2614/J XXVIII. GP
Eingelangt am 17.06.2025
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ANFRAGE
der Abgeordneten Mag. Katayun Pracher-Hilander und Mag. Gerhard Kaniak
an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumenten-schutz
betreffend Lieferengpässe bei Antibiotika gemäß BASG-Meldungen
Immer wieder kommt es in Österreich zu massiven Lieferengpässen bei essenziellen Antibiotika, besonders bei solchen, die in der Pädiatrie eingesetzt werden.
Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) führt auf seiner Website eine tagesaktuelle Liste aller in Österreich gemeldeten Vertriebseinschränkungen von Arzneispezialitäten.[1] Diese öffentlich zugängliche Datenbank zeigt, dass auch im Mai 2025 weiterhin zahlreiche antibiotische Wirkstoffe, darunter insbesondere Amoxicillin, Penicillin V sowie Azithromycin, von Lieferschwierigkeiten betroffen sind. Dies betrifft sowohl Tabletten als auch Suspensionsformen, letztere vor allem im Bereich der Pädiatrie.
Derartige Engpässe stellen eine ernsthafte Herausforderung für die flächendeckende Gesundheitsversorgung dar, insbesondere bei bakteriellen Infektionen, bei denen eine gezielte antibiotische Behandlung zeitnah erfolgen muss. Die wiederholten Hinweise von Apotheken, Ärzten und medizinischen Fachgesellschaften auf fehlende Verfüg-barkeit bestimmter Standardantibiotika unterstreichen den dringenden Handlungs-bedarf.
Obwohl das BASG Maßnahmen zur Beobachtung und Meldung setzt, bleiben Fragen offen, wie und mit welchen Mitteln das Gesundheitsministerium aktiv auf wiederholte Versorgungslücken reagiert, insbesondere in Bezug auf lebenswichtige Arzneimittel wie Antibiotika.
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an die Bundes-ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz nachstehende
Anfrage
1. Welche Antibiotika gelten derzeit mit Stand 31. Mai 2025 in Österreich als nicht oder nur eingeschränkt lieferbar?
a. Welche der derzeit nicht oder nur eingeschränkt lieferbaren Antibiotika betreffen besonders häufig eingesetzte Standardtherapien bei Kindern und älteren Personen?
b. Welche dieser Engpässe bestehen seit mehr als sechs Monaten?
2. Welche Ursachen liegen diesen Lieferengpässen jeweils zugrunde (z.B. Produktionsausfall, Rückruf, Rohstoffmangel, Preisgestaltung)?
3. Wurden mit den Herstellern, Großhändlern oder dem Dachverband der Sozialversicherungsträger, Gespräche geführt, um die Versorgung zu verbessern?
a. Wenn ja, mit welchen Unternehmen wurden Gespräche geführt und welche konkreten Ergebnisse liegen vor?
b. Wenn nein, warum wurde auf direkte Kommunikation (mit den Herstellern) verzichtet?
c. In welcher anderen Form wurde auf die ministerielle Aufsichtspflicht verzichtet?
4. Haben Sie Maßnahmen gesetzt, um die Versorgungssicherheit bei den derzeit nicht oder nur eingeschränkt lieferbaren Antibiotika kurzfristig sicherzustellen?
a. Wenn ja, welche Maßnahmen wurden jeweils für die stärksten betroffenen Präparate konkret umgesetzt?
b. Wenn nein, aus welchen Gründen wurden keine kurzfristigen Maßnahmen gesetzt?
5. Wie stellen Sie sicher, dass die Liste des BASG vollständig und aktuell geführt wird und wie oft werden die Angaben der Zulassungsinhaber/Hersteller erneut überprüft?
a. Welche Konsequenzen hat eine längere Nichtverfügbarkeit für den Zulassungsinhaber?
6. Welche Kommunikation erfolgt zwischen Ihrem Ministerium, dem BASG, den betroffenen Pharmaunternehmen sowie der Ärzteschaft in Bezug auf die Engpässe?
7. Welche kurzfristigen Maßnahmen wurden gesetzt, um die Versorgung mit nicht verfügbaren Antibiotika dennoch zu gewährleisten (z.B. Importe, Notzu-lassungen)?
8. Welche strukturellen Maßnahmen sind geplant, um wiederkehrende Lieferengpässe bei Antibiotika dauerhaft zu verhindern?
9. Gibt es Überlegungen zur Anpassung einer Notfallregelung, nationaler Vorrats-lager für essenzielle Arzneimittel, insbesondere Antibiotika?
a. Wenn ja, in welchem zeitlichen Rahmen und mit welchem organisa-torischen Modell soll dieses umgesetzt werden?
i. Inwiefern wird dabei die Portionierung von Arzneimittel berücksichtigt?
ii. Nach welchen Konzepten erfolgt die Herstellung, gebrauchs-fertiger Arzneimittel?
iii. In welchen Gebindegrößen sollen Arzneimittel in der Vorrats-haltung gelagert werden?
iv. Welche Hilfsstoffe sollen außerdem gelagert werden?
v. Wird in diesen Bezug eine Notfallregelung angepasst?
b. Wenn nein, aus welchen Gründen wird auf ein solches Reservekonzept trotz der wiederholten Lieferengpässe verzichtet?
10. In welchem Ausmaß ist Österreich derzeit auf Antibiotikaimporte aus Drittstaaten (außerhalb der EU) angewiesen?
11. Wird die in Kundl (Tirol) ansässige Antibiotikaproduktion von Sandoz seitens der Bundesregierung gezielt unterstützt, um die Versorgungssicherheit zu erhöhen?
a. Wenn ja, in welcher Form (finanziell, regulatorisch etc.)?
12. Planen Sie weitere Investitionen in den Ausbau oder die Diversifizierung der Antibiotikaproduktion in Österreich?
13. Wie schätzen Sie die Auswirkungen der aktuellen Engpässe auf die Resistenz-entwicklung durch vermehrten Einsatz von Breitbandantibiotika ein?
14. Gibt es regelmäßige Gespräche mit Stakeholdern (z.B. Ärztekammer, Apothekerkammer, Pharmaindustrie), um die Engpässe zu bewerten und Gegenmaßnahmen zu koordinieren?
15. Welche Unterstützungsmaßnahmen sind für Apotheken vorgesehen, die in Folge der Lieferengpässe zusätzlichen Aufwand bei Beratung und Beschaffung tragen müssen?
16. Welche Unterstützungsmaßnahmen sind vorgesehen, um Apotheken eine erhöhte Lagerreichweite zur Abfederung von Lieferengpässen zu ermöglichen?
17. Welche konkreten Maßnahmen sind geplant, um durch einen Infrastruktur-sicherungsbeitrag die wirtschaftliche Stabilität und flächendeckende Versorgung durch Apotheken, insbesondere in strukturschwachen und ländlichen Regionen, langfristig zu sichern?
18. Wie soll die Nachfolgeregelung für Apotheken sichergestellt werden?
19. In welcher Form werden betroffene Ärzte, Patienten und Apotheken von Ihrem Ressort über akute Engpässe informiert?
[1] https://medicineshortage.basg.gv.at/vertriebseinschraenkungen/faces/adf.task-flow?_afrWindowId=null&_document=WEB-INF%2Fban-btf.xml&_id=ban-btf