2391/J XXVIII. GP

Eingelangt am 14.05.2025
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ANFRAGE

der Abgeordneten Dr. Barbara Kolm, Peter Wurm, Dr. Dagmar Belakowitsch, MMag. Alexander Petschnig

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Einführung des digitalen Zentralbankgeldes „Digitaler Euro“

 

 

Auf Betreiben der Europäischen Kommission arbeitet die Europäische Zentralbank (EZB) bereits seit über 5 Jahren an der Einführung des sogenannten „Digitalen Euro“ (D€, digitales Zentralbankgeld). Kürzlich wurde die Taktung beschleunigt, die Frist der EZB für die technische Startklarheit ist nun Oktober 2025. Derzeit wird die EU-Legislative („Rulebook“) zwischen EZB und Trilog ausgearbeitet, dieser Entwicklungs-prozess des Regelwerks ist wie gewöhnlich bei solch kritischen EU-Vorhaben äußerst intransparent.

 

Grundsätzlich ist der „Digitale Euro“ eine pseudostaatliche zentralisierte Block Chain, also ein Zahlungsmittel in (beliebig) programmierbaren Anwendungen. Digitales Zentralbank-geld ist hoch experimentell und bei weitem nicht ausgereift. Es ist nicht zu verwechseln mit Giralgeld und dem heute völlig üblichen bargeldlosen Zahlungs-verkehr (der uns durch private Unternehmen ermöglicht wird), und ist auch nicht unter Digitalisierung zu verstehen. Sämtliche fundamentalen Fragen zum digitalen Zentralbankgeld sind noch völlig offen (Verzinsung, Haltelimits, …). US-Präsident Trump hat das Projekt des „Digitalen US-Dollar“ voll gestoppt, demgegenüber betreibt das kommunistische China das Projekt „Digitaler Yuan“ weiter.

 

Giralgeld ist heute allgegenwärtig und private Zahlungsanbieter und privatwirt-schaftliche Banken wickeln den bargeldlosen Zahlungsverkehr bestens ab. Der „Digitale Euro“ ist eine vorgebliche Lösung, die erst nach dem zu lösenden Problem suchen muss: Er bringt uns nichts Neues, was unseren Alltag und das Geschäftsleben erleichtern oder verbessern würde. Es stellt sich also die politische Frage: Wem nützt das? Diese bei der EZB zentralisierte Blockchain namens „Digitaler Euro“ taugt zu nichts anderem, außer zur Umgehung der privaten Geschäftsbanken und deren Geschäftsmodellen, zur Überwachung jedes Erwachsenen - es ist ein potenzieller Frontalangriff auf die Privatsphäre und Privatautonomie aller EU-Bürger und Unternehmen.

 

Das Projekt „Digitaler Euro“ wird im politischen Betrieb in Brüssel oft damit gerechtfertigt, dass es eine bessere Umsetzung der Geldpolitik ermöglichen würde. „Geldpolitik” kann in diesem Zusammenhang aber auch bedeuten, dass die Verfügungsmacht über das eigene Geld eingeschränkt werden kann. So könnte beispielsweise aus Gründen der „wirtschaftlichen Stabilität” über Nacht eine Obergrenze eingeführt werden, nämlich wie viel Geld pro Monat bzw. wofür pro Person ausgegeben werden darf.

 

Zudem wäre durch die genaue Überwachungsmöglichkeit aller Transaktionen möglich, eine Art „Social Credit System” nach rot-chinesischem Muster: Führt eine Person Transaktionen oder Tätigkeiten durch, die politisch unerwünscht sind, könnten dann bestimmte Transaktionen temporär gesperrt werden (bspw. keine Flugtickets kaufen, oder nur Produkte des täglichen Lebens sind kaufbar). Ein Blick auf ein Pilotprojekt mit Schülern im kommunistischen China zeigt, dass (im Gegensatz bei Bargeldnutzung) die Bewegung jeder digitalen Währungseinheit von der Bank oder Behörde jederzeit nachverfolgt werden kann: Eine „Smart Student Card“ enthält neben dem Wallet einen GPS-Standortmelder, vorgeblich um besser Notrufe absenden zu können. Der Standort der am Projekt teilnehmenden Schüler ist jederzeit sichtbar. Mit einem NFC-Modul können die Schüler mit der Karte bezahlen. Auch Smart Contracts sind Teil der Karte: Die Schule kann geeignete Händler in- und außerhalb der Schule auswählen, bei denen die Schüler Geld auf ihrer Karte ausgeben können. Eltern, Schulen und Behörden können Ausgaben jederzeit nachverfolgen. Aus der Ferne können „Digitale Yuan“ auf der Karte aufgefüllt werden. Beobachter verorten in den Bemühungen, chinesisches Zentralbankgeld einzuführen, ein starkes Social-Engineering-Momentum.

 

In Zusammenschau mit dem bereits in Ausrollung befindlichen EU-Vermögensregister (AMLA, mit ÖVP-Stimmen im Rat der EU beschlossen), dem Vorhaben der „EU-Chat-kontrolle“ (Einblick in endverschlüsselte Messenger wie WhatsApp, Briefgeheimnis) und dem geltenden Digital Services Act („Moderation“ von Meinungen bzw. „Hate Speech“ in Social Media) entsteht ein Bild einer künftigen EU, die vollständige Überwachung und größtmögliche Lenkung über den Einzelnen erlangen will. Der „Digitale Euro“, der mehr Staat und weniger privat bringt, ohne dabei irgendein gegenwärtiges Problem zu lösen, kann in diesem Lichte nur von jemanden befürwortet werden, der mangelhaftes Vertrauen in die EU-Bürger hat, der überwachen können will und der das Kollektiv über das Individuum stellt.

 

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Finanzen nachstehende

 

Anfrage

 

1.    Was ist der „Digitale Euro“ Ihrem bzw. dem Informationsstand Ihres Ressorts dem Wesen nach?

2.    Welche konkrete Rechtsgrundlage im EU-Primärrecht legitimiert die EU bzw. die EZB zur Einführung eines digitalen Zentralbankgeldes?

3.    Wann ist den Informationen in Ihrem Ressort nach mit der Einführung des „Digitalen Euro“ zu rechnen?

4.    In welcher Form sind Beamte bzw. Ressort-Experten des BMF in das Projekt „Digitaler Euro“ eingebunden?

5.    Arbeiten Experten Ihres Ressorts konkret im Entwicklungsprozess des Regelwerks für den „Digitalen Euro“ mit?

a.    Wenn ja, welche konkreten inhaltlichen Positionen haben die entsprechenden Experten bzw. Beamten Ihres Ressorts in diesem Entwicklungsprozess bisher vertreten?

6.    Welche externen Experten bzw. Organisationen sind Ihnen oder Ihrem Ressort bekannt, die von EZB oder EU-Kommission in dieses Projekt eingebunden sind?

7.    Gibt es zum Projekt „Digitaler Euro“ eine Kooperation, gemeinsames Vorgehen, eine Abstimmung oder einen Austausch zwischen Ihrem Ressort und der Österreichischen Nationalbank?

a.    Wenn ja, wie erfolgt dies konkret?

8.    Liegen Ihnen oder Ihrem Ressort Informationen vor, dass private Finanz-institute, Marktteilnehmer und Verbraucherschutzorganisationen eingebunden sind?

a.    Wenn ja, um welche handelt es sich dabei?

9.    Welche Maßnahmen haben Sie oder Ihr Ressort ergriffen, um sicherzustellen, dass die Interessen der Bürger, der Verbraucher, der Industrie und kleinen Unternehmen in diesem Zusammenhang ausreichend berücksichtigt werden?

10. Welche Position vertreten Sie bzw. Ihr Ressort (bisher) zum „Digitalen Euro“?

11. Ist bzw. ermöglicht die Einführung des „Digitalen Euro“ eine Währungsreform durch die Hintertür?

12. Liegen Ihnen bzw. Ihrem Ressort Informationen vor, warum die US-Regierung das Projekt „Digitaler US-Dollar“ gestoppt hat?

a.    Wenn nein, warum nicht?

b.    Wenn ja, welche Informationen sind das konkret?

13. Welche konkreten Kosten in welcher Höhe erwarten Sie oder Ihr Ressort für die Implementierung des „Digitalen Euro“ für die nationalen Zahlungssysteme und die beteiligten Finanzinstitute?

14. Welche Maßnahmen werden auf EU-Ebene (von Kommission, Rat bzw. Europäischen Parlament) und von Ihnen bzw. Ihrem Ressort ergriffen, um die Sicherheit und den Datenschutz der Nutzer des „Digitalen Euro“ zu gewähr-leisten?

15. Wie wird auf EU-Ebene (von Kommission, Rat bzw. Europäischen Parlament) und von Ihnen bzw. Ihrem Ressort verhindert, dass der „Digitale Euro“ nicht zu einem Instrument der Überwachung wird, welches die Privatsphäre der Bürger gefährden und deren Privatautonomie einschränken kann?

16. Wie wird sichergestellt, dass der „Digitale Euro“ nicht die Privatautonomie des einzelnen Bürgers einschränken kann?

17. Inwiefern wird das Regelwerk des „Digitalen Euro“ bzw. inwiefern wird der „Digitale Euro“ dazu beitragen, die derzeitige Marktfragmentierung zu über-winden und den Wettbewerb zu fördern?

18. Welche Risiken sehen Sie bzw. Ihr Ressort in Bezug auf die Monopolisierung des Zahlungsverkehrsmarktes durch die EZB bzw. andere Finanzinstitutionen?

19. Wie wird die Verzinsung des „Digitalen Euro“ erfolgen?

20. Wird es Haltelimits des „Digitalen Euro“ geben?

a.    Wenn ja, für wen in welchen Höhen?

21. Welche technischen und operativen Herausforderungen sehen Sie bzw. Ihr Ressort bei der Einführung des „Digitalen Euro“ und wie sollen diese bewältigt werden?

22. Wie wird sichergestellt, dass der „Digitale Euro“ nahtlos in bestehende Zahlungssysteme integriert wird?

23. Wie flexibel ist das Regelwerk des „Digitalen Euro“, um zukünftige Anpassungen und technologische Entwicklungen zu berücksichtigen?

24. Welche Mechanismen sind vorgesehen, um das Regelwerk regelmäßig zu überprüfen und anzupassen?