2452/J XXVIII. GP

Eingelangt am 22.05.2025
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Andreas Ottenschläger, Mst. Joachim Schnabel, Dr. Gudrun Kugler Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Innovation, Mobilität und Infrastruktur

betreffend „Lobautunnel umgebracht" - Verdacht der politischen Einflussnahme durch die damalige Bundesministerin Leonore Gewessler zur Verhinderung eines gesetzlich verankerten Straßenprojekts

Ein jüngster Medienbericht über E-Mails unter Beamten Ihres Ressorts unter dem Titel „Lobautunnel ' umgebracht'" erhärtet einen Verdacht, der in Kreisen von Verkehrsexperten schon des Öfteren geäußert wurde: Der Verdacht der politischen Einflussnahme durch die damalige Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (29.01.2020 - 03.03.2025), Leonore Gewessler, um ein gesetzlich verankertes Straßenprojekt (Bundesstraßengesetz 1971 – BStG 1971), insbesondere den Lückenschluss im Verlauf der S 1, Wiener Außenring Schnellstraße, zu verhindern.

Denn die „Absage" durch die Bundesministerin von gesetzlich verankerten Bauprojekten bzw. Streckenverläufen von Bundesschnellstraßen oder Bundesautobahnen hat schon früh viele Fragen aufgeworfen. Schließlich gab es für das genannte Projekt eine positiv abgeschlossene Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), die alle möglichen Aspekte in einem systematischen Verfahren bewertete. Namhafte Juristen diskutierten und diskutieren heute noch, ob man einen gesetzlich verankerten Bau einfach so absagen könne.

Neben der gebotenen Rechtssicherheit hat sich durch die durch die Bundesministerin a.D. beauftragte Evaluierung bald die Frage erhoben, ob etwa Aspekte wie Verkehrssicherheit, Bodenverbrauch unter Berücksichtigung einer alternativ drohenden Zersiedelung oder die notwendige Entlastung von Menschen in den Regionen, etwa an der total überlasteten Wiener Südosttangente (A 23), eine seriöse Würdigung erfahren. Schließlich ist mit Gewesslers Entscheidung die beste und zeitnahste Perspektive – trotz jahrelanger, detailreicher und intensivster Prüfung (Das Projekt S 1 wurde mehrfach seit 2003 geprüft) - in weite Ferne gerückt, die Wiener Südosttangente (A 23) mit ihren alltäglichen, stundenlangen Staus wirksam zu entlasten, was auch die durch Dauerstau auf der Tangente bedingten zusätzlichen Emissionen reduzieren könnte. Vor allem aber auch Tausende unmittelbar betroffene Menschen im Bezirk Donaustadt müssen weiter LKW-Kolonnen ertragen.

Zweifel an der fachlichen Ausgestaltung des Evaluierungsberichts haben Verkehrsexperten bereits sehr früh erhoben. Die nun an das Licht der Öffentlichkeit gelangten E-Mails bestätigen, was bereits Verdachtslage war: Der Bericht ist einseitig, weil er nur Fakten berücksichtigt, die das Projekt S1 schlecht darstellen. Kompensierende Maßnahmen wie etwa der Ausbau der Öffentlichen Verkehrsmittel, die flächendeckende Parkraumbewirtschaftung oder der Umstieg auf eMobilität und umweltfreundlichere LKW wurden nicht berücksichtigt.

Weiters wurde bemängelt, dass der Bericht methodisch falsch und widersprüchlich sei.

Auch an dieser Stelle soll festgehalten werden, dass es eine der wichtigsten Aufgaben einer Autobahn ist, den (Transit)Verkehr von kleinen, niederrangigen Straßen anzuziehen und in der Folge eine Entlastung von gewachsenen Strukturen und Ortskernen vom Durchzugsverkehr bzw. auch etwa der Südosttangente A 23 und den dortigen Anrainern eine spürbare Verbesserung zu bringen.

Außer Zweifel steht das Erfordernis einer Transformation mit Maß und Ziel, bei der budgetäre Notwendigkeiten ebenso wie infrastrukturelle und mobilitätsbezogene Erfordernisse eine Rolle spielen. Die Grünen stellen aber leider Ideologie über die Arbeit im Sinne der Bevölkerung - und das mit „Märchengeschichten“. Es stimmt nämlich beispielsweise schlichtweg nicht, dass etwa der Verzicht auf den Lobau-Tunnel 6,4 Milliarden Euro zur Konsolidierung des Budgets beitragen würde. Dies ergibt sich schon allein aus der Natur der ASFINAG als ausgegliedertes Unternehmen. Der Erhalt und Ausbau von Autobahnen und Schnellstraßen wird dabei von den Nutzerinnen und Nutzern finanziert - durch die PKW-Vignette und die LKW-Maut - und nicht durch die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Es gibt hier also keine Auswirkungen auf das Budget.

Wien ist in der Vergangenheit gewachsen und wird weiterwachsen. Eine moderne Wohn- aber auch Wirtschaftspolitik bedingen eine verantwortungsbewusste Planung künftiger Verkehrsströme. Eine solche Einbindung kann der öffentliche Verkehr alleine nicht bieten, kann doch dieser einen Wirtschafts- und Güterverkehr nicht „mitleisten“. Die Stadt und das Umland in Niederösterreich brauchen eine ordentliche Infrastruktur, bestehend aus öffentlichen Verkehrsmitteln, wie auch aus Straßen. Und in den Verzeichnissen des Bundesstraßengesetzes ist eindeutig festgehalten, welche Autobahnen und Schnellstraßen es in Österreich geben soll. Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehende

Anfrage:

1.    Sind Ihnen die in der Kronen Zeitung vom 21 . Mai 2025 zitierten E-Mails mit den Zweifeln der Beamten an der Objektivität der Evaluierung, die schließlich zur „Absage“ des Lobautunnel führte, bekannt?

2.    Sind diese Mails glaubwürdig bzw. die in den Mails geäußerten Bedenken einer zu starken politischen Komponente für Sie schlüssig?

3.    Gibt es weitere Anhaltspunkte, die den Verdacht der politischen Einflussnahme durch Bundesministerin Leonore Gewessler zur Verhinderung eines gesetzlich verankerten Straßenprojekts erhärten?

4.    Haben Sie eine Überprüfung der Beauftragung der genannten Evaluierung, ihrer immensen Kosten und Schlussfolgerungen in Auftrag geben?

5.    Wann rechnen Sie mit einem Ergebnis dieser Überprüfung?

6.    Welche Konsequenzen werden - unbeschadet dieser Überprüfung - bereits heute im Ressort gezogen?

7.    Die Abgeordneten zum Nationalrat Andreas Ottenschläger, Kolleginnen und Kollegen haben am 17. Dezember 2021 unter der Nr. 9094/J an Bundesministerin Leonore Gewessler eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend ausgeklammerte Aspekte der "Evaluierung des Bauprogramms der Zukunft in Umsetzung des Regierungsprogramms Schlussfolgerungen" des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie von November 2021 gerichtet.

Die Frage 9 lautete:

Wurden für die Evaluierung oder die Schaffung der Grundlagen dafür externe Gutachten oder andere Dienstleistungen beschafft bzw. in Auftrag gegeben?

a. Falls ja, wie hoch waren die Kosten - aufgeschlüsselt nach Bestelldatum, Dienstleister, Anbotslegung, tatsächlich abgerechnete Kosten?

b. Falls nein, wie hoch waren die Kosten für die interne Erstellung der Evaluierung?

c. Wie hoch waren die bisherigen Gesamtkosten für die Evaluierung der laufenden ASFINAG- Projekte?

Diese Frage wurde am 17.2.2022 wie folgt beantwortet:

„Es wurde eine Studie an die Umweltbundesamt GmbH in Auftrag gegeben. Die Auftragserteilung erfolgte gemäß meinem Erlass betreffend die Zusammenarbeit zwischen meinem Ministerium und der Umweltbundesamt GmbH in Verbindung mit §6 Umweltkontrollgesetz im Wege einer Eigentümerweisung. Die Kosten dafür beliefen sich auf € 29.267,50 und wurden bereits abgerechnet.

Darüber hinaus ist festzuhalten, dass ministeriumsintern in diesem Zusammenhang keine projektabhängigen Aufzeichnungen von Stundenleistungen zu führen sind.“

Wie hoch waren in Summe die tatsächlichen Kosten für die Evaluierungsstudie?

8.    Welche Kosten sind mit Stichtag der Einbringung dieser Anfrage in Ihrem Ressort und der ASFINAG für die Planung UND Prüfung des Projekts des Lückenschlusses im Verlauf der S 1, Wiener Außenring Schnellstraße, angefallen?

9.    Welchen Schaden hat die Einflussnahme auf die ASFINAG und die Streichung des Projekts S 1 aus dem Bauprogramm in

a) betriebswirtschaftlicher,

b) volkswirtschaftlicher und

c) fiskalischer Hinsicht

bewirkt?

10. Wann kann mit ersten Ergebnissen der vom Nationalrat am 26.3.2025 per Entschließung ersuchten zeitnahen Prüfung der noch nicht genehmigten Neubauprojekte der ASFINAG hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit, Effizienz und volkswirtschaftlichen Impulssetzung gerechnet werden?

11. Werden Sie veranlassen, dass die im Bundesstraßengesetz 1971 - BStG 1971 von Bundesministerin Leonore Gewessler auf Eis gelegten Straßenbauprojekte wieder aufgenommen werden?

12. Wenn ja, wann werden die Bauprojekte wieder gestartet?

13. Wann ist mit der Vorlage eines neuen ASFINAG Bauprogramms zu rechnen?