2505/J XXVIII. GP

Eingelangt am 03.06.2025
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Lukas Hammer, Olga Voglauer, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Geschichtsrevisionistisches Ustascha-Gedenken in Bleiburg/Pliberk am Wiederaufflammen?

BEGRÜNDUNG

 

Am 9. Juli 2020 wurde mit breiter Mehrheit die von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS gemeinsam eingebrachte Entschließung unterstützt, in der die Bundesregierung, insbesondere aber der Innenminister aufgefordert wird, unter Berücksichtigung der Vorgaben der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, der Europäischen Menschrechtskonvention und sonstiger verfassungsrechtlicher Vorgaben alle Möglichkeiten zu prüfen, um den jährlichen Aufmarsch und das Treffen von Anhänger:innen der Ustascha ab dem Jahr 2021 zu unterbinden[1]. Innenminister Karl Nehammer beauftragte im Juli 2020 den Leiter der Sektion III (Recht) im Innenministerium, Mag. Dr. Mathias Vogl, eine Expertengruppe zur Untersagung der Feier im Gedenken an das "Massaker von Bleiburg" einzurichten.

 

Diese Expert:innengruppe war interdisziplinär zusammengesetzt und bestand aus Expert:innen aus dem Bereich der Wissenschaft, von Bundes- und Landesbehörden sowie der Katholischen Kirche. Sie erarbeitete in sechs Sitzungen einen Bericht, der schlussendlich vom Ministerrat und Nationalrat zur Kenntnis genommenen wurde. Die Expertengruppe kommt in dem Bericht zum Schluss, dass eine Gedenkfeier in der Art, wie sie insbesondere in den Jahren 2019 und davor stattfand, in Hinkunft zu untersagen ist, und nur ein „neutrales Totengedenken“ möglich sei[2]. Zudem kam der Bericht zum Schluss, dass das dort vielfach zur Schau gestellte Emblem der Ustascha, welches auch seit ca. 2004 am Gedenkstein angebracht war, unter das Abzeichengesetz (1960) fällt, weshalb es in Folge zu zahlreichen Anzeigen und auch zu einer behördlich angeordneten Änderung am Gedenkstein kam.

 

Seither konnte die geschichtsrevisionistische Feier am Loibacher Feld in Bleiburg nicht mehr stattfinden, das Verbot konnte also erfolgreich durchgesetzt werden – ein wichtiger Schritt im Kampf gegen rechtsrevisionistische und revanchistische Geschichtsumdeutung und gegen das Zurschaustellen von Rechtsextremismus und Verharmlosung faschistischer Verbrechen im öffentlichen Raum.

 

Nichtsdestotrotz fanden in den letzten Jahren kleinere Gedenkfeiern statt, es beteiligten sich jedoch nie mehr als 100 Personen an den in Österreich abgehaltenen Feiern, diese fanden also im kleinen Rahmen statt und boten keinen Grund zur Beanstandung. Die eigentlichen Feiern wurden von der kroatischen Regierung, von der kroatischen Bischofskonferenz nach Kroatien verlegt, vor allem nach Zagreb. Gleichzeitig gab es eine Veränderung in den Eigentumsverhältnissen auf dem Grundstück, wo bisher die Feiern stattgefunden haben: Der in Österreich und Kroatien doppelgemeldete Verein „Bleiburger Ehrenzug“ (PBV - Počasni Bleiburški vod) kaufte das Grundstück aus dem Nachlass eines früheren Ustascha-Kämpfers. Dieser Vorgang widerspricht in diesem Punkt dem Vierparteienbeschluss vom 9. Juli im Nationalrat, in dem die verantwortlichen Behörden des Landes Kärnten zur Beurteilung von Grundstückstransaktionen durch den Verein „Bleiburger Ehrenzug“ (PBV) aufgefordert wurden[3].

 

In weiterer Folge fanden Umbauten an der Gedenkstätte am Loibacher Feld, wie eine Erweiterung der Bühne, statt, was darauf hindeutet, dass sich die Verantwortlichen erneut auf größere Gedenkfeierlichkeiten vorbereiten. Heuer – 80 Jahre nach der militärischen Niederschlagung des NS-Regimes und seiner Verbündeten wie den Ustascha – kam es erstmals wieder zu einer rechtsrevisionistischen Gedenkfeier am Loibacher Feld, an der sich mehr als 200 Personen mit teils ultranationalistischen und faschistischen Bezügen beteiligten. Entsprechend wurden vor Ort auch faschistische und rechtsextreme Symbolik zur Schau gestellt.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1.    Der Expertenbericht wurde im November 2021 veröffentlicht und war bis vor kurzem auf der Homepage des Bundesministeriums für Inneres abrufbar (https://www.bmi.gv.at/news.aspx?id=4834616951752F412F45593D), jetzt aber nicht mehr. Warum nicht mehr und seit wann?

2.    Sowohl rund um das zweite als auch um das dritte Mai-Wochenende fanden Feiern aus dem Umfeld von rechtsrevisionistischen und ultranationalistischen Kreisen bei der Gedenkstätte am Loibacher Feld als auch in Bleiburg/Pliberk selbst statt. So kam es am 11.05.2025 zu einer offensichtlich organisierten Busanreise, zu einer Veranstaltung und Versammlung beim Denkmal. Ebenso am 16.05.2025, wo mehrere Busse, dutzende Fahrzeuge und mehr als 200 Personen zu einer Veranstaltung und Versammlung anreisten. Welche Feiern, Veranstaltungen und Versammlungen aus dem rechtsrevisionistischen und ultranationalistischen Spektrum sind Ihnen im Raum Bleiburg/Pliberk im Monat Mai 2025 bekannt? Bitte um Auflistung von Datum, Ort, Teilnehmeranzahl, Anmelder bzw. Veranstaltungsleiter und Gegenstand der Versammlung/Veranstaltung.

3.    Wurde die Versammlung am 11.05.2025 der Behörde zur Kenntnis gebracht oder angemeldet? Welchen rechtlichen Status hatte diese? Wie viele Personen nahmen teil und wer meldete die Feier an?

4.    Wurde die Versammlung am 16.05.2025 der Behörde zur Kenntnis gebracht oder angemeldet? Welchen rechtlichen Status hatte diese? Wie viele Personen nahmen teil und wer meldete die Feier an?

5.    Während der Feier am 16.05.2025 waren am Gelände Schilder angebracht, die über die polizeiliche Videoüberwachung auf Basis von § 54 Abs. 5 SPG aufklärten, ausgestellt von der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt/Velikovec. Welche Art Videoüberwachung wurde durchgeführt, wurde das Material zur Auswertung gesichert?

6.    Wie viele Einsatzkräfte waren während der Feier am 11.05.2025 im Einsatz. Wie viele davon verfügten über kroatische Sprachkenntnisse?

7.    Wie viele Einsatzkräfte waren während der Feier am 16.05.2025 im Einsatz. Wie viele davon verfügten über kroatische Sprachkenntnisse?

 

8.    Wie viele Anzeigen gab es im räumlichen und zeitlichen Umfeld der Feier am 11.05.2025? Bitte aufschlüsseln nach VG, AbzG, Symb-G, EGVG, ...; wie viele nach StVO?

 

9.    Wie viele Anzeigen gab es im räumlichen und zeitlichen Umfeld der Feier am 16.05.2025? Bitte aufschlüsseln nach VG, AbzG, Symb-G, EGVG, ...; wie viele nach StVO?

 

10. Während der Feier am 16.05.2025 wurde eine Person abgeführt. Auf welcher Rechtsgrundlage und wegen welchem Vorhalt?

 

11. Während der Feier am 16.05.2025 wurde eine unbestimmte Anzahl an Kerzen mit Aufdrucken von der Polizei beschlagnahmt. Wie viele Kerzen, warum und nach welcher Rechtsnorm? Wo sind diese Kerzen nun?

12. Während der Feier am 16.05.2025 wurde von einer Person eine Fahne der HOS gezeigt – was nach dem Symb-G unter Strafe steht. Konnte dieser Sachverhalt von der Behörde dokumentiert und die Identität der Person seitens der Behörde festgestellt werden?

13. Gab es vor der Feier am 11.5. oder / und vor der Feier am 16.5. eine Vorbesprechung seitens BH oder / und Veranstaltern oder / und LPD? Falls ja, wann und wo fand diese statt? Wer nahm daran teil?

14. Welche Schritte wurden unternommen, damit den dort eingesetzten Angehörigen der Sicherheitsbehörden die Bestimmungen des AbzG und Symb-G bekannt sind?

15. An der Feier am 16.05.2025 nahm der kroatische Botschafter in Österreich teil. Wann erhielt die örtliche Polizei und wann die örtliche Bezirkshauptmannschaft Kenntnis von seinem Kommen? Gab es eine Vorbesprechung und falls ja wann?

 

16. Handelte es sich bei der Feier am 11.05.2025 um eine Versammlung, eine Veranstaltung oder eine Ausnahme nach §5 VersG? Falls es sich um eine Ausnahme handelte, lag dafür eine Zustimmung der Ortskirche vor?

17. Handelte es sich bei der Feier am 16.05.2025 um eine Versammlung, eine Veranstaltung oder eine Ausnahme nach §5 VersG? Falls es sich um eine Ausnahme handelte, lag dafür eine Zustimmung der Ortskirche vor?

18. Am 17.05.2025 sammelten sich mehr als 50 Personen aus dem kroatischen Hooligan-Umfeld rund um die Pfarrkirche Unter-Loibach/Spodnje Libuče. Wurde dieser Aufmarsch seitens der Behörde beobachtet. Welche Schritte wurden gesetzt? Wie gestaltete sich der Ablauf der Versammlung?

19. Am 03.05.2022 wurde nach einem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt das Wappen am Gedenkstein beschlagnahmt und durch einen Steinmetz abgeschlagen. Wo ist das Wappen heute? Wurde es für verfallen erklärt, wenn nein warum nicht? Wurde es einer zeithistorischen Einrichtung zur Verwahrung angeboten, wenn nein warum nicht?

20. Vertreter des Vereins PBV haben im kroatischen Fernsehen angekündigt, gegen den Vierparteienbeschluss, den BMI-Bericht und das Verbot der Feier vor dem VfGH klagen zu wollen. Was ist Ihnen dazu bekannt?

21. Schon bisher fanden im Umfeld der Gedenkstätte – die eigentlich eine landwirtschaftliche Fläche ohne entsprechende Widmung für Bauwerke und Gedenkstätte ist – zahlreiche Ankäufe, Grundteilungsgenehmigungen, Widmungsänderungen, Errichtung von Bauwerken, wie zuletzt die Errichtung einer als Friedhof bezeichneten Anlage, mitten in den Feldern statt, die im Nachhinein oft als unzulässig erkannt wurden. Vor Kurzem wurde die Gedenkstätte erneut erweitert, renoviert und erneuert. Welche Genehmigungen für die Erweiterung der Gedenkstätte wurden eingeholt? Bitte um Auflistung mit Datum und GZ.



[1] https://www.parlament.gv.at/aktuelles/pk/jahr_2020/pk0783#XXVII_A_00731

[2] https://www.bmi.gv.at/news.aspx?id=4834616951752F412F45593D

[3] https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/A/731/imfname_807536.pdf