308/J XXVIII. GP

Eingelangt am 12.12.2024
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Christian Hafenecker, MA

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Willkürliches Verbot regierungskritischer Demonstrationen?

 

 

Im Vorfeld von für den 30.11.2024 geplanten regierungskritischen Demonstrationen in der Bundeshauptstadt Wien wurden diese durch die Landespolizeidirektion Wien verboten. Dabei handelt es sich dem Vernehmen nach um die Versammlungen „Frieden und Neutralität! Gegen die Zuckerlkoalition!“ und „Frieden und Neutralität".  Das Verbot der beiden, ordnungsgemäß angemeldeten, Versammlungen durch die LPD Wien erfolgte unter Angabe abenteuerlicher Gründe. Die LPD begründet das Verbot folgendermaßen:[1]

 

 

Mit den genannten Gründen war die LPD Wien also der Auffassung, dass die „Erwerbsfreiheit“ und der „Verkehrsfluss“ über das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit zu stellen seien. Eine Argumentation, die internationale Vergleiche mit autoritären Regimen und deren Praktiken nicht scheuen muss. So waren auch in der Vergangenheit Demonstrationen an Adventwochenenden immer zulässig. 2016 durften am ersten Adventsamstag Linke gegen Abschiebungen demonstrieren oder 2018 am dritten Adventsamstag gegen die ÖVP-FPÖ-Bundesregierung. Ein Messen mit zweierlei Maß steht hier also außer Frage.

 

Es geht aber noch abenteuerlicher weiter. So führt die LPD Wien weiter aus, dass eine von gewaltbereiten Linksextremisten (u.a. Linkswende, Antifa-Jugend Wien, etc.) organisierte „Gegendemo“ an selbigem Datum weiterhin erlaubt bleibe und keine wie auch immer geartete Gefahr darstelle. Auch zahlreiche weitere Versammlungen bzw. Demonstrationen mit unterschiedlichen Inhalten im Stadtgebiet von Wien am Samstag, dem 30.11. 2024, wurden für zulässig erklärt.[2] [3]

 

Folglich liegt der Schluss nahe, dass die LPD Wien, möglicherweise auf Anweisung des BMI, vollkommen willkürlich gegen die abgewählte Regierung gerichtete und legal angemeldete Proteste mit fragwürdigen Methoden verbietet und so versucht, den politischen Diskurs einseitig im Sinne der Regierung zu beeinflussen und legitimen Protest zu kriminalisieren.

 

Neben den beiden verbotenen Kundgebungen wurde für Samstag, den 30.11., auch eine Standkundgebung auf dem Wiener Heldenplatz angemeldet. Diese wurde Medienberichten zufolge nicht aktiv verboten, jedoch sehr wohl massiv eingeschränkt durch die Polizeibehörden.[4] So wurden die Zugänge zum Heldenplatz von der Polizei abgeriegelt und Teilnehmern der Veranstaltung die Teilnahme massiv erschwert. Auch sollen Teilnehmer nur nach Feststellung ihrer Identität an der anmeldeten Veranstaltung haben teilnehmen dürfen. Ist das etwa das Demokratieverständis der Bundesregierung?

 

Gesetzestreue Bürger mit schikanösen Maßnahmen von der Teilnahme an regierungskritischen Veranstaltungen abhalten zu wollen, entspricht keinem demokratischen Grundkonsens und steht der geltenden Versammlungsfreiheit diametral gegenüber.  Auch zu Einkesselungen der abziehenden Demonstranten nach der genehmigten Kundgebung soll es gekommen sein, Grund wurde dafür keiner genannt.[5]

 

 

In diesem Zusammenhang stellt der unterfertigte Abgeordnete an den Bundesminister für Inneres folgende

 

Anfrage

 

1.    Auf welcher Rechtsgrundlage erfolgte das Verbot der beiden genannten Demonstrationen?

2.    Welche Versammlungen waren in Wien am 30.11.2024 angemeldet? (Bitte um Auflistung der Versammlungen inkl. Zusatz, ob untersagt oder nicht)

3.    Wurde bei allen Versammlungen vorab eine Gefahreneinschätzung erstellt?

a.    Wenn ja, mit welchem jeweils konkreten Ergebnis?

b.    Wenn nein, warum wurde nur selektiv eine solche Gefahreneinschätzung erstellt? 

a.    Von wem wurde diese Gefahreneinschätzung erstellt?

4.    Warum wurden nicht sämtliche für den 30.11.2024 in Wien anmeldete Demonstrationen mit der gleichen Argumentation wie bei den beiden regierungskritischen Versammlungen verboten?

5.    Wurden seitens Ihres Ressorts oder nachgelagerter Dienststellen in der Sache der beiden verbotenen Demonstrationen Weisungen ausgesprochen?

a.    Wenn ja, wann, von wem und mit welchem Inhalt?

6.    Hat die LPD vor Untersagung der besagten Demonstration geprüft, ob die Verbote rechtlich überhaupt haltbar sind?

a.    Wenn nein, warum nicht?

7.    Wie kamen Ihr Ressort bzw. nachgelagerte Dienststellen zu der Erkenntnis, dass die von Linksextremisten (u.a. Linkswende und Antifa-Jugend Wien) organsierte „Gegendemonstration“ zu erlauben ist und keine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellt? 

8.    Welche Dienststellen Ihres Ressorts waren in die Entscheidungsfindung zum Verbot der genannten Versammlungen involviert?

9.    Planen Ihr Ressort bzw. nachgelagerte Dienststellen auch zukünftig regierungskritische Versammlungen grundsätzlich zu untersagen?

10. Warum wurden Zugangskontrollen, inkl. Identitätsfeststellungen, im Rahmen einer angemeldeten Standkundgebung durchgeführt?

11. Warum wurde durch die Polizei versucht, Bürger von der Teilnahme an regierungskritischen Demonstrationen abzuhalten bzw. diese einzuschüchtern?

12. Auf Basis welcher Rechtsgrundlage wurden Zutrittskontrollen zu genannter Standkundgebung durchgeführt? Wurde dabei auf die Wahrung der Grundrechte der Betroffenen geachtet?

13. In wessen Auftrag wurden die Zutrittskontrollen auf dem Heldenplatz durchgeführt?

14.  Warum und wo kam es im Nachgang der Veranstaltung am Heldenplatz zu Einkesselungen von abziehenden Demonstranten?

15. Kam es zu Festnahmen im Rahmen der angemeldeten Demonstration am Heldenplatz?

a.    Wenn ja, aus welchem Grund?

16. Aus welchem Grund wurden am 30.11.2024 zwei Wasserwerfer der Polizei vor der Hofburg positioniert? 

17.  Welche Polizeieinheiten waren am 30.11.2024 rund um die angemeldete Kundgebung im Einsatz?

18. Wie viele Polizeibeamte befanden sich am 30.11.2024 rund um die Demo im Einsatz?

19. Kam es im Zuge der genannten Versammlung am 30.11.2024 zu Störkationen?

a.    Wenn ja, durch wen und in welcher Art?

20. Kam es zu Zwischenfällen bzw. Anzeigen im Rahmen der Gegendemo am Schwarzenbergplatz?

a.    Wenn ja, nach welchen Tatbeständen erfolgten Anzeigen?

b.    Welche Gruppierungen des linken Spektrums nahmen an genannter Demo teil?

c.    Wurden Waffen bei linken Gegendemonstranten sichergestellt?

d.    Wie viele Polizisten waren im Rahmen der Gegendemonstration am Schwarzenbergplatz eingesetzt?

e.    Welche Maßnahmen wurden seitens Ihres Ressorts bzw. nachgelagerter Dienststellen gesetzt, um eine Beeinträchtigung des Verkehrsflusses durch die Gegendemo zu verhindern?

 

 

Sollten einzelne Antworten einer Vertraulichkeit bzw. Geheimhaltung unterliegen, wird ersucht, die Fragen unter Einhaltung des Informationsordnungsgesetzes klassifiziert zu beantworten.



[1] https://x.com/LPDWien?ref_src=twsrc%5Egoogle%7Ctwcamp%5Eserp%7Ctwgr%5Eauthor

[2] https://www.oe24.at/oesterreich/politik/parteien/nach-demo-verbot-fpoe-fans-wollen-weihnachtsmaerkte-besuchen/613736756

[3] https://www.oe24.at/oesterreich/politik/parteien/polizei-verbietet-pro-fpoe-demos-am-samstag-in-wien/613723088

[4] https://wien.orf.at/stories/3283312/

[5] https://unzensuriert.at/285980-wir-durften-nicht-aufs-klo-wer-aus-der-einkesselung-heraus-wollte-wurde-festgenommen/