3000/J XXVIII. GP

Eingelangt am 15.07.2025
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Peter Wurm

an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumenten-schutz

betreffend Automatisierte Bonitätsbewertung durch Kreditauskunfteien

 

 

Wie aus einem Artikel des ORF-Konsumentenmagazins „Help“ hervorgeht, verwendet die Kreditauskunftei Crif Credit-Scores, also automatisierte Bewertungen der Kredit-würdigkeit von Verbrauchern.[1] Besonders problematisch dabei ist die Nichtoffenlegung der dahinterstehenden Methodik sowie der algorithmischen Modelle, womit die Entscheidungsfindung der betroffenen Person weitgehend verborgen bleibt. Der sogenannte B2C-Score, der unter anderem bei Crif zur Anwendung kommt, stützt sich auf ein Punktesystem zwischen 250 und 700 und wird nicht nur auf Basis realer Zahlungsausfälle berechnet, sondern auch auf Grundlage allgemein gehaltener Merkmale wie Alter, Wohnadresse oder vermuteter Verhaltensmuster Dritter im selben Wohnumfeld. Solche Modelle bergen aus rechtlicher Sicht ein erhebliches Missbrauchs- und Diskriminierungspotential.

 

Zahlreiche rechtliche Bedenken ergeben sich insbesondere im Hinblick auf Art. 22 DSGVO, der automatisierte Entscheidungen ohne angemessene menschliche Einflussnahme einschränkt. Auch die mangelnde Transparenz bei der Offenlegung der Bewertungslogik stellt aus Sicht des Konsumenten- und Datenschutzrechts ein erhebliches Problem dar. Datenschutzorganisationen wie NOYB haben bereits Klagen eingereicht[2], aufbauend auf entsprechenden Urteilen gegen vergleichbare Modelle wie jenes der deutschen SCHUFA Holding AG.[3], [4] Die betroffenen Personen haben häufig keine realistische Möglichkeit zur sachgerechten Anfechtung oder Richtigstellung einer negativen Bewertung, obwohl sie erhebliche Auswirkungen auf ihre wirtschaftliche Handlungsfreiheit entfalten kann.

 

 

 

In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete an die Bundes-ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz nachstehende

 

Anfrage

 

1.    Liegen Ihrem Ressort Daten zu Beschwerden über intransparente oder fehler-hafte Bonitätsbewertungen von Verbrauchern vor?

a.    Wenn ja, wie viele Beschwerden gab es in den letzten fünf Jahren, welcher Anteil davon bezieht sich auf den B2C-Score, der auch das Alter, die Adresse und Daten Dritter miteinbezieht, und welche Unternehmen waren betroffen?

2.    Liegen Ihrem Ressort Informationen darüber vor, ob Crif oder andere Auskunfteien in Österreich in Zusammenarbeit mit ausländischen Partnern (etwa in Drittstaaten) Daten verarbeiten oder austauschen?

3.    Welche wirtschaftlichen Auswirkungen schätzt Ihr Ressort als Folge fehlerhafter oder intransparenter Bonitätsstufungen – insbesondere in Bezug auf Kredit-vergabe, Wohnungsvergabe und Versicherungsverhältnisse?

4.    Besteht aus Sicht Ihres Ressorts die Gefahr, dass wirtschaftlich schwächere oder sozial benachteiligte Gruppen durch Scoring-Algorithmen strukturell benachteiligt und vom Zugang zu wesentlichen Dienstleistungen ausgeschlossen werden?

a.    Wenn ja, wie gedenken Sie dagegen vorzugehen?

5.    Gedenken Sie als zuständige Ministerin die NOYB-Sammelklage zu unter-stützen, um strukturelle Missstände bei Credit-Scorings zu bekämpfen?

6.    Wie bewertet Ihr Ministerium das Risiko von Verbraucherbenachteiligung aufgrund von Scoring-Verfahren, die primär auf allgemeinen Merkmalen basieren, und welche konkreten Schritte werden gesetzt, um dies zu verhindern?

7.    Wie wollen Sie gewährleisten, dass Credit-Scores nicht das einzige Kriterium bei der automatisierten Entscheidungsfindung sind, was eine unzulässige Profilbildung gemäß Artikel 22 DSGVO darstellen würde?



[1]   https://help.orf.at/stories/3230775/

[2]   https://noyb.eu/de/crif-scores-almost-everyone-austria-noyb-needs-support-potential-class-action-lawsuit

[3]   https://noyb.eu/de/german-credit-agency-earns-millions-through-unlawful-customer-manipulation

[4]   https://www.verbraucherzentrale.de/verbandsklagen/klage-gegen-schufa-holding-ag-96765