2475/J XXVIII. GP
Eingelangt am 22.05.2025
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ANFRAGE
des Abgeordneten Christoph Steiner
an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumenten-schutz
betreffend Drogensucht - eine Mutter klagt an!
Die Fernsehdokumentationsreihe „THEMA“ zeigte mehrfach dramatische und zugleich berührende Abgründe in Bezug auf den Konsum illegaler Substanzen im Zusammen-hang mit jungen Menschen auf.
In der politischen Debatte wird in Österreich zwar in laufenden Abständen das Thema Drogen in Bezug auf eine Lockerung bzw. Legalisierung aufgegriffen, bestehende Probleme und die drastischen Folgen durch Abhängigkeiten erhalten hingegen leider wenig Aufmerksamkeit.
In der THEMA-Reportage vom 25.11.2024 mit dem Titel „Drogensucht – eine Mutter klagt an“ klagt die Mutter eines betroffenen Kindes, der mit 13 Jahren in die Sucht geschlittert ist und mit 16 Jahren nach einer Überdosis auf der Intensivstation um sein Leben kämpfte, nachdem sie ihn „mehr tot als lebendig“ selbst auf einer Parkbank gefunden hatte, die Politik sprichwörtlich an. Sie ging mit ihrer Geschichte über das Fernsehen an die Öffentlichkeit. Schon fünfmal sei das Leben ihres Sohnes am seidenen Faden gehangen. Im Begleittext zum Beitrag ist zu lesen:
„Bilder aus dem THEMA Spezial über Jugendkriminalität vor vier Wochen sorgen für Entsetzen: Jugendliche Migranten gehen vor dem Musikclub Flex am Wiener Donaukanal mit Messern aufeinander los. Es geht um die Vormacht-stellung im Drogenhandel. Die Dealer verkaufen vor allem an Jugendliche […].“[1]
Die betroffene Mutter, Frau F., kämpft darum, dass Kinder und Jugendliche mit Drogenproblemen eine bessere Betreuung erhalten. Sie spricht von einem „System-versagen, wenn es um die Hilfe für drogenkranke Jugendliche geht.“ Aktuell würden eingelieferte Kinder bzw. Jugendliche, wie auch ihr Sohn damals, nach mehreren Tagen immer wieder aus dem Krankenhaus nach Hause geschickt. Es heiße, „keine akute Gefahr mehr“. Sie fordert eine Einrichtung, wo Betroffene längere Zeit stationär betreut werden können. Vor allem fordert sie von der Politik, dass eine derart starke Drogensucht mit Rückfällen als psychische Erkrankung und Selbstgefährdung anerkannt wird, um dafür eine Gesetzesgrundlage zu schaffen.
In einem weiteren Beitrag vom 29.04.2025 wurde die Gesamtproblematik nochmals bei „THEMA“ aufgegriffen und aus einer weiteren Perspektive beleuchtet, diesmal mit dem Schwerpunkt und Titel: „Endstation Jugendhaft: Mütter von jungen Drogen-kranken verzweifeln“.
„Seit der Corona-Pandemie konsumieren Jugendliche verstärkt und wahllos Drogen – multitoxische Vergiftungen nehmen laut Experten zu. Eltern von drogenkranken Jugendlichen fühlen sich alleingelassen, wenn es um die Hilfe für ihre Kinder geht. In manchen Fällen führte erst ein Gefängnisaufenthalt zur nötigen Therapie. Betroffene orten darin ein Systemversagen. Warum für eine Mutter die Haft ihres Sohnes Erleichterung war, hat sie in der Sendung ‚THEMA‘ erzählt.“[2]
In dieser Reportage kommt eine weitere betroffene Mutter zu Wort, die davon spricht, dass sie erleichtert gewesen wäre, als ihr Sohn inhaftiert wurde. So unglaublich dies klingen mag – es ist darauf zurückzuführen, dass dies aufgrund der aktuellen Gesetzeslage die einzige Möglichkeit eines „stationären“ Entzugs für Jugendliche ist, wenn sie sich nicht helfen lassen und keine weiteren Unterbringungsgründe, wie z. B. suizidale Gedanken, vorliegen.
Der Inhaftierung, die sich als einziges Mittel gegen die Sucht des Jugendlichen herausstellte, mussten allerdings Strafdelikte wie Einbruch, Raub oder schwerer Betrug vorangehen, die der Jugendliche nur verübte, um an Geld für Drogen zu kommen. Festgenommen wurde er am Tag einer Entlassung nach einem Kranken-hausaufenthalt. „Muss ein Jugendlicher wirklich ins Gefängnis, um zu überleben?“, stellt die Mutter in der Reportage eine rhetorische Frage. Im Gefängnis machte er den Entzug, zwei Monate fehlen ihm in seiner Erinnerung. Das Ausmaß der Notwendigkeit wird auch damit sichtbar.
Nach einer Überdosis werden minderjährige Patientinnen und Patienten meist nur für kurze Zeit in der Kinder- und Jugendpsychiatrie aufgenommen. Selbst wenn Erziehungsberechtigte eine frühzeitige Entlassung ablehnen, wird diese in den meisten Fällen dennoch durchgeführt, wie eine weitere Mutter an einem Beispiel verdeutlicht: „Wenn er noch in die Schule gehen würde, müsste ich sämtliche Einverständniserklärungen unterschreiben – etwa, wenn er auf Skikurs fährt. Aber nachdem er beinahe an einer Überdosis gestorben ist, heißt es plötzlich: Er möchte nicht bleiben, also darf er gehen.“
Eltern stehen oft hilflos daneben. Das Grundproblem bleibt: Drogensucht wird gesetzlich nicht als eigenständige Krankheit anerkannt. Wenn Jugendliche behaupten, sie hätten alles unter Kontrolle, fehle es an rechtlichen Möglichkeiten zum Eingreifen – so eine Betreuerin einer Tagesklinik für Drogenabhängige.
Ein weiteres alarmierendes Signal liefern aktuelle Statistiken: In manchen Krankenhäusern haben sich nach der Corona-Pandemie die Überdosis-bedingten Einlieferungen bei Jugendlichen vervierfacht. Diese Entwicklung zeigt drastisch, welche psychischen Belastungen die Maßnahmen während der Pandemie bei Kindern und Jugendlichen hinterlassen haben.
In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete an die Bundes-ministerin für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz nachstehende
Anfrage
1. Wie viele Kinder bzw. Jugendliche im Alter von 12 bis 18 Jahren wurden in den Jahren 2018 bis 2024 jeweils wegen einer Überdosis einer illegalen Substanz in ein Krankenhaus eigeliefert? (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahr und Anstalt sowie Alter und Geschlecht)
a. Wie hoch ist der Gesamtanteil jener, die stationär aufgenommen wurden?
b. Wie lange betrug die durchschnittliche Aufenthaltsdauer in einer Krankenanstalt (auch nach einer Verlegung) nach der Einlieferung insgesamt in den einzelnen Jahren?
2. Wie hoch ist der Anteil nichtösterreichischer Staatsbürger, die im Alter von 12 bis 18 Jahren in den Jahren 2018 bis 2024 jeweils wegen einer Überdosis einer illegalen Substanz in ein Krankenhaus eigeliefert wurden? (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahr, Staatsbürgerschaft und Aufenthaltstitel sowie Alter und Geschlecht)
3. Wie hoch lagen die Kosten für die öffentliche Hand nach dieser Art von Einlieferungen jeweils in den Jahren 2018 bis 2024?
4. Welche fünf Suchtmittel, die zu Einlieferungen von Jugendlichen wegen Überdosis führten, waren die häufigsten?
a. Ist es bekannt oder lässt es sich abschätzen, wie hoch der Anteil jener ist, für die Marihuana als Einstiegsdroge fungierte?
5. Wie viele junge Erwachsene im Alter von 18 bis 29 Jahren wurden in den Jahren 2018 bis 2024 jeweils wegen einer Überdosis eines Suchtmittels in ein Kranken-haus eigeliefert? (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahr sowie Alter und Geschlecht)
a. Wie hoch ist der Gesamtanteil jener, die stationär aufgenommen wurden?
b. Wie lange betrug die durchschnittliche Aufenthaltsdauer in einer Krankenanstalt (auch nach einer Verlegung) nach der Einlieferung insgesamt in den einzelnen Jahren?
6. Wie hoch ist der Anteil nichtösterreichischer Staatsbürger, die im Alter von 18 bis 29 Jahren in den Jahren 2018 bis 2024 jeweils wegen einer Überdosis einer illegalen Substanz in ein Krankenhaus eigeliefert wurden? (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahr, Staatsbürgerschaft und Aufenthaltstitel sowie Alter und Geschlecht)
7. Wie hoch lagen die Kosten für die öffentliche Hand nach dieser Art von Einlieferungen jeweils in den Jahren 2018 bis 2024?
8. Welche fünf Suchtmittel, die zu Einlieferungen von jungen Erwachsenen (18 bis 29 Jahre) wegen Überdosis führten, waren die Häufigsten?
a. Ist es bekannt oder lässt es sich abschätzen, wie hoch der Anteil jener ist, für die Marihuana als Einstiegsdroge fungierte?