2919/J XXVIII. GP

Eingelangt am 14.07.2025
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Anfrage

 

der Abgeordneten Sigrid Maurer, Freundinnen und Freunde

an die Bundesministerin für Frauen, Wissenschaft und Forschung

betreffend Templer und Reptiloide: Wie reagiert die österreichische Wissenschaftspolitik auf pseudowissenschaftlichen Unfug?

BEGRÜNDUNG

 

In jüngerer Zeit mehren sich Fälle, in denen historische Quellen und Figuren – etwa der Templerorden oder fiktive Reptilienwesen – in esoterischen und verschwörungsideologischen Erzählungen zweckentfremdet und verfälscht dargestellt werden.

Der Artikel „Templer und Reptiloide: Wie historische Quellen missbraucht werden“, der am 18. Jänner 2025 im Standard erschienen ist, zeigt eindrücklich, wie gezielt selektive Informationen aus dem historischen Kontext gerissen und mit modernen Mythen verknüpft werden, um pseudowissenschaftliche oder politische Narrative zu stützen:

„Einer dieser für Sensationsmeldungen anfälligen Themenkomplexe ist der Orden der Tempelritter und seine Auflösung durch Papst Clemens V. im Jahr 1312. Seit Jahrhunderten ranken sich Legenden um den Orden und sein Ende. Im vergangenen November erklärte die Salzburger Paris-Lodron-Universität in einer sensationalistischen Aussendung, die Auflösung des Templerordens sei ‚ungültig‘. Dies habe eine Dissertantin der rechtswissenschaftlichen Fakultät herausgefunden. An der Salzburger Universität hat der italienische Rechtshistoriker Daniele Mattiangeli das "Salzburg International Templar Studies Network" ins Leben gerufen. Diese "historische Rekonstruktion" des päpstlichen Rechtsakts "könnte die rechtliche Stellung des Templerordens wiederherstellen und der Papst den Orden rehabilitieren", werden die Dissertantin und ihr Betreuer in der Aussendung zitiert.“[1]

In der im Artikel genannten Publikation fanden sich schwere handwerkliche Mängel, vor allem eine fehlende Sorgfalt im Umgang mit Quellen. Das Projekt, in dessen Rahmen die Arbeit entstanden ist, wurde von der Universität Salzburg getragen und vom Land Salzburg gefördert. In der Folge haben die Salzburger Grünen eine Anfrage an den damaligen Landeshauptmann, Wilfried Haslauer, gestellt. Die Beantwortung ergab, dass die Fördersumme für das Projekt EUR 193.721 betragen hat, ohne dass für das Projektkonzept eine externe Qualitätskontrolle stattgefunden hat.

Pseudowissenschaftliche Konstrukte finden zunehmend Verbreitung in Online-Medien, auf Veranstaltungen oder in alternativen Informationskanälen. Sie begünstigen eine systemfeindliche Radikalisierung und gefährden das Vertrauen in wissenschaftlich fundierte Geschichtsschreibung sowie in demokratische Institutionen. Angesichts dieser Entwicklungen besteht ein öffentliches Interesse daran zu erfahren, wie öffentliche Stellen – insbesondere im Bereich Wissenschaft und Bildung, Forschung und Sicherheit – an der Verbreitung solch verzerrter Geschichtsbilder durch Förderungen beteiligt sind.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1.    Wurde die Templerforschung in den vergangenen 10 Jahren mit Bundesmitteln gefördert und wenn ja, auf Grundlage welcher Förderrichtlinien, in welcher Höhe und nach welchen Kriterien?

2.    Wurden etwaige andere Aktivitäten, die sich mit der Geschichte der Templer oder auch der Neutempler auseinandersetzen, in den vergangenen 10 Jahren mit Bundesmitteln gefördert?

3.    Gab es in den vergangenen zehn Jahren Förderungen aus Bundesmitteln für Forschungsprojekte, die sich mit spekulativen oder pseudowissenschaftlichen Theorien zu anderen Themen mit zweifelhafter Quellenlage beschäftigten? Falls ja, um welche Projekte handelte es sich konkret?

4.    Gibt es in Ihrem Ressort eine Evidenz bzw. Dokumentation zu wissenschaftsfeindlichen oder verschwörungserzählerischen Projekten, die in den letzten 10 Jahren mit Bundesmitteln gefördert wurden?

a.    Wenn ja, bitte um Darstellung der Ergebnisse

5.    Wissen Sie, aus welchem Grund die Abschlussarbeit zum Salzburger Templer-Projekt, die gleichzeitig als Dissertation eingereicht wurde, von der Universität Salzburg gesperrt wurde?

6.    Welche wissenschaftlichen Gremien oder Kommissionen gibt es in Ihrem Ressort bzw. in den bundesweiten Förderinstitutionen, die eingereichte Projekte hinsichtlich Qualität und wissenschaftlicher Standards prüft?

7.    Wie stellen Sie generell sicher, dass wissenschaftliche Mindeststandards bei - aus Bundesmitteln geförderten - Forschungsprojekten eingehalten werden?

8.    Gibt es auf Bundesebene klare Kriterien für die Förderung von historischen Forschungsprojekten, insbesondere wenn sie sich mit Themen befassen, die anfällig für Mythenbildung oder esoterische Interpretationen sind? Wie wird sichergestellt, dass diese Kriterien bei der Vergabe von Mitteln auch tatsächlich angewendet werden?

a.    Welche Peer-Review-Verfahren oder externen Begutachtungen durch anerkannte Historiker:innen finden bei Projekten statt, bevor öffentliche Gelder fließen? Werden diese Gutachten transparent gemacht?

b.    Gibt es Mechanismen, um wissenschaftliches Fehlverhalten (z.B. Erfindung von Daten, nicht nachvollziehbare Schlussfolgerungen) zu identifizieren und zu ahnden?

9.    Wie stellen Sie sicher, dass die österreichische Geschichtsforschung insgesamt ein hohes Niveau an wissenschaftlicher Exzellenz hält und nicht durch fragwürdige oder populistische Projekte marginalisiert wird?



[1] https://www.derstandard.at/story/3000000249340/templer-und-reptiloide-wie-historische-quellen-missbraucht-werden