246/J XXVIII. GP
Eingelangt am 12.12.2024
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Anfrage
des Abgeordneten Hannes Amesbauer
an den Bundesminister für Inneres
betreffend Demonstrationsverbote sind Instrumente autoritärer Staaten
„Polizei verbietet Demos von FPÖ-Anhängern“, lautete eine Schlagzeile von „wien.orf.at“ am 28. November 2024. Konkret handelte es sich demnach um zwei angemeldete Veranstaltungen, die sich gegen die Koalitionsverhandlungen von ÖVP, SPÖ und Neos richteten sollten. Wie es im Bericht hieß, wurden diese Demonstrationen durch die LPD Wien mit der Begründung untersagt, dass das Recht auf Erwerbsfreiheit der Betriebe der Wiener Einkaufsstraßen und das Interesse der Allgemeinheit am unbeeinträchtigten Verkehrsfluss jenem zur Versammlung überwiege.[1]
Diese Begründung wurde am 28. November 2024 um 10:50 Uhr auch auf dem offiziellen „X“-Account der LPD Wien kommuniziert:

Interessant sind in diesem Zusammenhang im Internet kursierende Screenshots von Veröffentlichungen desselben Accounts vom Dezember 2022, wo hinsichtlich der Untersagung von Demonstrationen völlig gegenteilig argumentiert wurde:

Die Untersagung von Demonstrationen ist demokratiepolitisch generell im höchsten Maße heikel. Dieser offenkundige Widerspruch in der Argumentation hinsichtlich der Untersagung von Demonstrationen wirft einige Fragen auf.
Der Nachberichterstattung war zu entnehmen, dass es daraufhin neben der erlaubten Standkundgebung am Heldenplatz auch zu Spontankundgebungen am Ring gekommen sei, die behördlich aufgelöst wurden. Dabei sei es zu Identitätsfeststellungen gekommen. Festnahmen oder Übergriffe hätten jedoch keine stattgefunden.[2]
In den sozialen Medien sind Berichte zu finden, wonach stellenweise Einkesselungen von Teilnehmern durch die Polizei stattgefunden hätten. Diese sollen laut Augenzeugen auch länger angehalten haben. Demnach seien eingekesselte Personen auch aufgefordert worden, die Örtlichkeit zu verlassen, wobei dies nicht möglich gewesen sein soll und daraufhin zahlreiche Identitätsfeststellungen durchgeführt worden sein sollen. Der genaue zeitliche Ablauf ist aus Medienberichten kaum ableitbar. Zudem kursieren zahlreiche Bilder, wonach das Burgtor geschlossen wurde. Weshalb dies notwendig war, ist nicht nachvollziehbar. Die am Heldenplatz laut zahlreicher Fotodokumentationen bereitgestellten Wasserwerfer kamen glücklicherweise nicht zum Einsatz, wie den Berichten zu entnehmen ist.
In diesem Zusammenhang stellt der unterfertigte Abgeordnete an den Bundesminister für Inneres folgende
Anfrage
1. Wie viele Versammlungen wurden insgesamt im Jahr 2024 im Wiener Stadtgebiet angezeigt?
a. Wie gliedern sich diese angezeigten Versammlungen nach Wochentagen?
2. Wie viele Versammlungen wurden insgesamt im Jahr 2024 im Wiener Stadtgebiet untersagt?
a. Wie gliedern sich diese untersagten Versammlungen nach Wochentagen?
b. Wie gliedern sich diese untersagten Versammlungen nach Untersagungsgründen?
3. Wie viele Versammlungen wurden insgesamt für Samstag, 30. November 2024 im Wiener Stadtgebiet angezeigt?
a. Für welche Örtlichkeiten wurden diese jeweils angezeigt?
b. Für welche Uhrzeiten wurden diese jeweils angezeigt?
c. Unter welchen Titeln wurden diese jeweils angezeigt?
d. Wer hat diese jeweils angezeigt?
e. In welcher Größenordnung wurden diese jeweils angezeigt?
4. Wie viele Versammlungen, von diesen für den Samstag, 30. November 2024 im Wiener Stadtgebiet angezeigten, wurde untersagt?
a. Wann wurden diese jeweils konkret untersagt?
b. Mit welcher Begründung wurden diese jeweils untersagt?
5. Wie lautetet allgemein der konkrete behördliche Ablauf hinsichtlich der Prüfung, ob eine angezeigte Versammlung untersagt werden muss und welche Personen sind in eine solche Entscheidung konkret involviert?
6. In welchen generellen Fällen überwiegt bei einer Entscheidung über eine Untersagung das Recht auf Erwerbsfreiheit gegenüber dem Interesse des Versammlungsanzeigers an der Durchführung der Versammlung?
a. Nach welchen konkreten Paramenten wird bei einer derartigen Entscheidung generell vorgegangen?
7. Welche konkreten Parameter haben im Fall der untersagten Versammlungen am 30. November 2024 dazu geführt, dass man zur Erkenntnis kam, dass das Recht auf Erwerbsfreiheit in diesem Fall über dem Interesse des Versammlungsanzeigers an der Durchführung der Versammlung wiegt?
8. In welchen generellen Fällen überwiegt bei einer Entscheidung über eine Untersagung das Interesse der Allgemeinheit am unbeeinträchtigten Verkehrsfluss jenem des Versammlungsanzeigers an der Durchführung der Versammlung?
a. Nach welchen konkreten Paramenten wird bei einer derartigen Entscheidung generell vorgegangen?
9. Welche konkreten Parameter haben im Fall der untersagten Versammlungen am 30. November 2024 dazu geführt, dass man zur Erkenntnis kam, dass das Interesse der Allgemeinheit am unbeeinträchtigten Verkehrsfluss jenem des Versammlungsanzeigers an der Durchführung der Versammlung überwiegt?
10. Wie lässt sich der krasse Wiederspruch in der Argumentation der Untersagung der Versammlungen am 30. November 2024 zur Aussage aus dem Dezember 2022 schlüssig erklären?
11. War das Recht auf Erwerbsfreiheit und das Interesse der Allgemeinheit auf unbeeinträchtigten Verkehrsfluss im Jahr 2022 anders zu bewerten wie im Jahr 2024?
a. Wenn ja, warum?
b. Wenn nein, weshalb wurden dann die Versammlungen am 30. November 2024 untersagt?
12. Weshalb kam man im Detail zur Erkenntnis, dass das Recht auf Erwerbsfreiheit und das Interesse der Allgemeinheit auf unbeeinträchtigten Verkehrsfluss bei den Versammlungen, die für den 30. November 2024 im Wiener Gemeindegebiet angezeigt wurden, jedoch nicht untersagt wurden, nicht jenem der Veranstaltungsanzeiger an der Durchführung der Versammlung überwiegt?
13. Waren Sie oder Ihr Kabinett in die Entscheidung über die Untersagung der für den 30. November angezeigten Versammlungen involviert?
a. Wenn ja, inwiefern?
b. Wenn ja, warum?
14. Können Sie, angesichts des offenkundigen Widerspruches in der Argumentation vom aktuellen Fall im Vergleich zu veröffentlichter Argumentation im Jahr 2022, eine politische Einflussnahme auf die Entscheidung für die Untersagung bestimmter Versammlungen am 30. November 2024 dezidiert ausschließen?
a. Wenn ja, mit welcher Begründung kann dies dezidiert ausgeschlossen werden?
b. Wenn nein, warum können Sie das nicht dezidiert ausschließen?
15. Wurden Versammlungsteilnehmer am 28. November 2024 in der Wiener Innenstadt eingekesselt?
a. Wenn ja, wann wurden diese Einkesselungen jeweils vorgenommen?
b. Wenn ja, wo wurden diese jeweils vorgenommen?
c. Wenn ja, weshalb wurden diese jeweils vorgenommen?
d. Wenn ja, wie lange wurden diese jeweils aufrecht gehalten?
e. Wenn ja, wurden die eingekesselten Personen jeweils vorab informiert, dass sie die Örtlichkeit verlassen können?
f. Wenn ja, wurde den eingekesselten Personen jeweils die Möglichkeit gegeben die Einkesselung zu verlassen oder war dies nur mehr mit Identitätsfeststellungen möglich?
16. Wurden Tore des Burgtores am 28. November 2024 geschlossen?
a. Wenn ja, von wann bis wann waren diese jeweils geschlossen?
b. Wenn ja, weshalb wurden diese jeweils geschlossen?
c. Wenn ja, wurden damit Personen am Ein- oder Ausgang zum bzw. vom Heldenplatz gehindert und weshalb wurden diese gegebenenfalls am Ein- und Ausgang zum bzw. vom Heldenplatz gehindert?
17. Aus welchem Grund wurden Wasserwerfer am Heldenplatz bereitgestellt?
18. Wie viele Polizisten waren an diesem Tag in der Wiener Innenstadt im Einsatz?
19. Hätte ein zeitlich geregelter und organisierter Demomarsch in der rückblickenden Einsatzanalyse mehr Sinn gehabt, wie die Untersagung im Vorfeld?
20. Wie viele Identitätsfeststellungen wurden im Zuge dieses Einsatzes insgesamt durchgeführt?
a. Wie viele Anzeigen wurden gegliedert nach Verwaltungsübertretungen erstattet?