3065/J XXVIII. GP

Eingelangt am 17.07.2025
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Anfrage

 

der Abgeordneten Mag.a Agnes-Sirkka Prammer, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Haftfreigang des Tatverdächtigen der Schussattacke in Traiskirchen trotz vorheriger Drohungen

BEGRÜNDUNG

Am 14. Juli 2025 erschoss mutmaßlich ein 66-jähriger Häftling während eines Haftfreigangs in Traiskirchen einen Mann, verletzte eine junge Frau schwer und beging anschließend Suizid. Der Tatverdächtige war zum Tatzeitpunkt auf Ausgang aus der Justizanstalt Wiener Neustadt, obwohl er laut Medienberichten bereits mehrfach auffälliges Verhalten in der Haftanstalt gezeigt haben soll. Zudem veröffentlichte er im Vorfeld der Tat auf seiner persönlichen Facebook-Seite öffentlich zugängliche Beiträge mit bedrohlichem Inhalt, darunter die Ankündigung einer „großen Überraschung“.

Angesichts dieser Vorkommnisse stellt sich die Frage, wie es zu einer positiven Entscheidung über den Haftausgang kommen konnte und inwiefern Bedrohungen in sozialen Medien im Justizvollzug überhaupt berücksichtigt werden.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage

1.    War den Organen der Justizanstalt Wiener Neustadt bzw. den Organen der Generaldirektion für den Strafvollzug bekannt, dass der Tatverdächtige in den Tagen vor dem Haftfreigang öffentlich zugängliche Beiträge mit bedrohlichem Inhalt auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht hatte?

a)    Wenn ja, wie wurden diese Informationen dokumentiert und in die Risikobewertung für den Haftausgang einbezogen?

b)    Wenn nein, warum nicht?

2.    Wurde das Facebook-Profil des Tatverdächtigen im Zuge des Justizvollzugs jemals kontrolliert oder ausgewertet?

3.    Gibt es im österreichischen Strafvollzug standardisierte Verfahren oder Leitlinien zur Berücksichtigung von Social-Media-Äußerungen bei Entscheidungen über Haftlockerungen?

a)    Wenn ja, welche und wie laufen diese Verfahren konkret ab?

b)    Wenn nein, warum nicht?

4.    Wurden im konkreten Fall Angehörige oder andere externe Hinweise zur Gefährlichkeit des Tatverdächtigen (z. B. aus der Familie oder von Opferschutzstellen) bei der Entscheidung über den Haftausgang berücksichtigt?

5.    Wie häufig werden externe Gefährdungshinweise im Zuge von Freigangsbewertungen herangezogen?

6.    Gab es in den letzten fünf Jahren weitere Fälle, in denen Personen im Strafvollzug während eines Haftausgangs schwere Gewaltverbrechen begangen haben? (bitte nach Jahren und Taten aufschlüsseln)

7.    Welche Kontrollmechanismen bestehen derzeit zur laufenden Evaluierung von Gefährlichkeitsprognosen bei Langzeitinsass:innen?

8.    Plant die Bundesministerin angesichts des vorliegenden Falles gesetzliche oder organisatorische Nachschärfungen bei der Risikobewertung im Rahmen von Haftlockerungen?

9.    Ist vorgesehen, künftig öffentlich zugängliche digitale Kommunikation (z. B. Social Media) bei der Vollzugsplanung systematisch zu berücksichtigen?

a)    Wenn ja: Gibt es hierzu eine Abstimmung mit dem Bundesministerium für Inneres oder dem Verfassungsschutz?

i.)            Wenn nein: Warum nicht?

10. Welche etwaigen rechtlichen oder datenschutzrechtlichen Hindernisse bestehen derzeit für eine solche Berücksichtigung digitaler Kommunikation?

11. Welche Rolle spielte das aufrechte Waffenverbot im Entscheidungsprozess über den Haftausgang in diesem konkreten Fall?

12. Wurde vom Justizpersonal in Erwägung gezogen, dass der Tatverdächtige trotz des Waffenverbots Zugang zu Schusswaffen haben könnte?

13. Gibt es einen strukturierten Informationsaustausch mit dem BMI über mögliche Hinweise auf Verstöße gegen Waffenverbote durch Strafgefangene?

a)    Wenn ja, wie ist dieser Austausch organisiert?

b)    Wenn nein, warum nicht?