2442/J XXVIII. GP
Eingelangt am 19.05.2025
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Anfrage
der Abgeordneten David Stögmüller, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Nachbeschaffung von Jet-Trainern – ohne Budget
Nach dem endgültigen Ausscheiden der Saab 105 im Jahr 2020 verfügt das österreichische Bundesheer seit fünf Jahren über keine Trainingsjets. Dies führt dazu, dass die Eurofighter für sämtliche Einsätze herangezogen werden müssen, was erhebliche Kostensteigerungen und operationale Herausforderungen mit sich bringt – sowohl bei der Luftraumüberwachung als auch in der Pilotenausbildung.
Im August 2024 kündigte Verteidigungsministerin Klaudia Tanner an, das Angebot Italiens für den Ankauf von Leonardo M-346-Jet-Trainern zu prüfen[1]. Ende Dezember fiel dann die endgültige Entscheidung zugunsten des italienischen Herstellers. Laut Angaben des Bundesministeriums für Landesverteidigung (BMLV) sollen im Rahmen eines „Government-to-Government“-Geschäftes mit Italien zwölf Stück des Leonardo M-346FA Jets gekauft werden[2].
Diese Entscheidung ist von großer finanzieller Tragweite und Sensibilität, insbesondere im Kontext der Erfahrungen aus dem Eurofighter-Ankauf. Daher ist ein transparenter und rechtlich einwandfreier Beschaffungsprozess von entscheidender Bedeutung, um potenzielle Risiken und Missstände zu vermeiden.
Den Anfragestellern liegen Informationen vor, die auf wesentliche Unstimmigkeiten zwischen dem Generalstab, der politischen Führung sowie den betroffenen Abteilungen im BMLV hinweisen – insbesondere im Hinblick auf Budgetfragen und den genauen Ablauf des Vergabeprozesses. Es bleibt unklar, welche Alternativen geprüft wurden, warum die Wahl auf die italienischen Jets fiel und ob die notwendigen Budgetmittel überhaupt zur Verfügung stehen.
Ebenso fehlen bisher detaillierte Angaben zu den geplanten Kosten, der konkreten Ausstattung der M-346FA und zur Finanzierung. Dies wirft die Frage auf, ob die Finanzprokuratur den Vergabe- und Vertragsabschlussprozess begleitet hat und welche Risiken im Hinblick auf mögliche Schadensersatzklagen bestehen, falls die notwendige Finanzierung nicht gesichert werden kann.
Aus verteidigungspolitischer Sicht stellen sich zudem weitere Fragen. Während die Eurofighter der Tranche 1 in anderen Staaten schrittweise ausgemustert werden, wird intern mit einem Ende ihrer Einsatzfähigkeit spätestens 2035 gerechnet. Ersatzteile werden teurer, Software-Updates könnten ausbleiben und die Betriebskosten weiter steigen. Gleichzeitig ist eine Lieferung der neuen Leonardo-Jets frühestens 2029 zu erwarten[3].
Die Ankündigung von Industriekooperationen zwischen Österreich und Italien, um Wertschöpfung nach Österreich zu holen, ist zwar zu begrüßen, doch muss auch hier Transparenz gewährleistet sein, damit alle relevanten Industriebeteiligten gleiche Chancen erhalten.
Um die öffentliche Debatte und das Vertrauen in diesen Beschaffungsprozess zu fördern, sind umfassende Aufklärung und Antworten erforderlich. Das Finanzministerium und die Finanzprokuratur spielen hierbei eine Schlüsselrolle, um sicherzustellen, dass Budgetfragen rechtzeitig geklärt werden und die rechtliche sowie finanzielle Sicherheit dieses Vorhabens gewährleistet ist.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
1. Wurde das Budget für die Beschaffung der Leonardo M-346 Jets seitens des Finanzministeriums bereits vollständig freigegeben?
a. Falls nein, wann wird die Freigabe erwartet?
b. Falls ja, aus welchen konkreten Mitteln erfolgt die Finanzierung?
2. Gibt es eine Aufstellung darüber, ob die Budgetmittel aus dem laufenden Jahresbudget oder aus zusätzlichen Rücklagen des BMLV entnommen werden sollen?
3. Wurde ein Sonderbudget beantragt oder bewilligt, um die Beschaffung der Leonardo M-346 zu finanzieren?
a. Falls ja, wie hoch ist dieses Sonderbudget?
b. Falls nein, warum wurde darauf verzichtet?
4. Ist die langfristige Finanzierung der Betriebskosten und der Life-Cycle-Costs (LCC) für die Leonardo M-346 bereits gesichert? Sind Ihnen Informationen dazu übermittelt worden?
5. Wurde geprüft, ob andere Budgetbereiche innerhalb der UG 14 durch die Beschaffung der Leonardo-Jets beeinträchtigt werden könnten?
6. Hat die Finanzprokuratur den Vergabeprozess sowie den Vertragsabschluss rechtlich begleitet?
a. Wenn ja, zu welchem Zeitpunkt und in welchem Umfang war die Finanzprokuratur involviert?
b. Wenn nein, warum wurde auf eine solche Begleitung verzichtet?
7. Hat die Finanzprokuratur eine Risikobewertung im Hinblick auf mögliche Schadensersatzforderungen im Falle von Verzögerungen oder Budgetproblemen erstellt?
8. Welche Maßnahmen hat die Finanzprokuratur empfohlen, um potenzielle rechtliche Risiken im Beschaffungsprozess zu minimieren?
9. Gibt es bereits bindende Verträge oder Vereinbarungen (z. B. Memoranda of Understanding) mit Leonardo oder der italienischen Regierung?
a. Falls ja, wurden diese vor Unterzeichnung durch die Finanzprokuratur geprüft?
10. Welche rechtlichen Verpflichtungen bestehen bereits im Rahmen des Government-to-Government-Geschäfts mit Italien?
11. Gibt es Klauseln in den Verträgen, die bei einer eventuellen Nichteinhaltung des Budgets Schadensersatzforderungen durch Leonardo oder die italienische Regierung vorsehen?
12. Besteht ein Risiko, dass Schadensersatzklagen durch Leonardo oder andere beteiligte Parteien entstehen, falls die Finanzierung nicht sichergestellt wird?
13. Welche Sicherheiten hat der österreichische Staat gegenüber Leonardo und anderen beteiligten Parteien im Fall von Lieferverzögerungen oder Leistungsmängeln?
14. Hat das Finanzministerium Maßnahmen zur Überprüfung der Einhaltung von Compliance-Vorgaben im Zusammenhang mit dieser Beschaffung getroffen?
a. Falls ja, welche konkreten Maßnahmen wurden durchgeführt?
b. Falls nein, warum nicht?
15. Wurden externe Berater, Vermittler oder sonstige Dritte in den Beschaffungsprozess eingebunden?
a. Falls ja, wurden Provisionen oder Gebühren an diese Dritten gezahlt?
b. Falls ja, in welcher Höhe und auf welcher rechtlichen Grundlage erfolgten diese Zahlungen?
16. Welche finanziellen oder rechtlichen Konsequenzen drohen dem Bund, wenn die Beschaffung nicht fristgerecht oder überhaupt nicht abgeschlossen werden kann?
17. Wurden mögliche Schadensersatzforderungen im Hinblick auf Verzögerungen oder Nichtabschluss der Beschaffung seitens Leonardo oder anderer beteiligter Parteien geprüft?
18. Gibt es rechtliche Schritte oder Empfehlungen, die von der Finanzprokuratur vorbereitet wurden, um den Bund vor zukünftigen Schadensersatzforderungen zu schützen?
19. Wie plant das Finanzministerium, sicherzustellen, dass eine Überlastung des laufenden Budgets durch unerwartete Zusatzkosten vermieden wird?
[1] https://www.kleinezeitung.at/politik/innenpolitik/18799578/bundesheer-bekam-angebot-fuer-italienische-jet-trainer
[2] https://www.bundesheer.at/aktuelles/detail/saab-105-nachfolge-oesterreich-kauft-zwoelf-stueck-leonardo-m-346fa-jets
[3] https://www.bundesheer.at/aktuelles/detail/saab-105-nachfolge-oesterreich-kauft-zwoelf-stueck-leonardo-m-346fa-jets