2474/J XXVIII. GP
Eingelangt am 22.05.2025
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ANFRAGE
des Abgeordneten Mag. Paul Hammerl, MA
an den Bundesminister für Wirtschaft, Energie und Tourismus
betreffend Schädigt die mangelhafte Preisregulierung von Fernwärme-monopolisten die wehrlosen Konsumenten?
Die Wien Energie versorgt etwa 450.000 Haushalte in Wien mit Fernwärme. Dabei werden zwei Drittel der Kunden zu einem Tarif beliefert, der dem Preisbescheid der Stadt Wien unterliegt.
Auf Grund der Monopolstellung von Fernwärmeversorgern unterliegen diese grundsätzlich dem Preisgesetz 1992. Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten hat gemäß § 8 Abs 2 Preisgesetz den Landeshauptmann von Wien beauftragt, an seiner Stelle die zustehenden Befugnisse auszuüben. Per Bescheid hat der Landeshauptmann von Wien einen Höchstpreis für Fernwärme festgelegt, welcher den Höchstpreis für die Lieferung von Fernwärme darstellt. Hintergrund dieser Regelung ist der Schutz der Konsumenten vor ungerechtfertigt hohen Preisen von Monopolisten. Dies bedeutet, dass der Bürgermeister der Stadt Wien nicht nur Eigentümervertreter der Wien Energie ist und damit großes Interesse an hohen wirtschaftlichen Erträgen der Wien Energie hat, sondern auch zuständige preisregulierende Behörde. Daraus ergibt sich zwangsläufig ein Interessenkonflikt.
Mit Herbst 2022 hat die Wien Energie einen Antrag auf Erhöhung des Preisbescheides der Stadt Wien eingereicht. Die bescheidmäßig durch die Stadt Wien festgelegte Preiserhöhung betrug 92 %. Begründet wurde dies mit massiv gestiegenen Erzeugungskosten auf Grund des hohen Gaspreises, da die Fernwärme in Wien etwa zur Hälfte aus Gas erzeugt wird.
Seit September 2023 gewährt die Wien Energie freiwillig Rabatte auf den Arbeitspreis (-43 %) und den Grundpreis (-20 %). Nachfolgende Grafik zeigt im Zeitverlauf die Gaspreise sowie die Kosten für die Versorgung mit Fernwärme auf Basis des Preisbescheides für eine 70 m² Wohnung mit einem Jahresverbrauch von 5.000 kWh. Wie in der Grafik ebenfalls zu sehen ist, sind die Gaspreise jedenfalls seit Anfang 2023 stark gesunken. Damit fällt der Grund für die bescheidmäßig festgelegte Preis-steigerung um 92 % weg. Die von der Wien Energie freiwillig gewährten Rabatte begründen sich dadurch in Wirklichkeit mit den stark gesunkenen Erzeugungskosten und sind keine Almosen. Sie sind keine wirksamen Entlastungsmaßnahmen gegen hohe Energiekosten, wie die Wien Energie und die Stadt Wien laufend betonen, sondern lediglich Ausfluss eines völlig überhöhten behördlich festgelegten Höchst-preises gemäß Preisgesetz.
Mit den exorbitanten Rabatten von 43 % auf den Arbeitspreis und 20 % auf den Grundpreis beweist die Wien Energie, dass die Preisregulierung des Wiener Bürgermeisters nicht funktioniert. Würde sie funktionieren, wäre der Preisbescheid der Stadt Wien schon so tief angesetzt, dass erst gar keine Rabatte mehr möglich sind.
Wie somit deutlich wird, kommt der Bürgermeister der Stadt Wien seiner behördlichen Verpflichtung gemäß Preisgesetz nicht nach, die Wienerinnen und Wiener vor völlig überhöhten Preisen eines Monopolisten zu schützen. Würde er dies tun, hätte er die bescheidmäßig genehmigte Preiserhöhung von 92 % längst zurückgenommen. Stattdessen profitiert die Stadt Wien, als Eigentümerin der Wien Energie, von Dividenden aus überhöhten Fernwärmepreisen. Zusätzlich rühmt sich die Stadt Wien, durch freiwillige Rabatte der Wien Energie, knapp € 600 Mio. an Entlastungs-maßnahmen für die Konsumenten ermöglicht zu haben.
Vergleicht man wieder die Heizkosten einer durchschnittlichen Wohnung mit 70 m² und einem Jahresverbrauch von 5.000 kWh wird der Preisunterschied deutlich. Der Fernwärmepreis errechnet sich dabei immer in einer Kombination aus Arbeitspreis (in kWh) und Leistungspreis (in kW).
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Hieraus ist erkennbar, dass die Heizkosten gemäß amtlichem Preisbescheid der Stadt Wien (€ 1.192,42) um 38 % höher liegen als jene in Graz (€ 864,00) und 55 % höher als der freiwillig rabattierte Preis der Wien Energie.
Mitnichten gehört damit die Fernwärme in der Stadt Wien zu den günstigsten in Österreich. Dies zeigt klar der transparente Preisvergleich:
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Heizkosten
auf Basis des amtlichen
Preisbescheids der Stadt Wien €
1.192,42 brutto
· Salzburg AG € 904,50 brutto
· Energie Graz € 864,00 brutto
· Wien Energie inkl. freiwillig rabattierter Preis € 768,82 brutto
· Innsbruck € 754,62 brutto
· Klagenfurt € 740,41 brutto
· Linz AG € 661,08 brutto
· eww ag € 644,41 brutto
Der günstigste Fernwärmelieferant in Österreich ist die Welser eww ag gefolgt von der Linz AG. Dabei zeigt sich, dass der Preisbescheid für die Fernwärme in Wien 85 % höher liegt als der Preisbescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich für die Fernwärme in Wels. Auch die Linz AG, die einen sehr ähnlichen Erzeugungsmix für die Herstellung der Fernwärme wie die Wien Energie hat, erhielt einen Preisbescheid mit einem Höchstpreis, der nur wenig über jenem für Wels liegt. Insbesondere erzeugt sowohl die Linz AG als auch die Wien Energie die Fernwärme etwa zu Hälfte aus Gas. Am Beispiel Oberösterreich zeigt sich, dass die Preisregulierung gemäß Preisgesetz funktionieren kann. Hier spart sich die Bevölkerung viele hundert Euro an Heizkosten jedes Jahr!
Eine unabhängige und transparente Regulierung der Fernwärmepreise ist dringend notwendig. Die Doppelfunktion des Bürgermeisters der Stadt Wien als Preiskontroll-behörde und Eigentümervertreter führt zu einem systemischen Interessenkonflikt zu Lasten der Bevölkerung. Dieser Missstand wurde bereits mehrfach kritisiert, unter anderem auch vom österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung, welches ebenfalls zur Erkenntnis gelangt, dass es aktuell zu keiner effizienten und effektiven Regulierung und Kontrolle der Fernwärme in Wien kommt.
In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete an den Bundes-minister für Wirtschaft, Energie und Tourismus nachstehende
Anfrage
1. In welchem Umfang wurden die Aufgaben gemäß § 8 Preisgesetz 1992 zur Regulierung der Fernwärmeanbieter an die Landeshauptleute übertragen?
a. Mit welchem Rechtsakt zu welchem Datum wurden die Aufgaben übertragen?
2. Wurden die Aufgaben an alle Landeshauptleute im gleichen Umfang über-tragen?
a. Wenn nein, wie ist dies zu begründen, und worin liegt die Unter-scheidung?
3. An wen wurden in welchem Umfang die Aufgaben konkret übertragen?
4. Welche inhaltlichen Vorgaben, Richtlinien und ähnliches wurden erlassen, welche die Landeshauptleute bei der Sicherstellung von volkswirtschaftlich gerecht-fertigten Preisen zu beachten haben?
a. Unterscheiden sich diese Vorgaben zwischen den einzelnen Bundes-ländern?
b. Wenn ja, worin bestehen diese Unterschiede konkret, und wie sind diese zu begründen?
5. Welche rechtlichen oder organisatorischen Maßnahmen wurden gesetzt, um sicherzustellen, dass die übertragenen Regulierungsaufgaben durch die Landeshauptleute effizient, sparsam und zweckmäßig im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen wahrgenommen werden?
6. Welche konkreten Regulierungsverfahren werden von den einzelnen Landes-hauptleuten angewendet, um eine wirksame Preisregulierung im Bereich der Fernwärme sicherzustellen?
a. Gibt es hierzu standardisierte Verfahrensschritte, Prüfkriterien oder Berichtspflichten gegenüber dem Bundesministerium?
b. Wenn ja, wie gestalten sich diese im Einzelnen?
7. Welche Fernwärmeversorgungsunternehmen in Österreich unterliegen aktuell einem behördlich festgelegten Höchstpreis gemäß Preisgesetz? (Bitte um detaillierte Auflistung der betroffenen Unternehmen und Versorgungsgebiete)
a. Welche Versorgungsgebiete bzw. Netze sind jeweils davon betroffen?
8. Werden durch Ihr Ressort laufend systematische Preisbeobachtungen, Marktanalysen oder Preisvergleiche im Bereich der Fernwärme durchgeführt?
a. Wenn ja, in welcher Form und in welchen Intervallen?
b. Wenn nein, aus welchen Gründen wird auf solche Maßnahmen verzichtet?
9. Welche Informationen und Erkenntnisse liegen Ihrem Ressort vor, die erklären, weshalb der durch die Stadt Wien festgesetzte Höchstpreis für Fernwärme nahezu doppelt so hoch ist wie jener der Stadt Linz, obwohl beide Versorgungsunternehmen einen vergleichbaren Erzeugungsmix aufweisen? (Berechnungsgrundlage: 70m² Wohnung mit 5.000 kWh Wärmeverbrauch pro Jahr)
a. Wie lässt sich der Unterschied sachlich erklären?