2652/J XXVIII. GP
Eingelangt am 18.06.2025
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ANFRAGE
des Abgeordneten Peter Wurm
an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumenten-schutz
Die österreichische Rechtslage sieht für verschiedene Entscheidungen von Minderjährigen, abhängig von deren Alter, unterschiedliche Regelungen und Maßstäbe vor. So wird ab Vollendung des 14. Lebensjahrs gemäß § 173 ABGB die Entscheidungsfähigkeit zwar gesetzlich vermutet, dennoch ist bei medizinischen Eingriffen, die eine schwere oder nachhaltige Beeinträchtigung darstellen können, zusätzlich die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters erforderlich. Konträr dazu ist bei der postmortalen Organspende gem. § 8 Abs 1 Z 2 Organtransplantationsgesetz (OTPG) eine eigenständige Widerspruchserklärung bereits ab 14 Jahren möglich, obwohl die Tragweite einer solchen Entscheidung im Todesfall ethisch und emotional besonders weitreichend ist. Gesetzliche Vertreter haben unverständlicherweise keine Entscheidungsbefugnis darüber, ob ihr minderjähriges Kind zum potentiellen post-mortalen Organspender wird.
Ein eklatantes Missverhältnis zeigt sich auch im Vergleich zu anderen gesetzlichen Normen. Tätowierungen sowie Schönheitsoperationen sind ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters erst ab 18 Jahren erlaubt. Der Erwerb und Konsum von gebranntem Alkohol und Tabak sind generell erst ab 18 Jahren gestattet. Ebenso sieht ein aktuelles Gesetzesvorhaben die Volljährigkeit für Eheschließungen vor. Im Gegensatz dazu dürfen 14-Jährige bereits ohne Zustimmung über eine Organspende im Todesfall entscheiden.
Diese Unstimmigkeiten werfen Fragen zur Konsistenz des österreichischen Jugend-, Gesundheits- und Konsumentenschutzrechts auf, insbesondere im Hinblick auf Selbstbestimmung, Schutzmechanismen und Verantwortung.
In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete an die Bundes-ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz nachstehende
Anfrage
1. Wie viele postmortale Organspenden von Personen zwischen dem 14. und dem vollendeten 18. Lebensjahr wurden seit dem Jahr 2015 in Österreich jährlich registriert?
2. Wie viele Minderjährige im Alter von 14 bis 18 Jahren haben seit 2015 eine ausdrückliche Widerspruchserklärung gemäß § 8 OTPG abgegeben?
3. Existieren Richtlinien oder Empfehlungen Ihres Ressorts hinsichtlich der Aufklärung von Jugendlichen über die Möglichkeit zur Widerspruchserklärung und deren rechtliche Tragweite?
4. In welcher Form erfolgt derzeit die Information Jugendlicher über das Widerspruchsrecht – etwa im schulischen Kontext, über Gesundheitsbehörden oder durch Aufklärungskampagnen?
5. Existieren in Ihrem Ressort Überlegungen, die Altersgrenze für eine wirksame Widerspruchserklärung zur postmortalen Organspende anzuheben?
a. Falls nein, warum nicht?
6. Wie rechtfertigt Ihr Ressort die Einwilligungsfähigkeit bei postmortalen Organspenden ab 14 Jahren?
7. Wie viele Tätowierungen wurden seit dem Jahr 2015 jährlich an Minderjährigen unter 18 Jahren in Österreich vorgenommen?
8. Wie viele Schönheitsoperationen wurden seit dem Jahr 2015 jährlich an Minderjährigen unter 18 Jahren in Österreich durchgeführt?