2917/J XXVIII. GP
Eingelangt am 11.07.2025
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ANFRAGE
des Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger
an die Bundesministerin für Landesverteidigung
betreffend EU-Abkommen bzgl. Militärpakt mit Kanada
Im Zuge der jüngsten Entwicklungen auf EU-Ebene wurde am 23. Juni 2025 ein umfassendes Verteidigungsabkommen zwischen der Europäischen Union und Kanada unterzeichnet – ohne erkennbare demokratische Mitwirkung oder öffentliche Debatte in Österreich. Dieses Abkommen sieht unter anderem die stärkere militärische Einbindung Kanadas in europäische Strukturen, die Teilnahme an milliardenschweren EU-Rüstungsprojekten, wie z.B. SAFE („Security Action for Europe“) sowie eine vertiefte Zusammenarbeit im Rahmen von PESCO und anderen sicherheitspolitischen Programmen vor.
Angesichts der darin enthaltenen militärischen Komponenten, der Ausweitung sicherheitspolitischer Verpflichtungen sowie der engen Kooperation mit einem NATO-Staat stellen sich grundlegende Fragen zur Vereinbarkeit dieser Vorgänge mit der österreichischen Neutralität.
In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete an die Bundes-ministerin für Landesverteidigung nachstehende
Anfrage
1. Wurde der Nationalrat über das geplante Verteidigungsabkommen zwischen der EU und Kanada informiert?
a. Wenn ja, wann und in welcher Form?
2. Hat die Republik Österreich dem genannten Abkommen formell zugestimmt oder sich dessen Inhalten verpflichtet?
a. Falls ja, auf welcher rechtlichen Grundlage wurde diese Entscheidung getroffen?
3. Gab es eine formelle Beteiligung der österreichischen Verteidigungsministerin oder anderer Vertreter der Republik Österreich an den Verhandlungen oder der finalen Ausgestaltung dieses Abkommens?
a. Wenn ja, wie lauten deren Namen?
b. Wenn ja, wie brachten diese sich in die Verhandlungen ein?
4. Wie ist die aktive Rolle Österreichs in einem militärisch geprägten EU-Kanada-Abkommen mit dem Neutralitätsgesetz von 1955 zu vereinbaren?
5. War die Zustimmung Österreichs zur Aufnahme Kanadas in das „ReArm Europe“-Programm und andere EU-Militärprojekte Voraussetzung für das Zustandekommen dieses Abkommens?
6. Wurde geprüft, ob durch eine derartige Zusammenarbeit mit Kanada auch eine mittelbare Bindung an NATO-Strukturen erfolgt?
7. Warum wurde die österreichische Bevölkerung über diese sicherheitspolitisch höchst relevante Entwicklung nicht informiert oder konsultiert?
8. Welche sicherheits- und verteidigungspolitischen Verpflichtungen entstehen konkret für Österreich durch dieses Abkommen – insbesondere im Zusammen-hang mit Rüstungsbeschaffung, Truppenmobilität oder Kooperation im Rahmen von PESCO, „Re-Arm Europe“ etc.?
9. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass Österreich nicht durch die EU-Außenpolitik in militärische Konflikte oder Aufrüstungsprojekte hineingezogen wird, die im Widerspruch zur immerwährenden Neutralität stehen?
10. Wird es eine nachträgliche verfassungsrechtliche Prüfung oder parlamenta-rische Kontrolle dieser Vereinbarung geben?
a. Wenn nein, warum nicht?
11. Ist geplant, eine Volksbefragung oder ein anderes demokratisches Mitbestimmungsinstrument zur künftigen außen- und sicherheitspolitischen Ausrichtung Österreichs einzusetzen?
a. Wenn nein, warum nicht?
12. Wird die Bundesregierung künftig garantieren, dass bei sicherheitspolitischen Abkommen mit Drittstaaten Österreichs Neutralität uneingeschränkt gewahrt bleibt?
13. Welche österreichischen Interessen wurden bei den Verhandlungen zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen der EU und Kanada eingebracht – und wie wurden sie berücksichtigt?
14. Ist eine Beteiligung österreichischer Firmen an gemeinsamen EU-Kanada-Rüstungs- oder Infrastrukturprojekten geplant?
a. Wenn ja, in welchem Rahmen?
15. Gibt es innerhalb des Abkommens spezifische Passagen zur Rüstungs-zusammenarbeit oder Waffenproduktion und inwieweit ist Österreich daran beteiligt oder davon betroffen?
16. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass österreichische Hoheitsrechte nicht durch supranationale EU-Entscheidungen in sicherheitspolitischen Fragen ausgehöhlt werden?
17. Gibt es Bestrebungen, Kanada künftig auch in wirtschaftliche Entscheidungs- oder Koordinierungsprozesse der EU (z. B. strategische Rohstoffe, Liefer-ketten) einzubinden?
18. Hat Österreich dem Gesamtpaket des Abkommens zugestimmt oder nur einzelnen Komponenten (z. B. rein wirtschaftlicher Natur) – und wie wurde dies differenziert behandelt?