2502/J XXVIII. GP
Eingelangt am 03.06.2025
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Anfrage
der Abgeordneten Olga Voglauer, Agnes-Sirkka Prammer, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Inneres
betreffend Zeugeneinvernahmen nach Missbrauchsskandal in Kärnten
Laut aktuellen Medienberichten[1] ermittelt die Staatsanwaltschaft Klagenfurt seit Jänner 2025 gegen einen ehemaligen Mitarbeiter des Bundesligavereins Wolfsberger AC (WAC) wegen schwerwiegender Straftaten im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch an Minderjährigen. Dem Tatverdächtigen, einem mittlerweile entlassenen Vereinsmitarbeiter aus dem Lavanttal, werden mehrere besonders schwerwiegende Delikte zur Last gelegt, darunter schwerer sexueller Missbrauch, sexueller Missbrauch von Unmündigen, sittliche Gefährdung von Personen unter 16 Jahren sowie die Herstellung bildlichen Kindesmissbrauchsmaterials.
Laut Auskunft der Staatsanwaltschaft handelt es sich bei den bekannten Opfern um eine Vielzahl von Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen zwölf und 15 Jahren, sowohl Burschen als auch Mädchen. In mehreren Fällen soll es zu persönlichen Treffen zwischen dem Tatverdächtigen und den Opfern gekommen sein. Dabei wurden den Kindern offenbar auch Trikots des Vereins als „Belohnung“ überreicht – mutmaßlich im Kontext der sexuellen Übergriffe.
Die strafrechtlichen Ermittlungen begannen nach einer Anzeige bei einer Polizeiinspektion im Lavanttal und führten Ende Jänner 2025 zu einer Hausdurchsuchung, bei der umfangreiches Videomaterial sichergestellt wurde. Dieses Material ermöglicht es den Ermittlungsbehörden, weitere Opfer zu identifizieren. Die Delikte reichen vom Besitz und Versand von Missbrauchsbildern bis hin zu tatsächlichen Übergriffen, die laut Staatsanwaltschaft in zumindest zwei bis drei Fällen als „schwerer sexueller Missbrauch“ zu qualifizieren sind. Diese zählen zu den schwerwiegendsten Formen sexueller Gewalt gegen Kinder.
Kinder, die Opfer von Gewalt geworden sind, benötigen spezielle Aufmerksamkeit und dementsprechende Maßnahmen. Dabei geht es vor allem darum, ihren besonderen Bedürfnissen als Kinder im Rahmen des Opferschutzes gerecht zu werden. Doch auch für die Wahrheitsfindung ist der sensible Zugang essenziell, da die Aussage des Kindes das zentrale Beweismittel im Strafverfahren ist. Ihre besondere Schutzbedürftigkeit muss berücksichtigt werden. Es gibt Hinweise darauf, dass bei den durchgeführten Einvernahmen die nötige Sensibilität und Kinderschutzorientierung nicht in allen Fällen gewährleistet gewesen sein könnte. So berichtet eine Mutter gegenüber der Kleinen Zeitung von sehr langen Einvernahmen von bis zu vier Stunden und Vorwürfen und Drohungen der Polizei gegenüber ihrem Kind[2].
Es stellt sich die Frage, wie viele Kinder bislang vernommen wurden, ob dabei stets eine juristische Expertise oder psychosoziale Begleitung gewährleistet war, ob Eltern oder Obsorgeberechtigte anwesend waren, und welche konkreten Standards und Protokolle zur kindgerechten Einvernahme zur Anwendung kamen. Ebenfalls von Interesse ist, ob die speziellen Vorgaben zur kinderschonenden Befragung gemäß den geltenden Richtlinien und internationalen Empfehlungen eingehalten wurden.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
1) An welcher Polizeiinspektion wurden die Einvernahmen durchgeführt?
2) Wie viele minderjährige Personen wurden bislang im Zusammenhang mit dem laufenden Verfahren gegen den ehemaligen WAC-Mitarbeiter durch die Polizei einvernommen?
3) Waren in allen Einvernahmen mit Kindern die Eltern oder Obsorgeberechtigten bei der Einvernahme anwesend?
4) Wurde den einvernommenen Kindern oder deren Familien rechtliche Unterstützung angeboten oder zur Verfügung gestellt?
a. Falls ja, in wie vielen Fällen wurde eine solche in Anspruch genommen?
b. Falls nein, warum nicht?
5) Gab es für die betroffenen Kinder eine psychosoziale Prozessbegleitung im Rahmen der polizeilichen Einvernahmen?
a. Falls ja, wie viele Kinder wurden entsprechend begleitet?
b. Falls nein, warum nicht?
6) Wurden bei den Einvernahmen kindgerechte Protokolle oder spezielle Einsatzleitfäden verwendet, wie sie in Fällen mit minderjährigen Betroffenen vorgesehen sind?
a. Falls ja, welche konkreten Protokolle oder Standards kamen zur Anwendung? Wer war für deren Einhaltung verantwortlich?
b. Falls nein, warum nicht?
7) Sind Polizeibeamtinnen und -beamte, die mit der Einvernahme von Kindern betraut werden, speziell für diese Aufgabe geschult?
a. Falls ja, wie sehen diese Schulungen inhaltlich und zeitlich aus? Wer führt sie durch?
b. Falls ja, wie viele der einvernehmenden Polizeibeamtinnen und –beamte hatten diese Schulung absolviert?
c. Falls nein, warum nicht?
8) Werden bei Einvernahmen von minderjährigen Betroffenen externe Expertinnen und Experten beigezogen, z. B. aus dem Bereich Psychologie, Kinderschutz oder Jugendhilfe?
a. Falls ja, in welchem Umfang und in welchen Rollen?
b. Falls nein, warum nicht?
9) Wurden im gegenständlichen Fall Opferschutzorganisationen wie etwa das Kinderschutzzentrum oder vergleichbare Einrichtungen in die Betreuung der betroffenen Kinder eingebunden?
a. Falls ja, welche Organisationen waren beteiligt und ab wann?
b. Falls nein, warum nicht?
10) In welchen Räumlichkeiten wurden die minderjährigen Betroffenen einvernommen? Wurde bei der Auswahl der Räumlichkeit auf die Bedürfnisse der Kinder Rücksicht genommen?
11) Welche Maßnahmen sind von Seiten des Bundesministeriums für Inneres vorgesehen, um sicherzustellen, dass Einvernahmen von Kindern – insbesondere bei Gewalt- oder Sexualdelikten – stets kinderschutzgerecht, traumasensibel und professionell erfolgen?
12) Wurden den Einvernommenen bzw. ihren Obsorgeberchtigten die Vernehmungsprotokolle in allen Fällen ausgehändigt?
a. Wenn nein, warum nicht?
13) Gibt es in der LPD Kärnten Leitfäden für die Erstellung von Befragungs- und Vernehmungsprotokollen?
a. Falls ja, gehen diese auf minderjährige Personen ein? Und wurden diese angewendet?
b. Falls nein, wieso nicht?