2749/J XXVIII. GP
Eingelangt am 09.07.2025
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Anfrage
der Abgeordneten Sigrid Maurer, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Bildung
betreffend pädagogische und psychosoziale Unterstützung in Schulen
Kinder und Jugendliche wachsen heute in einer Welt auf, die ihnen viel abverlangt. Familiäre Belastungen, psychische Herausforderungen, soziale Spannungen oder schulischer Leistungsdruck gehören für viele junge Menschen zum Alltag. Damit sie trotzdem gut lernen, sich gesund entwickeln und ihre Chancen wahrnehmen können, braucht es mehr als Unterricht allein: Es braucht Menschen an ihrer Seite, die zuhören, begleiten, unterstützen – im richtigen Moment, mit der richtigen Kompetenz.
Ob Schulpsycholog:innen, Schulsozialarbeiter:innen, Schulassistenzen, Sozialpädagog:innen oder andere psychosoziale Fachkräfte: Sie leisten einen unverzichtbaren Beitrag zum Wohlbefinden und zur Chancengerechtigkeit im Schulalltag. Sie helfen dabei, Krisen zu bewältigen, Konflikte zu lösen und Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung zu stärken. Für Eltern bedeutet das mehr Sicherheit, für Lehrkräfte eine spürbare Entlastung – und für die Schüler:innen oft den entscheidenden Unterschied, ob sie in der Schule zurechtkommen oder nicht.
Umso wichtiger wäre es, einen klaren Überblick darüber zu haben, wie viele dieser Fachkräfte tatsächlich in unseren Schulen arbeiten, in welchem Ausmaß – und wie viele Kinder und Jugendliche sie betreuen. Doch genau diese Transparenz fehlt. Immer wieder werden neue Unterstützungsmaßnahmen angekündigt, doch für Betroffene ist oft nicht nachvollziehbar, ob und wie diese wirklich bei den Schulen ankommen.
Der Nationalrat hat nach dem tragischen Vorfall am 10. Juni 2025 in Graz im Parlament die Bundesregierung zu einer „massiven Aufstockung der Schulpsychologie und des schulpsychologischen Personals“ (51/UEA XXVIII. GP) aufgefordert. Die Antwort auf unsere bereits zuvor eingebrachte schriftliche Budgetanfrage (5. Juni 2025) zeichnet jedoch ein anderes Bild: Lediglich 30 bzw. 35 zusätzliche Schulsozialarbeiter:innen und 70 Schulpsycholog:innen pro Jahr sollen neu dazukommen – für rund 1,2 Millionen Schüler:innen. Und: Aufgrund des Vorfalls kommt keine einzige zusätzliche Stelle hinzu. Die genannten Ressourcen wurden bereits im Budgetentwurf festgelegt, der uns im Mai 2025 vorgelegt wurde. Das steht aus unserer Sicht in keinem Verhältnis zur Dringlichkeit der Situation – und entspricht auch nicht der Dimension, die am 16. Juni auch von den Abgeordneten der Regierungsparteien im Parlament beschlossen wurde.
Es gibt zudem keine systematisch zugängliche Übersicht, wie viele psychosoziale Fachkräfte an Schulen tätig sind, welche Professionen vertreten sind, in welchen Schultypen sie eingesetzt werden oder wie die Finanzierung zwischen Bund und Ländern aufgeteilt ist. Auch die Zuständigkeiten sind uneinheitlich – teils liegen sie bei Ministerien, teils bei Ländern, Schulen, Vereinen oder beim Österreichischen Zentrum für psychologische Gesundheitsförderung im Schulbereich (ÖZPGS).
Diese Intransparenz erschwert es nicht nur Eltern, Schüler:innen und Pädagog:innen, sich zurechtzufinden – sie verhindert auch eine zielgerichtete Verbesserung des Systems. Denn nur, wenn wir wissen, wo welche Unterstützung tatsächlich verfügbar ist und wo nicht, können wir gerechter verteilen, Lücken schließen und nachhaltige Strukturen aufbauen.
Mit dieser parlamentarischen Anfrage wollen wir die notwendige Transparenz schaffen – damit psychosoziale Unterstützung dort ankommt, wo sie am dringendsten gebraucht wird: direkt bei den Kindern und Jugendlichen in unseren Schulen.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
1. Welche Berufsgruppen sind derzeit an Österreichs Schulen als psychosoziales und pädagogisches Unterstützungs- und Fachpersonal im Einsatz und was sind ihre Tätigkeiten? Bitte um graphische Darstellung und tabellarische Auflistung nach: Berufsgruppen (Schulpsycholog:innen, Schulsozialarbeiter:innen, psychosoziale Berater:innen, Jugendcoaches, Schulassistenzen, Sozialpädagog:innen, weitere relevante Fachgruppen bitte anführen) und ihren Tätigkeiten.
2. Welche gesetzlichen oder organisatorischen Zuständigkeiten bestehen für die Steuerung, Koordination und Finanzierung dieser Fachkräfte an Schulen (z. B. Ministerien, Bildungsdirektionen, Gemeinden, Schulleitungen, externe Trägervereine, ÖZPGS etc.) und wo sind diese Berufsgruppen angestellt? Bitte um Erläuterung und Aufschlüsselung nach: Berufsgruppe, Arbeitgeber (Bund, Länder, Gemeinden, Bildungsdirektion, ÖZPGS, Trägervereine und sonstige Organisationen bitte aufschlüsseln), Anzahl der Stellen, Zuordnung zu Schultyp und Bundesland.
3. Wie viele Stellen sind für die in Frage 1 aufgelisteten Berufsgruppen österreichweit jeweils vorgesehen, in welchem Umfang sind diese besetzt und wo sind sie tätig? Bitte um tabellarische Auflistung nach: Berufsgruppe, Planstellen und tatsächlich besetzte Stellen, Einsatzort (VS, MS, AHS, BMHS, PTS, ASO), Bundesland, Schuljahre (ab 2024/25 inklusive Prognose für die bereits budgetierten Jahre 2025/2026 und 2026/2027).
4. Von wem werden die Mittel für die in Frage 1 genannten Berufsgruppen bereitgestellt (Bund/Ministerien, Länder, Gemeinden, Drittmittel wie EU-Gelder) und in welcher Höhe? Gibt es gemeinsame Finanzierungsvereinbarungen zwischen Bund, Land und Gemeinden? Bitte um Erläuterung und Aufschlüsselung nach: Geldgeber, Höhe und Art des Finanzierungsmodells, Berufsgruppe, Bundesländer und Schulart.
5. Wie hoch ist der Betreuungsschlüssel der einzelnen in Punkt 1 aufgelisteten Berufsgruppen pro Schüler:in und wie verteilen sich diese Fachkräfte auf die unterschiedlichen Schultypen? Bitte um tabellarische Auflistung nach: Schuljahr ab 2024/2025 inklusive Prognose der budgetierten Jahre 2025/2026 und 2026/2027, Fachkraft:Schüler:in-Verhältnis insgesamt, nach Schulart (VS, MS, AHS, BMHS, ASO, PTS) und Bundesland.
6. Gibt es Schulen in Österreich die derzeit über keinerlei psychosoziale Unterstützung in Form von Schulpsychologie, Schulsozialarbeit oder vergleichbaren Angeboten verfügen? Falls ja, bitte um Aufschlüsselung nach Bundesland und Schultypen sowie Begründung dafür.
7. Gibt es eine zentrale Stelle, die den gesamthaften Überblick über das vorhandene psychosoziale Unterstützungspersonal an Schulen (unabhängig ob Bundes- oder Pflichtschule) hat, inkl. Anstellungsverhältnisse, Beschäftigungsausmaß und regionaler Verteilung, also ein zentrales Monitoring? Wenn nein, warum nicht und wie funktioniert derzeit die Steuerung in diesem Bereich? Ist hier angedacht, Maßnahmen zu ergreifen, um Transparenz herzustellen und eine faktenbasierte Steuerung des Bildungssystems zu ermöglichen?
8. Sie haben sich im Ministerratsvortrag 17/9 am 2.7.2025 vorgenommen, die Rahmenbedingungen der Schulpsychologie und psychosozialen Unterstützung zu verbessern. Welche Maßnahmen sind hier konkret vorgesehen und ist auch eine Verbesserung der Gehaltsstruktur geplant?
9. Nach welchen konkreten Kriterien wird entschieden, an welchen Schulstandorten die im Rahmen der angekündigten „massiven Aufstockung“ vorgesehenen 30 zusätzlichen Schulsozialarbeiter:innen und 70 Schulpsycholog:innen in den Jahren 2025 und 2026 eingesetzt werden? Bitte führen Sie nachvollziehbar aus, welche Faktoren (zB. Schulgröße, sozioökonomischer Indikatoren, regionale Verteilung etc.) dabei eine Rolle spielen.
10. Wie wird sichergestellt, dass die angekündigten neuen Stellen tatsächlich mit qualifiziertem Personal besetzt werden können, insbesondere vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels in diesen Bereichen? Gibt es entsprechende Ausbildungs-, Recruiting- oder Umschulungsinitiativen seitens des Bundes?
11. Das Österreichische Zentrum für psychologische Gesundheitsförderung im Schulbereich (ÖZPGS) wurde vom Ministerium eingerichtet, um die psychologische Gesundheit von Schüler:innen zu fördern und darüber das Personal für diesen Bereich abzuwickeln. Welche Aufgaben übernimmt das ÖZPGS konkret? Welche Berufsgruppen sind dort angestellt und in welchem Ausmaß? Bitte um Erläuterung und Darstellung nach Berufsgruppen, Tätigkeit und Einsatzort (Bundesland, Schultyp etc.)
12. Gibt es Ihrerseits konkrete Überlegungen oder Planungen, schulische Personalressourcen künftig flexibler zu gestalten und hier Schulen mehr Gestaltungsmöglichkeiten zu geben – in dem Sinn, dass Schulen selbst entscheiden können, in welchem Verhältnis sie pädagogisches Personal, psychosoziales Unterstützungspersonal und weiteres Supportpersonal einsetzen, anstatt diese Ressourcen getrennt zu verwalten?
13. Welche sonstigen Unterstützungsangebote im psychosozialem Bereich stellt das Bildungsministerium für Schüler:innen bereit und wie viele Ressourcen stehen dafür zur Verfügung? Bitte um tabellarische Auflistung nach: Unterstützungsangebot, Ressourcen, Zielgruppe und Einsatzgebiet.
14. Gibt es von Ihrer Seite Bestrebungen, im Sinne des Informationsfreiheitsgesetzes regelmäßig und proaktiv Informationen über psychosoziale Unterstützungsangebote an Schulen sowie über eingesetzte Mittel und Personalressourcen (inkl. Verteilung nach Schulart und Bundesland) öffentlich zugänglich zu machen? Falls nein: Warum nicht?
15. Wie wird die Wirksamkeit der bestehenden psychosozialen Unterstützungsmaßnahmen an Schulen evaluiert? Gibt es standardisierte Evaluierungsverfahren, regelmäßige Wirkungskontrollen oder Feedbacksysteme von Schüler:innen, Eltern und Lehrkräften? Falls nein: Warum nicht und sind entsprechende Maßnahmen geplant?