2579/J XXVIII. GP

Eingelangt am 16.06.2025
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Christian Hafenecker, MA

an den Bundeskanzler

betreffend ÖVP-Machtmissbrauch: Partei oder Staat, was steht bei Ihnen an erster Stelle, Herr Bundeskanzler?

 

 

Österreich befindet sich nach fünf Jahren schwarz-grüner Fehlregierung in einem beispiellosen wirtschaftlichen, finanziellen und gesellschaftlichen Niedergang. Der fortgesetzte Machtmissbrauch der ÖVP – insbesondere während der Corona-Zeit – hat nicht nur Grund- und Freiheitsrechte massiv verletzt, sondern auch das Vertrauen der Bürger in die Institutionen nachhaltig erschüttert. Kritiker der Regierung wurden gezielt durch Behörden schikaniert, Demonstrationen eingeschränkt, Überwachungs-maßnahmen ausgedehnt und politische Gegner unter Generalverdacht gestellt. Besonders der Fall des verstorbenen Sektionschefs Christian Pilnacek zeigt in erschreckender Weise auf, wie weit die politische Einflussnahme bereits reicht. Die Umstände seines Todes und die darauffolgenden Ermittlungsfehler werfen ein düsteres Licht auf das Agieren der ÖVP im Hintergrund.

 

Parallel dazu wurde eine linientreue Medienlandschaft geschaffen, die durch gezielte Förderungen bei Laune gehalten wird, während regierungskritische Stimmen systematisch ausgegrenzt und finanziell ausgehungert wurden. Gleichzeitig betreibt die ÖVP hemmungslos Postenschacher: Unqualifizierte Parteifreunde wie Magnus Brunner und Karl Nehammer werden mit hochdotierten EU-Funktionen versorgt, während verdiente Experten übergangen werden. Dass auch familiäre Seilschaften – wie im Fall des neuen ÖFB-Präsidenten Josef Pröll – ungeniert bedient werden, zeigt die völlige Entkoppelung der ÖVP von jeglicher politischen Anstandsgrenze.

 

Dass all dies nun auch noch offen im Regierungsprogramm zementiert wird[1] – unter Federführung eines ÖVP-Klubobmanns, der selbst wegen Amtsmissbrauch angeklagt ist –, stellt den Gipfel des Machtmissbrauchs dar. Für uns Freiheitliche ist klar: Diese ÖVP dient nicht dem Volk, sondern ausschließlich sich selbst und ihren Funktionären. Die FPÖ fordert daher lückenlose Aufklärung, politische Konsequenzen und die sofortige Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zum ÖVP-Machtmissbrauch. Bundeskanzler Christian Stocker muss sich endlich entscheiden, ob er Kanzler aller Österreicher oder lediglich Statthalter einer korrupten Parteimaschinerie sein will.

 

Aufgrund dieser beschriebenen Umstände wurde am 21. Mai 2025 eine Dringliche Anfrage an Bundeskanzler Stocker gestellt. Da dieser an jenem Tag verhindert war, musste Staatssekretär Alexander Pröll in dessen Vertretung die Anfrage beantworten. Dabei blieben jedoch zahlreiche Fragen offen, weshalb dem Bundeskanzler die Gelegenheit gegeben werden soll, eine korrekte und vollständige Beantwortung nachzuholen.

 

In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete an den Bundeskanzler nachstehende

 

Anfrage

 

1.    Wurde durch die Bundeskanzler der vergangenen schwarz-grünen Regierung, Mitarbeiter von deren Kabinetten oder leitende Bedienstete des Bundes-kanzleramts unsachlicher und/oder parteipolitisch motivierter Einfluss auf die zuständigen Versammlungsbehörden genommen?

a.    Wenn ja, wann und in welcher Form?

2.    Wurde durch die Bundeskanzler der vergangenen schwarz-grünen Regierung, Mitarbeiter von deren Kabinetten oder leitende Bedienstete des Bundes-kanzleramts unsachlicher und/oder parteipolitisch motivierter Einfluss auf Überwachungs-, Beobachtungs- und Kontrollmaßnahmen gegenüber Personen oder Gruppen, die sich kritisch gegenüber der Bundesregierung oder den COVID-19-Maßnahmen geäußert bzw. engagiert haben, genommen?

a.    Wenn ja, wann und in welcher Form?

3.    In welchem finanziellen Umfang wurden vom Bundeskanzleramt in den Jahren 2020 bis 2024 Inserate und sonstige Werbemaßnahmen in Medien in Auftrag gegeben? (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren und Medien ab einem Auftragsvolumen von € 100.000 pro Jahr)

4.    Wie hoch war der jeweilige Betrag pro Jahr, der 2020 bis 2024 für Informations- und Werbemaßnahmen in Zusammenhang mit COVID-19 ausgegeben wurde?

5.    Wann und warum wurde der „Digitale Krisenstab“ im Bundeskanzleramt eingerichtet, der sich unter anderem mit dem Aufspüren und Richtigstellen angeblicher Falschinformationen rund um das Coronavirus beschäftigen sollte?

6.    Wann wurde dieser „Digitale Krisenstab“ aufgelöst?

a.    Wenn er nicht aufgelöst wurde, welchen Zwecken dient er aktuell?

b.    Wenn er aufgelöst wurde, wer führt die Arbeit des „Digitalen Krisen-stabes“ im Bundeskanzleramt fort und auf welcher Rechtsgrundlage?

7.    Wie hoch waren die Kosten für den „Digitalen Krisenstab“ bis zum heutigen Tag? (Bitte um Gliederung nach Personalkosten und sonstigem Aufwand)

8.    Welche Mittel und Methoden setzte der „Digitale Krisenstab“ ein, um das gesteckte Ziel des Aufspürens und Richtigstellens angeblicher Falsch-informationen rund um das Coronavirus zu erfüllen?

9.    Auf welcher Basis wurde entschieden, ob bestimmte Informationen als Falsch-informationen zu qualifizieren sind?

10. Arbeitete der „Digitale Krisenstab“ auch mit den nachrichtendienstlichen Einrichtungen im Innen- und Verteidigungsministerium zusammen?

a.    Wenn ja, in welcher Weise konkret?


 

11. Wie viele Hintergrundgespräche oder sonstige nicht öffentliche Treffen mit Medienvertretern hat Ihr Amtsvorgänger Sebastian Kurz ab 07.01.2020 abgehalten?

a.    Wann und zu welchen Themen fanden diese Gespräche bzw. Treffen statt?

12. Wie viele Hintergrundgespräche oder sonstige nicht öffentliche Treffen mit Medienvertretern hat Ihr Amtsvorgänger Alexander Schallenberg vom 11.10.2021 bis 06.12.2021 abgehalten?

a.    Wann und zu welchen Themen fanden diese Gespräche bzw. Treffen statt?

13. Wie viele Hintergrundgespräche oder sonstige nicht öffentliche Treffen mit Medienvertretern hat Ihr Amtsvorgänger Karl Nehammer vom 06.12.2021 bis 10.01.2025 abgehalten?

a.    Wann und zu welchen Themen fanden diese Gespräche bzw. Treffen statt?

14. Wie viele Hintergrundgespräche oder sonstige nicht öffentliche Treffen mit Medienvertretern hat der mit dem Vorsitz in der einstweiligen Bundesregierung und der Fortführung der Verwaltung im Bundeskanzleramt betraute Alexander Schallenberg vom 10.01.2025 bis 03.03.2025 abgehalten?

a.    Wann und zu welchen Themen fanden diese Gespräche bzw. Treffen statt?

15. Wie viele Hintergrundgespräche oder sonstige nicht öffentliche Treffen mit Medienvertretern haben Sie als Bundeskanzler seit 03.03.2025 abgehalten?

a.    Wann und zu welchen Themen fanden diese Gespräche bzw. Treffen statt?

16. Gibt es neben dem entsprechenden Passus im Regierungsprogramm Abreden zwischen den Regierungsparteien über die Vergabe von Posten, sprich sogenannte Sideletter?

a.    Wenn ja, welche und mit welchem Inhalt?

17. Wie stehen Sie dazu, dass mit ÖVP-Klubobmann August Wöginger eine Person an diesen Vergaben mitwirkt, dem vorgeworfen wird, zugunsten einer nicht ausreichend qualifizierten Person interveniert und zum Amtsmissbrauch angestiftet zu haben?

18. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass August Wöginger vorläufig von der Mitwirkung an der Vergabe der im Regierungsprogramm vorgesehenen Posten ausgeschlossen wird?

19. Zumal Sie die Beantwortung der Dringliche Anfrage nicht persönlich vorgenommen haben, zu welchem Zeitpunkt war der Auslandsaufenthalt, den Sie dem Parlament am Nachmittag des 19.05.2025 – also etwa vier Tage nach der Einbringung des Verlangens einer Sondersitzung – mitgeteilt haben, bekannt?

20. Warum wurde dieser Auslandsaufenthalt nicht bereits bei der Termin-vereinbarung der Sondersitzung am 16.05.2025 kommuniziert?

21. Hatte der Auslandsaufenthalt dienstlichen Charakter?

a.    Wenn ja, welchem dienstlichen Zweck diente er?

b.    Wenn nein, was war der Anlass dafür?

c.     Wenn nein, kann es sein, dass der Staat für Sie nicht an erster Stelle steht?



[1]   https://www.bundeskanzleramt.gv.at/dam/bkagvat/content/bundesregierung/die-bundesregierung/regierungsdokumente/Regierungsprogramm_2025-2029.pdf, S. 231ff