3088/J XXVIII. GP
Eingelangt am 21.07.2025
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ANFRAGE
des Abgeordneten Mag. Gernot Darmann
an den Bundesminister für Inneres
betreffend Gefährlicher Einzeltäter mit möglichem psychischem Ausnahmezustand. Wurden Behördenhinweise ignoriert und eine rechtzeitige Unterbringung verabsäumt?
Laut Medienberichten kam es am 4. Juni 2025 in St. Aegyd am Neuwalde im Bezirk Lilienfeld in Niederösterreich zu einem tödlichen Schusswaffengebrauch durch die Polizei gegen einen 49-jährigen Mann. Dieser soll zuvor mit einem Messer bewaffnet Polizeibeamte bedroht haben. Es stellt sich die Frage, wieso Polizeikräfte diesem immensen Risiko ausgesetzt wurden, denn bereits im Vorfeld war der Mann durch gewalttätiges Verhalten aufgefallen. Unter anderem kam es zu Vorfällen mit einer Axt in Kaumberg. Es bestehen Hinweise auf eine akute psychische Ausnahmesituation. Dennoch blieb der Mann weiterhin auf freiem Fuß.[1]
Die Ereignisse werfen zahlreiche Fragen auf. Offen ist vor allem, warum eine rechtzeitige Einweisung in eine geeignete Einrichtung nicht erfolgte, obwohl es wiederholt zu sicherheitsrelevanten Vorkommnissen kam. Ebenso stellt sich die Frage, ob andere Behörden rechtzeitig informiert und involviert wurden, da schluss-endlich eine massive Gefährdung der Bevölkerung sowie der Exekutive aus dem Vorfall resultierte.
Ziel muss es sein, durch eine umfassende Aufarbeitung sicherzustellen, dass gefährliche Einzeltäter mit erkennbaren psychischen Problemen nach polizeilichem Einschreiten nicht erneut zur Gefahr für Bürger und Exekutive werden.
In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete an den Bundes-minister für Inneres nachstehende
Anfrage
1. War der 49-jährige Mann vor dem Vorfall in St. Aegyd polizeilich bekannt?
2. Seit wann war er in behördlichen Systemen erfasst und welche konkreten Vorfälle wurden ihm zugeordnet?
3. Gab es Hinweise auf einen psychischen Ausnahmezustand bei diesem Mann?
4. Sind zu diesem Fall frühere Urteile, Bewährungsauflagen oder aufenthalts-rechtliche Prüfungen bekannt?
5. Welche weiteren Behörden und Stellen (z. B. Landespolizeidirektion, Bundes-amt für Fremdenwesen und Asyl, Bezirksverwaltungsbehörde, Sozial-behörden) waren in diesen Fall involviert?
a. Wann wurden welche dieser Stellen informiert?
b. Gab es einen koordinierten Informationsaustausch?
i. Wenn nein, warum nicht?
6. Wie gestaltete sich der Informationsaustausch zwischen den beteiligten Behörden?
a. Gab es einen aktiven Austausch zwischen Polizei, Asylbehörden, Justiz und anderen beteiligten Einrichtungen?
i. Wenn ja, wann, in welcher Form und mit welchen Inhalten?
ii. Wenn nein, warum fand kein koordinierter Austausch sicherheits-relevanter Informationen statt?
b. Welche internen Vorgaben oder standardisierten Verfahren zum behördenübergreifenden Informationsfluss kamen im gegenständlichen Fall zur Anwendung?
7. Wurde eine fachärztliche Beurteilung durchgeführt?
a. Wenn ja, hat es dazu Anweisungen, z. B. seitens der Justiz oder anderer Behörden, gegeben?
b. Wurde ein Polizeiarzt, Amtsarzt oder eine psychiatrische Fachkraft beigezogen?
i. Wenn nein, aus welchen Gründen wurde trotz auffälligen Verhaltens keine Untersuchung veranlasst?
8. Wurde der Mann in eine psychiatrische Klinik oder eine vergleichbare Einrichtung eingewiesen oder zur Abklärung überstellt?
a. Falls nein, warum wurde keine Maßnahme zur Unterbringung bei vermuteter Fremdgefährdung gesetzt?
9. Gab es eine Gefährdungseinschätzung durch andere Behörden oder medizinische Stellen?
a. Wenn ja, durch welche?
10. Wurde das Landesamt für Staatsschutz und Extremismusbekämpfung (LSE) in die Beurteilung des Mannes eingebunden?
a. Wenn ja, wann und mit welchem Ergebnis?
11. Welche weiteren Behörden wurden über das Verhalten bzw. den Axt-Vorfall des Mannes informiert?
12. Wie viele Fälle bereits behördlich bekannter Einzeltäter mit psychischer Auffälligkeit gab es in den letzten fünf Jahren in Österreich?
a. Wie viele davon endeten mit einem polizeilichen Schusswaffen-gebrauch?
13. Existiert ein standardisiertes Verfahren zur Bewertung und Beobachtung von Personen mit wiederholt aggressivem oder psychisch auffälligem Verhalten?
a. Wenn ja, wurde dieses Verfahren im gegenständlichen Fall angewendet?
b. Wenn ja, wer ist entscheidungsbefugt?
c. Wenn nein, warum nicht?
14. Wurde ein Informationsfluss zwischen den zuständigen Dienststellen im Bezirk bzw. mit weiteren Exekutivbehörden sichergestellt?
15. Welche Lehren zieht das Ministerium aus dem konkreten Fall?
16. Welche konkreten Verbesserungen sind geplant, um gefährliche, psychisch auffällige Personen zum Schutz der Bürger sowie der Sicherheitsexekutive selbst rascher aus dem Verkehr zu ziehen?
Sollten einzelne Antworten einer Vertraulichkeit bzw. Geheimhaltung unterliegen, wird ersucht, diese unter Einhaltung des Informationsordnungsgesetzes klassifiziert zu beantworten.
[1] https://www.kleinezeitung.at/oesterreich/19762399/polizei-erschiesst-messer-angreifer-in-niederoesterreich