2376/J XXVIII. GP

Eingelangt am 13.05.2025
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Elisabeth Heiß

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Debanking - Kontokündigungen aufgrund politischer Weltanschauung

 

 

Die in den vergangenen Wochen medial bekannt gewordenen Fälle, in denen österreichische Finanzinstitute Geschäftsbeziehungen mit juristischen Personen beendet haben, geben Anlass zu ernsthafter Besorgnis. Besondere Brisanz erhalten diese Fälle dadurch, dass offenbar keine konkreten strafrechtlichen Vorwürfe oder anhängigen Ermittlungen gegen die betroffenen Organisationen vorliegen. Vielmehr mehren sich Hinweise, wonach in einzelnen Fällen eine politische oder weltanschauliche Nähe – oder auch nur deren vermutete Existenz – Anlass für die Beendigung der Bankverbindung gewesen sein könnte.

 

In einer liberalen Demokratie darf der Zugang zum Finanzsystem nicht durch politische Meinungen oder ideologische Positionierungen beeinflusst werden. Eine solche Praxis würde wesentliche Grundrechte wie die Meinungsfreiheit, die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit und das Diskriminierungsverbot berühren.

 

Grundsätzlich steht es Banken im Rahmen ihrer zivilrechtlichen Vertragsfreiheit zu, Geschäftsbeziehungen zu beenden. Diese Freiheit findet jedoch dort ihre Grenze, wo systematische oder koordinierte Maßnahmen unter Umgehung rechtlicher Prüfmechanismen zur Einschränkung politischer Partizipation führen oder den Eindruck erwecken, dass wirtschaftliche Sanktionen zur politischen Einflussnahme genutzt werden.

 

Besorgniserregend ist auch der Umstand, dass Banken innerhalb eines kurzen Zeitraums in ähnlich gelagerten Fällen vergleichbare Maßnahmen gesetzt haben. Dies wirft Fragen hinsichtlich einer möglichen informellen Koordination, eines etwaigen Drucks von dritter Seite oder sogar einer unzulässigen Einflussnahme durch ausländische Stellen oder überstaatliche Netzwerke auf. Die parlamentarische Kontrolle dient der Wahrung rechtsstaatlicher Prinzipien und der Sicherstellung, dass weder durch staatliches noch durch privates Handeln Grundrechte verletzt oder demokratische Prozesse untergraben werden. Die in Rede stehenden Vorgänge betreffen sensible Fragen des institutionellen Vertrauens und werfen schwerwiegende Fragen hinsichtlich möglicher rechtswidriger Diskriminierung und politischer Einflussnahme auf. Eine lückenlose Aufklärung ist daher geboten.

 

 

In diesem Zusammenhang richtet die unterfertigte Abgeordnete an den Bundes-minister für Finanzen nachstehende

 

Anfrage

 

1.    Liegen Ihrem Ministerium Erkenntnisse über eine Zunahme von Kündigungen von Bankkonten durch österreichische Kreditinstitute aufgrund ideologischer, weltanschaulicher oder politischer Erwägungen vor?

2.    Sind Ihrem Ministerium konkrete Fälle bekannt, in denen Bankkunden – ohne anhängige strafrechtliche Verfahren oder begründete Verdachtsmomente – die Geschäftsbeziehung durch österreichische Banken gekündigt wurde?

3.    Gibt es seitens der Finanzmarktaufsicht (FMA) laufende oder abgeschlossene Prüfverfahren in Zusammenhang mit der Beendigung von Geschäfts-beziehungen durch österreichische Banken aufgrund von „Risiko-einschätzungen“, die auf politische oder ideologische Zuschreibungen zurückzuführen sind?

4.    Wie beurteilt Ihr Ministerium die rechtliche Zulässigkeit der Beendigung von Geschäftsbeziehungen durch Banken bei fehlender objektiver Risikolage oder ohne konkretisierte Verdachtsmomente?

5.    Wurde im Zuge dieser Fälle eine rechtliche Prüfung hinsichtlich eines möglichen Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot, das Recht auf Gleichbehandlung oder die unternehmerische Freiheit der Betroffenen veranlasst?

6.    Bestehen Hinweise auf eine koordinierte Vorgangsweise zwischen mehreren Banken im Hinblick auf Kündigungen bestimmter Kunden?

7.    Gibt es – Ihrem Ministerium bekannt – informelle oder formelle Absprachen zwischen österreichischen Banken oder mit ausländischen Stellen (z.B. deutschen Behörden oder Banken) betreffend gemeinsame Risiko- oder Verdachtsprofile?

8.    Wie ist die rechtliche Grundlage für etwaige informelle Kooperationsformen zwischen österreichischen Banken und ausländischen Institutionen oder Banken im Zusammenhang mit Maßnahmen, die faktisch hoheitliche Wirkung entfalten?

9.    Inwieweit ist es österreichischen Banken erlaubt, im Rahmen einer Verdachtsmeldung nach dem Finanzmarkt-Geldwäschegesetz (FM-GwG) ohne konkreten Anlass Geschäftsbeziehungen zu beenden?

10. Bestehen derzeit Verfahren bei österreichischen Strafverfolgungsbehörden (insbesondere WKStA), von denen Personen betroffen sind, die im Zusammen-hang mit den erwähnten Debanking-Maßnahmen stehen?

11. Plant Ihr Ministerium eine Überprüfung bestehender bankaufsichtsrechtlicher Regelungen im Hinblick auf Transparenz und Rechtsschutz bei Konto- und Geschäftsbeendigungen?

12. Welche Maßnahmen ergreift Ihr Ministerium, um sicherzustellen, dass politische Meinungsäußerung und demokratische Betätigung nicht zur wirtschaftlichen Exklusion führen?