3066/J XXVIII. GP
Eingelangt am 17.07.2025
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Anfrage
der Abgeordneten Olga Voglauer, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
betreffend Ist eine Abschwächung der Tierwohl-Kriterien in der nachhaltigen Lebensmittelbeschaffung geplant?
Am 9. Juli 2025 langten die Beantwortungen aller Minister:innen zur Anfrage „Bio und Tierwohl in der öffentlichen Beschaffung – wie sieht es aus mit den Zielen 2025?“ ein. Es zeigte sich, dass es in einigen Ministerien zwar Fortschritte bzgl. des Monitorings und auch des Erreichens der Bio-Quote gab, jedoch weiterhin zahlreiche sehr relevante Ministerien wie etwa das BMJ oder das BMLV entweder ihren Bio-Anteil an der Lebensmittelbeschaffung nicht beziffern können, oder wirklich deutlich (BMLV: 4%) hinter dem vereinbarten Ziel eines Bio-Anteils von 30% ab 2025 zurückbleiben.
Hinsichtlich Tierwohl ist die Lage noch enttäuschender: Kein einziges Ministerium kann sagen, wie hoch der Tierwohlanteil bei der Fleisch- und Wurstbeschaffung ist. Nur sehr vereinzelt gibt es Angaben zum Bio-Anteil beim Fleischwareneinkauf.
Wirklich alarmierend ist jedoch, dass offenbar geplant ist, aufgrund des Nicht-Vorhandenseins von Daten zu Bio und Tierwohl, nun die Kriterien zu ändern. Das legen die Beantwortungen von BMF, BMJ, BMI, BMIMI, und BMWKMS nahe, die alle davon sprechen, dass ein Fachausschuss derzeit daran arbeite, die Kriterien im Lebensmittelbereich insbesondere im Hinblick auf Anwendbarkeit und Nachweisführung zu überarbeiten. In der Tageszeitung „der Standard“ vom 12. Juli 2025 verweist das BMLUK darauf, dass es „Ziel des Fachausschusses“ sei, „die Nabe-Kriterien zu vereinfachen und klarer zu formulieren, um ihre praktische Umsetzung zu erleichtern. Damit sollen insbesondere Küchenpersonal sowie Einkäuferinnen und Einkäufer dabei unterstützt werden, die Vorgaben besser zu verstehen und anzuwenden. Gleichzeitig soll sichergestellt werden, dass die Kriterien nachvollziehbar und überprüfbar sind."[1]
Im Aktionsplan nachhaltige Beschaffung[2] sind als Mindestanteile verankert:
· Für Lebensmittel aus biologischer Erzeugung ab 2023 mindestens 25% des monetären Werts im Kalenderjahr, ab 2025 mindestens 30% und ab 2030 mindestens 55%;
· Eine Tierwohl-Mindestquote bei Schweinefleisch inkl. Wurstwaren ab 2021 von mindestens 5% des monetären Werts im Kalenderjahr, ab 2023 mindestens 25%, ab 2025 mindestens 50% und ab 2030 zu 100%.
Die Aussage zum Fachausschuss lässt die Alarmlocken schrillen: Sollen, anstelle sich für Warenwirtschaftssysteme mit automatisierter Auswertbarkeit und eine ambitionierte Umsetzung einzusetzen, nun die Kriterien zur nachhaltigen Beschaffung im Lebensmittelbereich abgeschwächt werden?
Da im Tierwohlbereich noch deutlich weniger Daten vorliegen als bzgl. der Bio-Beschaffung, und da die Regierung seit dem Beschluss zum Vollspaltenboden in der Schweinehaltung offenbar den Weg der stetigen Verbesserung des Tierschutzes in der Landwirtschaft verlassen hat, besteht besondere Sorge hinsichtlich der Tierwohlkriterien. Eine 100 %-ige Beschaffung tierischer Produkte aus biologischer Erzeugung würde die Zielquoten auch im Bereich Tierwohl-Haltung miterfüllen.
Gerade die Tierwohlkriterien im Aktionsplan nachhaltige Beschaffung sind von enormer Wichtigkeit, um einen relevanten Markt für die Betriebe zu schaffen, die sich um Tierwohl bemühen. Das betrifft vor allem die Schweinehaltung, wo kürzlich mit einer Gesetzesnovelle der Vollspaltenboden einzementiert wurde, und die Rinderhaltung, wo Vollspaltenböden weiterhin erlaubt sind, obwohl dadurch großes Tierleid verursacht wird. Laut Aktionsplan nachhaltige Beschaffung müssten aber alle Bundeseinrichtungen zu 100% Rindfleisch aus Haltungen mit eingestreuter Liegefläche kaufen, und zu 50% Schweinefleisch aus Haltungen mit eingestreuter Liegefläche.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
1) In welcher Form ist das BMASGPK im Fachausschuss, der sich derzeit mit der Evaluierung und Überarbeitung der Kriterien zur nachhaltigen Beschaffung im Lebensmittelbereich beschäftigt, vertreten?
2) Wann und von wem wurde dieser Fachausschuss eingesetzt?
3) Wie oft und wann hat dieser Fachausschuss bereits getagt und in welcher Regelmäßigkeit sollen hier weitere Sitzungen stattfinden?
4) Was wurde in den bisherigen Sitzungen dieses Fachausschusses bereits evaluiert oder überarbeitet bzw zur Evaluierung oder Überarbeitung in Betracht gezogen?
5) Bis wann soll diese Evaluierung und Überarbeitung abgeschlossen sein?
6) Aufgrund wessen und welcher Rückmeldungen werden welche Kriterien einer Evaluierung unterzogen?
a. Welche Stakeholder:innen sind hier involviert?
b. Ist die Bundesbeschaffungsgesellschaft hierbei einbezogen oder finden eigene Gesprächsrunden mit der Bundesbeschaffungsgesellschaft idS statt?
7) Wird derzeit überlegt die Kriterien zur nachhaltigen Beschaffung im Lebensmittelbereich[3], die die Tierhaltung betreffen, im Fachausschuss abzuändern? Wir ersuchen um konkrete Nennung jeder einzelnen „verpflichtend zu berücksichtigenden Anforderung“ und „verpflichtenden technischen Spezifikation“, die in Diskussion steht.
a. Falls eine Streichung überlegt wird, mit welcher Begründung?
b. Falls eine Änderung überlegt wird, in welche Richtung gehend?
c. Wird hierfür auf die AMA-Tierhaltungsstandards TW100 oder TW60 abgezielt?
8) Wer ist schlussendlich über eine etwaige Änderung der Kriterien im Aktionsplan nachhaltige Beschaffung entscheidungsberechtigt?
9) Sollte überlegt werden, derzeit bestehende Tierwohl-Kriterien abzuändern oder zu streichen, ersuchen wir um Angabe:
a. Wie diese Überlegung begründet wird.
b. Wie Sie sich als für Tierschutz zuständige Ministerin (bzw. in Ihrer Vertretung Mitarbeiter:innen Ihres Hauses) bisher dazu verhalten haben
c. Haben Sie sich dafür eingesetzt, dass die Kriterien das Tierwohl betreffend eingehalten werden?
d. Wie erklären Sie den sich um Tierwohl bemühenden Betrieben und den Tierschutzorganisationen, dass der Bund, statt sich um die Umsetzung der Kriterien für die nachhaltige Beschaffung zu bemühen, stattdessen die Kriterien abschwächt und damit die Tiere, die endlich bessere Haltungsbedingungen verdienen, im Stich lässt?
[1] https://www.derstandard.at/story/3000000279090/laesst-die-oeffentliche-hand-bei-bio-und-tierwohl-aus
[2] https://www.nabe.gv.at/wp-content/uploads/2021/06/6_Lebensmittel-und-Verpflegungsdienstleistungen_naBe-Kriterien-1.pdf
[3] https://www.nabe.gv.at/wp-content/uploads/2021/06/6_Lebensmittel-und-Verpflegungsdienstleistungen_naBe-Kriterien-1.pdf