2506/J XXVIII. GP

Eingelangt am 05.06.2025
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Anfrage

 

der Abgeordneten Nina Tomaselli, Freundinnen und Freunde

an den Bundeskanzler

betreffend Vorstandsposten bei der unabhängigen FMA für ÖVP-Parteifreundin

BEGRÜNDUNG

 

Mit einem Ministerratsvortrag vom 19.3.2025 hat Finanzminister Markus Marterbauer Mariana Kühnel als Vorstandsmitglied für die Finanzmarktaufsicht (FMA) namhaft gemacht. Dem Regierungsprogramm der ÖVP-SPÖ-NEOS-Koalition ist zu entnehmen, dass “das Vorschlagsrecht für das erste ausscheidende Mitglied des Vorstands der FMA beim Bundeskanzler liegt”.[1] Die Personalbestellung von Kühnel ist also auf Ihre Initiative zurückzuführen.

 

Schon bisher wurde teilweise Kritik über diesen Personalwunsch geäußert, da Kühnel nicht nur als stellvertretende Generalsekretärin der Wirtschaftskammer Österreich einen starken Branchenvertreterbezug hat, sondern sich auch als Aufsichtsrätin der von der FMA kontrollierten Erste Group ohne eine ausreichende Cooling Off-Phase Interessenskonflikte bei der künftigen Tätigkeit ergeben könnten.

 

Umso erstaunter waren wir, als Recherchen von uns ergeben haben, dass Mariana Kühnel im vergangenen Wien-Wahlkampf als Wahlwerberin der ÖVP aufgetreten ist ­- dies auch noch nach der Bestellung durch den Finanzminister am 19. März.

 

Posting der ÖVP Innere Stadt vom 11. April 2025[2]

 

Laut amtlichen Aushang wurde Mariana Kühnel auch als Bezirksrätin für die ÖVP gewählt. Außerdem bekleidet sie aktuell die Partei-Funktion Bezirkspartei-Stellvertreterin.[3]

 

Dieser nahtlose Übergang zwischen Banken, Politik und unabhängiger Aufsicht ist nach Meinung der unterzeichnenden Abgeordneten durchaus kritisch zu sehen. Denn angesichts der Tatsache, dass der Unabhängigkeit der FMA schon der Anschein der Befangenheit schadet, fragen wir uns, ob es für die Vorstandsposition keine geeigneteren Kandidat:innen gegeben hat. Im Code of Conduct der FMA steht beispielsweise, dass die Unparteilichkeit das oberste Gebot für die Arbeit in der FMA ist und Interessenskonflikte zu vermeiden sind.[4]

 

Dieses Prinzip sollte auch bereits bei der Personalbestellung gelten. Die Bestellung Ihrer ÖVP-Parteifreundin ist höchst irritierend, deshalb stellen wir folgende

 

ANFRAGE

 

1.    Welche Gespräche und zu welchem Zeitpunkt haben Sie mit Mariana Kühnel im Zuge des Personalvorschlags Ihrer Parteifreundin geführt?

2.    Wie haben Sie bei Ihrer Meinungsbildung für die Vorstandsbesetzung mögliche Interessenskonflikte (WKO, Aufsichtsratsposten, Parteifunktionärin) abgewogen?

3.    Wann haben Sie von der erfolgreichen Kandidatur durch Kühnel als ÖVP-Bezirksrätin erfahren?

4.    Wann haben Sie den im Regierungsprogramm genannten Vorschlag an den Finanzminister übermittelt?

5.    Haben Sie den Finanzminister über die aktive ÖVP- Politiker:innen-Funktion von Mariana Kühnel informiert?
4.1. Falls keine Information erfolgt ist, warum nicht?

6.    Der Ministerratsvortrag betreffend den Bestellungsvorschlag des Finanzministers statuiert, dass die in § 5 Abs. 4 FMABG genannten Voraussetzungen vom vorgeschlagenen Vorstandsmitglied erfüllt werden. Da Ihnen das Vorschlagsrecht obliegt, wann und wie wurden diese Voraussetzungen von Ihnen überprüft?

6.1. Falls die Überprüfung von einer anderen Stelle erfolgte, liegen Ihnen die Ergebnisse dazu vor?

7.     Laut § 5 Abs. 4 FMABG dürfen Mitglieder des Vorstands ihre Tätigkeit nur hauptberuflich ausüben. Wurde hinsichtlich Tätigkeit als Bezirksrätin eine mögliche Verletzung dieser Bestimmung überprüft?
7.1. Falls nein, warum nicht?

8.    Gab es in der Vergangenheit ähnlich gelagerte Fälle, etwa bei Vorstandsmitgliedern der FMA oder Direktoriumsmitgliedern der OeNB, bei denen neben der hauptberuflich auszuübenden Tätigkeit auch ein politisches Amt ausgeübt wurde?

9.    Gibt es seitens des Bundeskanzlers rechtliche Bedenken bezüglich gleichzeitiger Ausübung der Funktionen FMA-Vorstand und ÖVP-Bezirksrätin?





[1] https://www.dievolkspartei.at/Download/Regierungsprogramm_2025.pdf

[2] https://www.instagram.com/p/DIUJNFYs7Wl/?utm_source=ig_web_copy_link&igsh=MzRlODBiNWFlZA==

[3] https://volkspartei.wien/bezirke/innere-stadt/

[4] Code of Conduct der FMA (Dateiformat: pdf, Dateigröße: 177,7 KB, Sprache: Deutsch)