2504/J XXVIII. GP
Eingelangt am 03.06.2025
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Anfrage
der Abgeordneten Nina Tomaselli, Lukas Hammer, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Innovation, Mobilität und Infrastruktur
betreffend drohende Kürzungen, Verschiebungen und Absagen für den Bahnausbau in Vorarlberg
Vorarlberg ist, was die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel anbelangt, Spitzenreiter. Nur in der Millionenstadt Wien gibt es noch bessere Zahlen. Der Schienenregionalverkehr verzeichnete in Vorarlberg im Zeitraum 2013 bis 2023 beispielsweise ein Plus von rund 38 Prozent, seit 2005 hat sich die Fahrgastzahl verdreifacht. An die 90.000 Menschen besitzen das Klimaticket-Vorarlberg. Grundlage für dieses Fahrgastwachstum ist ein kontinuierlicher Ausbau des Schienennetzes: Seit 2014 wurde das Fahrplanangebot um 27 Prozent ausgebaut[1]. Zahlen, die sich auch für die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) rechnen. Denn dass sich das Unternehmen trotz Energiekrise, hoher Inflation und Wirtschaftsabschwung in den letzten Jahren wirtschaftlich gut behaupten konnte, liegt auch an der positiven Fahrgastentwicklung im ganzen Land.
Ausruhen auf dem hohen Niveau wäre allerdings gefährlich: Für einen weiteren Ausbau spricht einerseits das prognostizierte Bevölkerungswachstum: Bis 2050 wird die Bevölkerung in Vorarlberg demnach um 9 Prozent wachsen, in der Ostschweiz je nach Szenario um etwa 4, 17 oder 23 Prozent[2]. Außerdem sprechen auch die steigende Nachfrage und der Beitrag eines gut-ausgebauten Öffi-Netzes zur Erreichung der Klimaziele, wie auch der Mehrwert für Tourismus und Wirtschaft – 7.000 Vorarlberger:innen pendeln täglich in den Kanton St. Gallen zur Arbeit – für zügige weitere Investitionen in Vorarlberg. Darauf haben sich die Beteiligten auch bereits geeinigt, sowohl im bisherigen ÖBB-Rahmenplan als auch im Zielnetz 2040[3].
Doch dieser mit den dargestellten guten Gründen kontinuierlich konzipierte Ausbau dürfte nun durch deutliche Kürzungen gefährdet sein. Im Bundesministerium für Innovation, Mobilität und Infrastruktur (BMIMI) ist in dem Zusammenhang die Rede von „gezielten und effektiven Einsparungen“, kein Projekt werde gestrichen, „dort, wo es sinnvoll ist, werden einige verschoben“[4].
Von einer solchen Verschiebung betroffen sind in Vorarlberg laut neuem Rahmenplan die Bahnhöfe Bregenz und Götzis, außerdem Bregenz Hafen. In der Landeshauptstadt herrscht bereits seit vielen Jahren eine unerträgliche Situation am Bahnhof, nach zähen Verhandlungen wären die Zeichen seitens Stadt und Land auf „Vollgas“ gestanden, nun bremsen ausgerechnet Bund und/oder ÖBB.
Zusätzlich wird der Ausbau im Tiroler Oberland weiter aufgeschoben, womit Fahrzeitverkürzungen zwischen Vorarlberg und Innsbruck und weiter Richtung Osten für einen noch längeren Zeitraum warten müssen.
Im „Zielnetz 2040“ ist der Ausbau im unteren Vorarlberger Rheintal enthalten, konkret der Kapazitätsausbau zwischen Wolfurt und Lochau sowie zwischen Hard und Lustenau. Die Zweigleisigkeit zwischen Hard und Lustenau ist zusätzlich bereits in einem „Memorandum of Understanding“[5] festgehalten und wäre auch aus grenzüberschreitender Perspektive notwendig, wenn es um die Strecke München-Zürich geht. Außerdem denken die ÖBB eine künftige Streckenführung von Wien nach Zürich über St. Margrethen und nicht mehr über Feldkirch – Buchs – Sargans an, wofür dieser Ausbau unverzichtbar ist.
„Verbesserungen im grenzüberschreitenden Schienenpersonenverkehr (Lauterach, Dornbirn, Feldkirch – St. Margrethen)“ sind weiters auch explizit im Evaluierungsbericht zur S 18 als kurzfristige (!) Maßnahme zur Entlastung der verkehrsgeplagten Bevölkerung im unteren Rheintal angeführt[6].
Ob es nun bei diesen sinnvollen und methodisch faktenbasiert hergeleiteten Plänen bleibt, ist allerdings unklar, da das Zielnetz nach wie vor nicht von der Regierung beschlossen wurde. Nicht nur in Vorarlberg wird darauf gewartet, sondern auch in Deutschland, Liechtenstein und der Schweiz brauchen die Entscheidungsträger:innen rasch Planungssicherheit.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
1) In welcher Form waren Sie bzw. das BMIMI in die konkrete Ausgestaltung der Veränderungen im Rahmenplan involviert?
2) Einer Presseinformation aus Ihrem Haus zufolge erfolgen mit dem Rahmenplan 2025-2030 bei den Projekten im Bahnausbau „gezielte“ Einsparungen. Von welchem Ziel bzw. welchen Zielen mit Bezug zu den einzelnen Projekten ist hier konkret die Rede?
3) Einer Presseinformation aus Ihrem Haus zufolge erfolgen mit dem Rahmenplan 2025-2030 bei den Projekten im Bahnausbau „effektive“ Einsparungen. Welche Effektivität (Verhältnis des erreichten Ziels zum definierten Ziel) ist hier bei den einzelnen Projekten konkret gegeben?
4) Einer Presseinformation aus Ihrem Haus zufolge werden Projekte im Bahnausbau „dort, wo es sinnvoll ist“ verschoben.
Welche Berechnungen wurden a) bundesweit, b) gegebenenfalls vorarlbergspezifisch angestellt und welche c) konkreten sonstigen Entscheidungsgrundlagen wurden herangezogen, um zu eruieren, wo Verschiebungen „sinnvoll“ sind?
5) Wie lautet die konkrete Begründung für die Verschiebung des Neubaus des Bregenzer Bahnhofs?
i) Welche Zahlen/Berechnungen/Prognosen wurden dafür herangezogen?
ii) Gibt es ein Projekt in ähnlicher Größenordnung (14.000 Ein-/Ausstiege täglich, überregionale Bedeutung, Landeshauptstadt), das nach hinten gestreckt wurde?
6) Wie lautet die konkrete Begründung für die Verschiebung des Neubaus des Bahnhofs Bregenz Hafen?
i) Welche Zahlen/Berechnungen/Prognosen wurden dafür herangezogen?
7) Wie lautet die konkrete Begründung für die Verschiebung am Bahnhof Götzis?
i) Welche Zahlen/Berechnungen/Prognosen wurden dafür herangezogen?
8) Das Zielnetz 2040 wurde nach wie vor noch nicht von der Regierung beschlossen.
i) Wann ist mit einem solchen Beschluss zu rechnen?
ii) Werden bis dahin trotz des methodisch ausgefeilten, faktenbasierten und transparenten Prozesses mit namhaften externen Expert:innen, der zum vorliegenden Zielnetz geführt hat, noch Änderungen an den enthaltenen Projekten vorgenommen bzw. kommt es zu Streichungen oder zum Austausch von Projekten?
iii) Falls derartige Änderungen, Streichungen oder Projektaustäusche geplant sind – wie wären diese mit dem methodisch stringenten bisherigen Vorgehen in Einklang zu bringen?
9) Auch für die Nachbarländer ist die Verabschiedung des Zielnetz 2040 von wesentlicher Bedeutung. Stehen Sie diesbezüglich in Kontakt mit den Verantwortlichen in Liechtenstein, der Schweiz und in Deutschland?
10) Während bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, bei den Fahrgastzahlen und bei deren Zunahme in Vorarlberg Spitzenwerte erzielt werden, wird im Zeitraum 2025-2030 in sieben Bundesländern mehr als hier investiert, nur das Burgenland liegt bei den geplanten Investitionen noch hinter Vorarlberg. Weshalb fließen verhältnismäßig wenige Mittel nach Vorarlberg?
11) In einem „MoU“ (Memorandum of Understanding) zwischen Land Vorarlberg, Gemeinden und Ihrer Amtsvorgängerin wurde die „Dringlichkeit eines Ausbaus“ auf der Strecke zwischen Hard und Lustenau (Ausbau grenzüberschreitender Verkehr) festgehalten. Im Rahmenplan sind allerdings nur geringe Planungskosten festgehalten. Gilt das Memorandum bzw. die darin beschriebene Dringlichkeit weiterhin?
12) Welcher Zeithorizont entspricht aus Ihrer Sicht einer „Dringlichkeit des Ausbaus“ bei einer wenige Kilometer langen Schienenstrecke wie Hard-Lustenau?
13) Wann ist mit der baulichen Umsetzung des Ausbaus im Tiroler Oberland zu rechnen?
[1] https://presse.vorarlberg.at/land/public/-ffi-Land-Vorarlberg-Zahlreiche-Ma-nahmen-und-Projekte-f-r-zukunftsgerichtete-Mobilit-t
[2] ÖROK (2021): ÖROK-Regionalprognosen 2021 bis 2050; Bundesamt für Statistik (2020): Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung der Schweiz und der Kantone 2020-2050
[3] https://presse.vorarlberg.at/land/public/Wallner-Zadra-Versprochen-gehalten-Das-Untere-Rheintal-ist-im-Zielnetz-2040
[4] https://infothek.bmimi.gv.at/neuer-oebb-rahmenplan-2025-2030-fast-20-milliarden-fuer-bahnausbau/
[5] https://presse.vorarlberg.at/land/public/Zweigleisiger-Bahnausbau-zwischen-Hard-und-Lustenau-auf-Schiene
[6] https://www.bmimi.gv.at/themen/verkehr/strasse/infrastruktur/projekte/schnellstrassen/s18.html