2875/J XXVIII. GP
Eingelangt am 10.07.2025
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ANFRAGE
der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA
an die Bundesministerin für Europa, Integration und Familie
betreffend Kindesentführungen durch obsorgeberechtigte Elternteile
Kindesentführungen durch obsorgeberechtigte Elternteile stellen eine komplexe Problematik dar, die sowohl das Kindeswohl massiv gefährdet als auch tiefgreifende rechtliche Lücken aufzeigt. Wiederkehrende Fälle machen deutlich, dass bestehende Regelungen nicht ausreichen, um betroffene Kinder rasch zu schützen und Elternrechte effektiv durchzusetzen. Verfahren auf Basis des Haager Kindesent-führungsübereinkommens verlaufen oft schleppend, wodurch ein Zeitverlust entsteht, der in vielen Fällen irreversible Folgen hat.
Oft ist wenig bekannt, dass eine Kindesentziehung rechtlich nur dann den Straftatbestand des § 195 StGB erfüllt, wenn die betreffende Person nicht zur Obsorge berechtigt ist. Konkret heißt das: Haben beide Elternteile in Österreich die gemeinsame Obsorge und verlässt einer von ihnen ohne Zustimmung mit dem Kind das Land, liegt keine Straftat vor – da der betreffende Elternteil ja ebenfalls obsorge-berechtigt ist. Zudem gestaltet sich auch die Verfolgung und Behandlung von Kindesentziehungen oftmals langwierig, denn Instrumente wie eine europaweite Schengen-Fahndung stehen nicht automatisch zur Verfügung.
In diesem Zusammenhang richtet die unterfertigte Abgeordnete an die Bundes-ministerin für Europa, Integration und Familie nachstehende
Anfrage
1. Wie viele Fälle von Kindesentführungen wurden im Zeitraum 2020 bis 2024 in Österreich registriert? (Bitte um Angabe nach Jahr und Bundesland)
2. Wie viele dieser Fälle betreffen Entführungen durch obsorgeberechtigte Elternteile?
3. Wie viele Kindesentführungen durch obsorgeberechtigte Elternteile erfolgten im Zeitraum 2020 bis 2024 innerhalb des Bundesgebiets?
4. Wie viele Kindesentführungen durch obsorgeberechtigte Elternteile ins Ausland wurden im Zeitraum 2020 bis 2024 registriert?
5. In welche Länder wurden minderjährige Kinder im Zeitraum 2020 bis 2024 am häufigsten verbracht? (Bitte um Angabe Ländern und Jahr)
6. Wie viele dieser
Fälle wurden in diesem Zeitraum als „Kindesentziehung“ iSd
§ 195 StGB verfolgt?
a. Zu wie vielen rechtskräftigen Verurteilungen kam es dabei?
7. Wird bei Entführungen durch obsorgeberechtigte Elternteile routinemäßig geprüft, ob eine Schengen-Fahndung ausgelöst werden kann?
8. Wie viele der registrierten Fälle von Kindesentführung durch obsorge-berechtigte Elternteile im Zeitraum 2020 bis 2024 konnten durch behördliche oder gerichtliche Maßnahmen erfolgreich aufgeklärt bzw. abgeschlossen werden (z.B. Rückführung des Kindes)?
9. In wie vielen dieser Fälle ist der Aufenthaltsort der Kinder weiterhin unbekannt?
10. In wie vielen dieser Fälle wurde das Haager Kindesentführungsübereinkommen (HKÜ) angewendet?
11. Wie lange dauert ein durchschnittliches HKÜ-Verfahren von Antragstellung bis Entscheidung bzw. tatsächlicher Rückführung?
12. Sind Ihrem Ministerium Beschwerden von betroffenen Elternteilen bekannt, dass Verfahren durch administrative Verzögerungen behindert werden?
a. Wenn ja, wie reagiert(e) Ihr Ministerium auf diese Beschwerden?
13. In wie vielen dieser Fälle wurden österreichische Botschaften oder Konsulate im Ausland zur Unterstützung eingebunden?
14. In wie vielen dieser Fälle wurde die internationale polizeiliche Zusammenarbeit (z.B. Europol, Schengen-Fahndung) aktiviert?
15. Gibt es standardisierte Abläufe oder Weisungen an die österreichische Exekutive bei Verdacht auf Kindesentführung durch Elternteile?
16. Wie beurteilt Ihr Ministerium die derzeitige Rechtslage im Hinblick auf ihren Schutzgehalt für das Kindeswohl?
17. Welche Reformüberlegungen bestehen im Zusammenhang mit einer zügigeren und effizienteren Bearbeitung grenzüberschreitender Kindesentführungen?
18. Gibt es Überlegungen, für besonders eilbedürftige Fälle Eilverfahren oder ähnliche Mechanismen einzuführen?