2602/J XXVIII. GP

Eingelangt am 16.06.2025
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Harald Thau

an die Bundesministerin für Landesverteidigung

betreffend Österreich unter französischem Atomschirm? – Anfrage zur sicherheitspolitischen Strategie

 

 

In einem Interview mit dem Nachrichtenportal Euractiv vom 12. Mai 2025 erklärte Bundeskanzler Christian Stocker, dass Österreich weiterhin an seiner verfassungs-mäßig verankerten Neutralität festhalte.[1] Gleichzeitig äußerte er jedoch, dass Österreich im Fall eines Angriffs aufgrund der EU-Beistandsklausel auch durch den französischen Atomschutzschirm mitgeschützt würde.

 

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner widersprach dieser Aussage öffentlich: In einem Interview mit der APA, bekräftigte sie, dass Österreich unter ihrer Verantwortung keine Beteiligung an einem Atomschutzschirm anstrebe.[2] Sie stellte klar, dass die Republik Österreich an ihrer neutralitätskonformen Verteidigungspolitik festhalte.

 

Die gegensätzlichen Aussagen von Bundeskanzler und Verteidigungsministerin lassen erhebliche Unklarheiten hinsichtlich der sicherheitspolitischen Ausrichtung Österreichs erkennen und werfen die Frage auf, welche Position die Bundesregierung tatsächlich vertritt.

 

 

In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete an die Bundes-ministerin für Landesverteidigung nachstehende

 

Anfrage

 

1.    Teilt das Verteidigungsministerium die Aussage des Bundeskanzlers, wonach Österreich im Fall eines Angriffs durch den französischen Atomschutzschirm mitgeschützt würde?

2.    Kann das Verteidigungsministerium ausschließen, dass Österreich – direkt oder indirekt – in eine nukleare Abschreckungsstrategie eines EU-Mitgliedstaates eingebunden wird?

3.    In welcher Weise und mit welchen konkreten Maßnahmen bekennt sich das Verteidigungsministerium aktiv zur Wahrung und Stärkung der immer-währenden Neutralität der Republik Österreich?

4.    Wie beurteilt das Verteidigungsministerium die Vereinbarkeit der vom Bundeskanzler angedeuteten Schutzwirkung durch den französischen Nuklearschirm mit der verfassungsmäßig verankerten immerwährenden Neutralität gemäß Art. 9a B-VG?

5.    Welche sicherheitspolitische Interpretation legt das Verteidigungsministerium der EU-Beistandsklausel nach Art. 42 Abs. 7 EUV zugrunde, insbesondere im Hinblick auf mögliche nukleare Komponenten?

6.    Welche Maßnahmen setzt das Verteidigungsministerium, um sicherzustellen, dass die österreichische Neutralität auch im Rahmen der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik gewahrt bleibt?

7.    Plant das Verteidigungsministerium angesichts der widersprüchlichen Aussagen innerhalb der Bundesregierung eine Klarstellung gegenüber der österreichischen Bevölkerung, um mögliche Verunsicherungen auszuräumen?

8.    Hält das Verteidigungsministerium die aktuelle österreichische Sicherheits-doktrin unter den gegebenen sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen für ausreichend, um die Neutralität gegenüber atomaren Schutzstrategien klar abzugrenzen?



[1]     https://www.euractiv.de/section/innenpolitik/interview/interview-austrian-chancellor-says-nein-to-nato-but-is-eager-for-french-nuclear-protection/

[2]     https://apa.at/news/tanner-erteilt-nuklearem-schutzschirm-klare-absage/