3063/J XXVIII. GP
Eingelangt am 17.07.2025
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Anfrage
der Abgeordneten Lukas Hammer, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Innovation, Mobilität und Infrastruktur
betreffend Kontroversen rund um Straßenbau und Lobauautobahn
Seit Ihrem Amtsantritt wurde im Themenfeld Straßenbau und Lobauautobahn mehrfach in der Kronen Zeitung über Interna aus dem BMIMI berichtet. Es entsteht der Eindruck einer gezielten kleinen Kampagne, um Ihre umsetzungsstarke Amtsvorgängerin in ein schlechtes Licht zu rücken sowie der von der Wiener SPÖ und anderen Straßenbaubefürworter:innen vehement geforderten Lobauautobahn voranzuhelfen.
Kosten von Gutachten oder Planungen sowie Schriftverkehr aus dem Ressort zu angeblicher politischer Einflussnahme sind daher vor diesem Hintergrund sowie im Vergleich zu Aktivitäten unter bisherigen SPÖ-Ressortleitungen im Verkehrsministerium einzuordnen.
Dabei sollen auch Vorgaben des BMF sowie Rechnungshofempfehlungen zur Infrastrukturpolitik des Bundes und zum ASFINAG-Bauprogramm nicht außer Acht bleiben.
Der Rechnungshof hat in seinem Bericht (BUND 2018/33) „Verkehrsinfrastruktur des Bundes – Strategien, Planung, Finanzierung“ dem Ministerium u.a. empfohlen, eine langfristige Ausbaustrategie für das hochrangige Straßennetz mit der ASFINAG abzustimmen und zu veröffentlichen. Der Rechnungshof bekräftigte diese Empfehlung in seiner Follow-Up Prüfung (BUND 2021/33).
Eine weitere Empfehlung des Rechnungshofs an das Ministerium lautet, dass bei sich ändernden Rahmenbedingungen die Priorisierung geplanter Netzveränderungen im hochrangigen Verkehrsnetz zu überprüfen wäre. In der Follow-Up Prüfung 2021 wurde dies durch die Empfehlung ergänzt, dass basierend auf dem Verkehrsmodell Österreich verstärkt in Richtung einer – durch das Ministerium unter einem gesamtstaatlichen Blickwinkel gesteuerten – verkehrsträgerübergreifenden Planung der hochrangigen Verkehrsnetze in Österreich zu agieren wäre. Dabei sollte das Ministerium auf einer hohen Aggregationsebene Planungen für alle Verkehrsträger erstellen, die zur Erreichung der verkehrspolitischen Zielsetzungen notwendig sind.
Ebenso sind im Zusammenhang etwa mit der vielfach vorgebrachten Behauptung, dass alles, was in Anhängen des Bundesstraßengesetzes enthalten ist, ohne Wenn und Aber zu bauen sei, oder mit der Meinung, eine Streichung aus diesen Anträgen sei völlig inakzeptabel, einige Fakten in Erinnerung zu rufen.
Schließlich fehlen nach wie vor stichhaltige Aussagen Ihrerseits zu wesentlichen Fragen rund um die Lobauautobahn – von der angeblichen Entlastungswirkung bis zum Transitverkehrsthema und zu Genehmigungshindernissen und daher realistischen Genehmigungswahrscheinlichkeiten und -dauern.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
1) Wieviele Expert:innen von welchen Institutionen waren beim Umweltbericht (im Rahmen der derzeit laufenden SP-V zur S 1) beteiligt, aufgegliedert in vorbereitende Arbeiten und Endbericht?
2) Wurde das in der Kronen Zeitung vom 21.05.2025 faksimilierte und zitierte Mail mit Bedenken zur Evaluierung, dessen Echtheit lt. Krone von Ihrem Ministerium bestätigt wurde und somit bekannt sein dürfte, a) von einer ehemaligen Kabinettsmitarbeiterin von SPÖ-Minister:innen verfasst oder b) an eine ehemaligen Kabinettsmitarbeiterin von SPÖ-Minister:innen gerichtet?
3) Ist Ihnen der methodische Unterschied zwischen einer Evaluierung von bereits detailliert geplanten Projekten einerseits und einer klaren gesetzlichen Vorgaben folgenden Alternativenprüfung laut SP-V-Gesetz andererseits bekannt?
4) Wie gehen Sie mit der Anforderung des SP-V-Gesetzes um, dass nach § 9 Abs 1 Z 2 dieses Gesetzes die Ergebnisse des Umweltberichts und die Stellungnahmen zu berücksichtigen sind?
5) Nachdem der Umweltbericht kein „Gegengutachten“ ist, sondern ein im Rahmen des gesetzlichen SP-V-Verfahrens erstelltes Expert:innendokument: Werden Sie politisch Einfluss nehmen bei der zusammenfassenden Bewertung des Umweltberichts bzw. beim Abschluss des SP-V-Verfahrens?
6) Wieviel hat die unter BM Jörg Leichtfried (SPÖ) präsentierte (Machbarkeits-) Studie für die Breitspurbahn zwischen Russland und Wien (vgl. Transsib-Verlängerung birgt für Österreich riesiges Potential – BMIMI INFOTHEK[1], Transsib bis Wien: Studie ortet riesige Chancen - wien.ORF.at[2]) a) das damalige BMVIT, b) die ÖBB, c) etwaige sonstige Finanziers gekostet?
7) Sind Ihnen die Empfehlungen der Rechnungshofberichte Reihe BUND 2018/33 bzw. Reihe BUND 2021/33 bekannt?
8) Haben Sie vor, diesen Empfehlungen nachzukommen?
9) Wenn ja bis wann, wenn nein warum nicht?
10) Welche bislang nicht gebauten Projekte sind in den beiden Verzeichnissen des Bundesstraßengesetzes enthalten?
11) Haben Sie vor, die Verlängerung der Donauuferautobahn (A 22) zur A 4 weiterzuverfolgen, nachdem dieses Projekt im Verzeichnis 1 BStG enthalten ist?
12) Haben Sie vor, den Tschirganttunnel weiterzuverfolgen, nachdem dieses Projekt im Verzeichnis 1 BStG enthalten ist?
13) Haben Sie vor, die S 37 weiterzuverfolgen, nachdem dieses Projekt im Verzeichnis 2 BStG enthalten ist?
14) Werden zur Finanzierung des konsequenten Betonkurses, die angesichts gleichzeitig stark steigender Erfordernisse für Erhaltungsinvestitionen das ASFINAG-Budget bis in den derzeitigen Dividendenspielraum hinein anspannen wird, weitere Einschränkungen beim Öffentlichen Verkehr notwendig werden?
15) Trifft es zu, dass der seinerzeitige Finanzminister Magnus Brunner dem zum Anfragezeitpunkt gültigen ASFINAG-Bauprogramm zugestimmt hat?
16) Trifft es zu, dass das Bundesministerium für Finanzen bei der Einvernehmensherstellung zum ASFINAG-Bauprogramm 2020 Einschränkungen beim Neubau gefordert hat?
17) Welche Straßenprojekte wurden seit 1971 aus den Verzeichnissen des Bundesstraßengesetzes wieder gestrichen? Bitte um Auflistung.
18) Gab es politische Einflussnahme von SPÖ-Minister:innen, die dazu führten, dass diese Projekte aus den Verzeichnissen genommen wurden?
19) Was hat das seinerzeitige Projekt S 9 (Innviertler Schnellstraße) gekostet (alle Planungs- und Projektarbeiten bei/für BMVIT und ASFINAG, sowie Bau des Autobahndreiecks Ried i.I.)?
20) Was hat das Projekt Autobahn Verbindungsspange Rothneusiedl A 24 gekostet (alle Planungs- und Projektarbeiten bei/für BMVIT und ASFINAG)?
21) Was hat das Projekt „Knoten Arsenal“ (sog. „gesperrte Ausfahrt Simmering“) gekostet (alle Planungs- und Projektarbeiten bei/für BMVIT und ASFINAG, sowie Errichtung und Abriss der Rampen)?
22) Ist Ihnen das Rechtsgutachten von Prof. Thomas Müller von der Universität Innsbruck zur Lobauautobahn bekannt?
23) Was sagen Sie bzw Ihr Haus dazu, dass das Gutachten festhält, dass zu Unrecht keine SUP im Sinne des Unionsrechts durchgeführt wurde, und dass Pläne und Programme, die unionsrechtswidrig keiner SUP unterzogen wurden, aufzuheben oder auszusetzen sind?
24) Wie beurteilt das BMIMI die offene Rechtslage, also das Faktum, dass das BvWG dem EuGH die Frage vorgelegt hat, ob die Änderung des BStG im Jahr 2006 einer SUP unterzogen hätte werden müssen?
25) Wieviele Fahrzeuge würden auf der Wiener Südost-Tangente fahren a) mit Lobauautobahn/Lobautunnel, b) ohne Lobauautobahn/Lobautunnel, c) in den Alternativen, die im Umweltbericht geprüft wurden?
26) Wie wird der Transitverkehr eingeschätzt a) mit Lobauautobahn/Lobautunnel, b) ohne Lobauautobahn/Lobautunnel?
27) Wie würde sich der Transitverkehr auf die Verkehrsbelastung der A2 südlich von Wien (nach Zusammenführung von S 1 und A 23 Südosttangente) voraussichtlich auswirken – wieviel Fahrzeuge pro Tag werden mit bzw. ohne Lobauautobahn/Lobautunnel erwartet?
28) Wie würde sich der Transitverkehr auf die Verkehrsbelastung der A21 südwestlich von Wien (nach Zusammenführung von S 1 und A 23 Südosttangente) voraussichtlich auswirken – wieviel Fahrzeuge pro Tag werden erwartet?
29) Können Sie ausschließen, dass mit dem etwaigen Bau des Lobautunnels/der Lobauautobahn eine mit dem Transitverkehr auf der Tiroler A12 vergleichbare Transitachse induziert wird, mit den entsprechenden Auswirkungen auf Bevölkerung und Umwelt?
30) Im Fall einer von Ihnen wiederholt medial in den Raum gestellten kurzfristigen Entscheidung für die Errichtung des Lobautunnels – wann könnte allerfrühestens ein Baustart für den Lobautunnel erfolgen?