2706/J XXVIII. GP

Eingelangt am 18.06.2025
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Christoph Steiner

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Häftlinge beziehen Lohn, ohne eine Tätigkeit zu verrichten

 

 

Immer wieder werden Ungereimtheiten aus Justizanstalten (JA) in Österreich bekannt, wo Häftlinge als Dienstnehmer bei der JA angemeldet sind und dementsprechend wie reguläre Arbeitnehmer Löhne beziehen – auch in Fällen, in denen keine tatsächliche Arbeitsleistung erbracht wird.

 

Auf die Frage nach seiner Berufserfahrung hätte ein Haftentlassener bei einem Bewerbungsgespräch beispielsweise kürzlich geantwortet, dass er über keine Berufs-erfahrung in dem Bereich verfüge, in dem er in der JA angemeldet war und laut seinen Personaldaten gearbeitet hätte. Auf Nachfrage schilderte dieser Bewerber die hier beschriebene und seiner Aussage nach angeblich „gängige Praxis“ in Justizanstalten.

 

Sollte sich dies bestätigen, könnte die Ursache darin liegen, dass auch jene Insassen gemeldet werden, die sich als „arbeitswillig“ erklären, jedoch mangels passender Einsatzmöglichkeiten – etwa aufgrund fehlender Stellen entsprechend ihrer Qualifikation – keiner konkreten Tätigkeit zugewiesen werden können. In solchen Fällen besteht offenbar die Möglichkeit, dass über längere Zeiträume hinweg keine tatsächliche Arbeitsleistung erfolgt, eine formale Anmeldung als Dienstnehmer dennoch aufrecht ist.

 

Darüber hinaus würden sich aufgrund des Bekanntseins dieser Praxis unter den Häftlingen deshalb viele Häftlinge bewusst für Stellen bewerben, die bekanntermaßen besetzt sind.

 

 

In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete an die Bundes-ministerin für Justiz nachstehende


 

Anfrage

 

1.    Ist Ihnen eine solche Praxis bekannt?

a.    Falls ja, wie viele Fälle dieser Art gibt es in Österreich?

2.    Wie wird mit Häftlingen umgegangen, die sich als „arbeitswillig“ melden, für die aber keine passende Stelle frei ist?

a.    Erhalten solche Häftlinge Löhne, obwohl sie keine tatsächliche Arbeitsleistung erbringen?

                                          i.    Falls ja, auf welcher rechtlichen Grundlage erfolgt dies?

3.    Wie hoch ist der durchschnittliche monatliche Lohn solcher Häftlinge?

a.    Gibt es Unterschiede je nach Justizanstalt oder Bundesland?

b.    Wer trägt die Kosten für diese Löhne?

4.    Wann und in welchem Umfang wird der Lohn an die betreffenden Häftlinge tatsächlich ausbezahlt?

a.    Erfolgt die Auszahlung während der Haftzeit oder erst bei Haftentlassung (ganz oder teilweise)?

5.    Inwieweit wird dieser Lohn im Rahmen von Vollzugsplänen, Rücklagenbildung oder Opferentschädigungszahlungen berücksichtigt?

6.    Haben Häftlinge, die während ihrer Haft als „arbeitswillig“ gemeldet waren, nach ihrer Entlassung Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Mindestsicherung?

a.    Wird die Zeit als „beschäftigt gemeldeter Häftling“ auf das Arbeitslosen-geld angerechnet?

b.    Werden Pensionsversicherungszeiten gesammelt?

7.    Gibt es aus Sicht des Ministeriums Hinweise auf einen möglichen Missbrauch dieser Praxis – etwa zur Erschleichung von Sozialleistungen oder zur künstlichen Erhöhung von Versicherungszeiten?

8.    Welche Kontrollmechanismen bestehen derzeit, um sicherzustellen, dass tatsächlich nur für geleistete Arbeit Lohn ausbezahlt wird?

9.    Plant das Justizministerium gesetzliche Anpassungen oder interne Richtlinien-änderungen, um diese Praxis künftig zu verhindern oder zu regeln?