2623/J XXVIII. GP
Eingelangt am 17.06.2025
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ANFRAGE
des Abgeordneten Mag. Christian Ragger
an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumenten-schutz
betreffend 250 Krankenkassen-Chefs auf Luxus-Seminar im Hotel
Während Leistungen für die österreichischen Versicherten immer mehr in die Schusslinie der Sparmaßnahmen der Bundesregierung geraten, scheint die hohe Verwaltung in den österreichischen Sozialversicherungsträgern davon unbeeinflusst. Gespart wird anscheinend nur beim normalen Bürger und fleißigen Einzahler. Nicht nur die Republik hat ein immenses Budgetloch vorzuweisen und ein Defizitverfahren ist nicht mehr abzuwenden, sondern auch die ÖGK hat ein gewaltiges „finanzielles Loch“ in Höhe von 900 Millionen Euro vorzuweisen. Anstatt aber die Kosten im Bereich der Verwaltung zu sparen – wie es seit Langem geboten wäre – werden den Top-Funktionären teure Seminaraufenthalte in Luxus-Ressorts gezahlt. Ein Hohn für die österreichische Bevölkerung, die vom System geschröpft und mit immer geringeren Gesundheitsleistungen bedacht wird. Die Tageszeitung „Krone“ berichtete in ihrem Online-Format am 31. Mai 2025 dazu:
„250 Krankenkassen-Chefs auf Luxus-Seminar im Hotel
Recherchen der „Krone“ und des „Profil“ zeigen: Während Patienten im ganzen Land die Kassenleistungen beim Arzt gekürzt werden, waren 250 Führungskräfte der Österreichischen Gesundheitskasse bei einem zweitägigen Seminar in einem Salzburger Luxushotel samt Golfclub und Wellnessoase. Die Kasse rechtfertigt sich:
Budgetdefizit, Führungskräfte, Seminar, und Luxushotel in Salzburg – da war doch was? Richtig. Wie die „Krone“ aufdeckte, suchten sich unsere Landeshauptleute für ihre nächste Konferenz und das Treffen mit der Bundesregierung ein luxuriöses Fünfsternhotel in Salzburg aus. Es setzte Kritik – und zumindest die Mitglieder der Bundesregierung verzichteten bekanntlich auf die Nächtigungen.
250 Führungskräfte beim Seminar
Jetzt zeigt sich: Die Salzburger Behebungsbetriebe dürften für Treffen dieser „Zimmerkategorie“ ganz generell gerade en vogue sein. Denn wie der „Krone“ und dem „Profil“ zugespielte Bilder und Belege zeigen, residierten erst Anfang Mai die Führungskräfte der Österreichischen Gesundheitskasse zuletzt für ein Seminar im idyllischen Saalfeldener Hotel Gut Brandlhof. Nur dass dort nicht nur neun Länderchefs und die Bundesregierer konferierten, sondern gleich die ganze obere Managerebene – und damit in Summe 250 (!) Personen.
Shuttle-Dienst für die Manager
Mit Bussen und Dienstwägen wurden die „Gesundheitsmanager“ der Kasse aus allen Teilen Österreichs abgeholt und nach Saalfelden gebracht. Ganz offenbar eine gute und gelebte Tradition. „Nach Saalfelden IV“ ist nämlich vor „Saalfelden V“ hieß es dazu letztes Jahr schon im hauseigenen Intranet. Seit dem Bestehen der Kasse (1. Jänner 2020) besuchte man zumindest Saalfelden offenbar also jährlich. Und so auch heuer - trotz eines klaffenden Budgetlochs von 900 Millionen Euro und – wie berichtet – massiver Einsparungen bei den Kassenleistungen für Patienten. Aufgrund der Einsparungen werden in einem ersten Schritt MRT- und CT-Untersuchungen sowie Physiotherapie wieder genehmigungspflichtig. Zudem müssen Kassenpatienten für Transporte künftig sogar selbst bezahlen.
Nur was wurde parallel zu den laufenden Verhandlungen rund um so harte Einschnitte im Gesundheitssystem vor Ort im Hotel gemacht? Und wie passen die Seminare zum Ziel der ÖGK, bei den Verwaltungskosten zu sparen? Neue Recherchen des „Profil“ zeigten ja, dass die Verwaltungskosten seit fünf Jahren sogar um 38 Prozent gestiegen sind.
Luftballons auf Bobbycars
Nun ja – der genaue Programmablauf ist nicht bekannt. Bilder belegen aber, wie Luftballone aufgeblasen und auf Bobbycars montiert wurden sowie eifriges Werken bei Bastelworkshops. „ÖGK wir lochen alle Bälle ein“ ist da auf einem ÖGK-Plakat im Hotel samt Golfclub zu lesen. In einer internen Rückschau nach dem Treffen im Jahr 2024 wurde der dortige Aufenthalt so zusammengefasst: „Welch geniale Baumeister unsere Führungskräfte jenseits der Schreibtische sind, zeigte sich nicht nur in den Gruppennamen. Mission Impossible, Ballonfahrt, Team up in the air, ÖGKar, Pendeltruppe und viele mehr bastelten da intensiv am gemeinsamen Erfolg“. Bei einer internen Analyse zu Einsparungspotenzialen in der Kasse werden unter dem Punkt Klausuren sogar satte 500.000 Euro angeführt. Das lässt Raum für Spekulationen. Bei der Kasse ist man jedenfalls aber um Aufklärung bemüht.
ÖGK entschied sich für „günstigstes Angebot“
„Die Österreichische Gesundheitskasse ist ein österreichweites Unternehmen mit mehr als 12.000 Mitarbeitern, die in neun Bundesländern tätig sind. Einmal jährlich findet eine 2,5-tägige Führungskräfteklausur statt, um strategische und inhaltliche Ziele zu erarbeiten. Weil die Mitarbeiter in neun verschiedenen Landesstellen arbeiten, wurde ein Ort ausgewählt, der in der Mitte Österreichs liegt“, heißt es auf gemeinsame Anfrage beider Medien.
Die Anreise erfolge von den Landesstellen in Bussen, damit kein Kilometergeld für die individuelle Anreise anfällt, zusätzlich ist dies natürlich umweltfreundlicher. „Es gibt wenige Unterkünfte in Österreich, die so viele Mitarbeiter beherbergen können und auch die geeignete Infrastruktur für Workshops bieten. Natürlich wurden hier Vergleichsangebote eingeholt, die ÖGK hat sich für die damals kostengünstigste Variante entschieden“, wird ergänzt.
Sparpotenziale bei Klausur umgesetzt
Für die strategische Ausrichtung der ÖGK sei es zudem sinnvoll, dass einmal im Jahr alle Führungskräfte zusammentreffen, um die weitere Ausrichtung der ÖGK zu besprechen. Dies gilt umso mehr, als die ÖGK eine noch recht junge Organisation ist und die Fusion naturgemäß einen großen Change-Prozess ausgelöst hat. „Die jährliche Führungskräfteklausur in Saalfelden dient nicht zuletzt der weiteren Etablierung der Kultur einer gemeinsamen ÖGK. Im Rahmen der Finanzkonsolidierung überprüfen wir alle unsere Kosten und identifizieren Sparpotenziale, das ist auch bei der Führungskräfteklausur geschehen und umgesetzt worden“, heißt es weiter.
„Leider gibt es keine Möglichkeit eine Klausur mit 250 Teilnehmern in den Räumlichkeiten einer ÖGK Landesstelle durchzuführen, daher müssen wir auf externe Räumlichkeiten ausweichen“, wird erklärt. Dabei waren „alle Führungskräfte von der ersten, bis zur dritten Ebene“. Von 18. bis 20. Mai 2026 werden die ÖGK-Chefs wieder eintrudeln.
Dienstwagen-Debatte noch ausgebremst
Zumindest eine Dienstwagen-Debatte bleibt den ÖGK-Bossen – anders als den Regierern – aber erspart. Die noch im Herbst trotz damals bereits schlechter Finanzprognosen geplante Beschaffung 20 neuer Elektro-BMW-Dienstwägen wurde „angesichts der Finanzlage“ verworfen ...“[1]
In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete an die Bundes-ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz nachstehende
Anfrage
1. Wie beurteilt das BMASGPK die Vereinbarkeit eines Seminars mit 250 Führungskräften in einem Luxusresort samt Golfclub und Wellnessbereich mit den laufenden Einsparungen bei Kassenleistungen für Patienten?
2. Wie hoch waren die Gesamtkosten dieses Seminars, aufgeschlüsselt nach Nächtigung, Verpflegung, den individuellen Shuttle-Diensten und Programm-punkten?
3. Warum konnte dieses Seminar nicht online stattfinden?
4. Welche konkreten Vergleichsangebote wurden eingeholt?
5. Was war das günstigste Angebot?
a. Ist dieses auch objektiv verifiziert und dokumentiert?
b. Warum wurde dieses nicht genommen?
6. Welche externen Dienstleister (Eventagenturen, Moderatoren, Coaches, etc.) wurden engagiert und wie viel wurde jeweils für deren Leistungen ausgegeben?
7. Welche konkreten strategischen Ziele wurden bei diesem Seminar erarbeitet?
8. Gibt es schriftliche Protokolle oder Zielvereinbarungen als Ergebnis dieser Tagung?
9. Inwiefern rechtfertigt ein Bastelworkshop mit Bobbycars, Luftballons und Gruppennamen wie „Pendeltruppe“ oder „Mission Impossible“ den Aufwand und die Kosten dieses Seminars?
10. Inwiefern erkennen Sie angesichts der ernsthaften ökonomischen Lage für Staat, Gesellschaft und Bürger die Sinnhaftigkeit solcher infantilen Spielereien?
a. Welche Kosten entfielen dabei für die genannten Bobbycars?
b. Welche weitere Verwendung sind für diese vorgesehen?
c. Sind diese Bobbycars den Funktionären nach Beendigung des Seminars gratis zur Verfügung gestellt bzw. überlassen worden?
i. Wenn ja, inwiefern konnte bei den Funktionären ein Bedarf nach diesen festgestellt und gerechtfertigt werden?
11. Wurde bei diesem Seminar auch das Wellness- und Golf-Angebot von den Funktionären in Anspruch genommen?
a. Wenn ja, wie viele Personen haben diese Angebote in Anspruch genommen?
b. Wenn ja, auf welche Höhe belaufen sich hier die Kosten?
c. Wenn ja, wer kam für diese Kosten auf?
d. Wenn nein, können Sie ausschließen, dass die Funktionäre das Wellness- und Golf-Angebot in Anspruch genommen?
12. Wie hoch waren die Kosten dieser Seminare der ÖGK-Führungskräfte in den Jahren 2020, 2021, 2022, 2023 sowie 2024?
a. Sofern grobe Kostenabweichungen festzustellen sind; worauf sind diese zurückzuführen?
b. Hätten alle Seminare in den Jahren 2020 bis 2025 online stattgefunden, welche Einsparungen hätten sich daraus ergeben?
13. Gibt es eine unabhängige Evaluation der Wirksamkeit solcher Seminare für die strategische Ausrichtung sowie für die Sparziele der ÖGK?
14. Wie wird sichergestellt, dass solche Veranstaltungen in Zukunft einer unabhängigen Kontrolle hinsichtlich ihrer Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Notwendigkeit unterzogen werden?
15. Wird das BMASGPK eine Prüfung durch den Rechnungshof oder die interne Revision des BMASGPK veranlassen?
16. Wie erklärt das BMASGPK, dass gleichzeitig zur Durchführung dieses Seminars massive Leistungskürzungen (z. B. Wiedereinführung der Bewilligungspflicht für MRTs/CTs, Eigenleistung bei Patienten-Transporten) durchgesetzt wurden?
17. Wie vermittelt das BMASGPK der Bevölkerung, dass Einsparungen bei Gesundheitsleistungen notwendig seien, wenn offenbar signifikante Summen für Seminare mit Eventcharakter zur Verfügung stehen?
18. Wie rechtfertigt das BMASGPK einen Anstieg der Verwaltungskosten der ÖGK um 38 % seit 2020 – auch im Kontext der angeführten Seminarkosten?
a. Wie schlüsseln sich die Verwaltungskosten in den Jahren von 2020 bis dato auf und welche Gründe gibt es für die jeweiligen Anstiege?
19. Welche konkreten Sparmaßnahmen wurden im Rahmen der erwähnten „Klausurkosten“ von 500.000 Euro bereits umgesetzt und wie hoch ist das tatsächliche Einsparvolumen?
20. Ist eine Abhaltung eines ähnlichen Seminars in diesem Zusammenhang für die kommenden Jahre aus finanzieller und inhaltlicher Sicht sinnvoll?
21. Wird das BMASGPK auf eine verbindliche Regelung hinwirken, die den Umfang, die Häufigkeit und die Ausgaben für Führungskräfteseminare in der ÖGK (und anderen Sozialversicherungsträgern) deckelt?
22. Wird künftig auch die Möglichkeit geprüft, solche Veranstaltungen digital oder in kostengünstigen öffentlichen Einrichtungen durchzuführen?