick auf die Verlängerung von Fristen oder Ausnahmen nach Artikel 4 der Richtlinie?
23. Unterstützen Sie grundsätzlich die Position, dass die Wasserversorgung dauerhaft in öffentlicher Hand bleiben soll?
a. Wenn nein, welche Modelle oder Alternativen werden diskutiert?
24. Gab es seit der Verankerung des Rechts auf Trinkwasser in der Verfassung Evaluierungen oder Berichte zur Umsetzung dieser Bestimmung?
a. Wenn ja, zu welchen Ergebnissen kamen diese?
b. Wenn nein, warum wurde auf eine Evaluierung verzichtet?
25. Inwieweit wurden Forschungsprogramme auf Basis des erweiterten Verfassungsauftrags zur Förderung wissenschaftlicher Arbeit in den genannten Bereichen angepasst oder neu aufgelegt?
26. Wie wird die Einhaltung und Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitsziele im Sinne des BGBl I Nr. 82/2019 langfristig kontrolliert und gesichert?
27. Welche Institutionen oder Mechanismen sind konkret mit der Überprüfung und Evaluierung im Bereich Wasserschutz betraut?
28. Welche konkreten Maßnahmen wurden auf Landesebene initiiert, um die Umsetzung der verfassungsrechtlich verankerten Prinzipien zu unterstützen?
29. Welche Maßnahmen sind vorgesehen, um die bestehende verfassungs-rechtliche Absicherung des Zugangs zu Trinkwasser weiter zu stärken?
a. Ist eine Ausweitung oder Präzisierung dieser Regelung geplant?
30. Gibt es nach Ihren Einschätzungen derzeit Bestrebungen auf EU-Ebene, private Akteure stärker in die Trinkwasserversorgung einzubinden?
a. Wenn ja, wie wird die Wahrung öffentlicher Kontrolle über die Versorgung sichergestellt?
31. Besteht aus Ihrer Sicht die Gefahr, dass durch die Umsetzung europäischer Richtlinien die Zuständigkeit der Gemeinden für die Trinkwasserversorgung geschwächt wird?
a. Wenn ja, welche Maßnahmen sollen dem entgegenwirken?
32. Welche konkreten Verpflichtungen ergeben sich für österreichische Wasser-versorger aus der Trinkwasserrichtlinie 2020/2184?
a. Welche Unterschiede ergeben sich dabei für größere und kleinere Gemeinden?
33. Mit welchen finanziellen Auswirkungen rechnen Sie für Gemeinden und Wasserversorger durch die Umsetzung der EU-Vorgaben im Trinkwasser-bereich?
a. Falls mit erheblichen Kosten zu rechnen ist, sind nationale Unter-stützungsmaßnahmen geplant?
34. Wird es nach derzeitiger Einschätzung möglich sein, die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie, insbesondere den „guten Zustand“ aller Gewässer bis 2027 in Österreich zu erreichen?
a. Wenn nein, welche Hindernisse bestehen und wie soll darauf reagiert werden?