3102/J XXVIII. GP
Eingelangt
am 01.08.2025
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert.
Abweichungen vom Original sind möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Lukas Hammer, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Inneres
betreffend Rechtswidrige Überstellung der Antifaschist:in Maja T. nach Ungarn und die Rolle österreichischer Behörden
BEGRÜNDUNG
Seit einem Jahr befindet sich die Antifaschist:in Maja T. nun in Untersuchungshaft in Ungarn. Die Haftbedingungen und der Gerichtsprozess sind seitdem Gegenstand scharfer Kritik. Zudem wurde die Auslieferung von Maja T. nach Ungarn, an der sich auch die österreichischen Behörden beteiligten, vom deutschen Bundesverfassungsgericht für rechtswidrig erklärt.
Die deutsche Staatsbürgerin Maja T. wurde am 28. Juli 2024 in einer Nacht-und- Nebel-Aktion von Deutschland nach Ungarn überstellt. Diese hatte offensichtlich das Ziel, Rechtsmittel zu umgehen. So wurde Maja T. mitten in der Nacht um 3:30 Uhr aus ihrer Zelle in Berlin geholt und mittels Hubschrauber der Bundespolizei nach Passau an die österreichische Grenze gebracht. Dennoch stellte um 7:38 Uhr der Anwalt von Maja T. einen Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Bereits um 10:50 Uhr gab es dort eine Eilentscheidung. Das Gericht wies die Generalstaatsanwaltschaft Berlin und das Sächsische Landeskriminalamt an, die Auslieferung vorerst nicht durchzuführen. Außerdem ordnete das Gericht an, dass die Berliner Behörde eine "Rückführung in die Bundesrepublik Deutschland zu erwirken" habe, sollte sich T. bereits außer Landes befinden[1].
Wie in einem von der ungarischen Polizei veröffentlichten Video ersichtlich ist, waren österreichische Polizeibeamte bei der Überstellung Maja Ts an die ungarischen Behörden eingebunden. Es sind Polizeifahrzeuge der österreichischen Bundespolizei zu sehen und schwer ausgerüstete Beamte in österreichischer Uniform[2].
Maja T. schildert, dass mit der Überstellung an die österreichischen Behörden die Sicherungsmaßnahmen noch einmal verschärft worden seien: "Da habe ich die kalte Brutalität der Polizei kennengelernt. Ich wurde behandelt wie ein verschnürtes Paket. […] Das war wirklich ein Horrortrip", erzählt Maja T. Ihr seien Hand- und Fußfesseln und eine Haube, wie man sie aus dem Boxsport kennt, angelegt sowie ein Sack über den Kopf gezogen worden. In einer winzigen Zelle im Gefangenentransport sei sie dann mehrere Stunden, ohne Pause und ohne die Möglichkeit zu trinken, an die ungarische Grenze gebracht und dort den Beamten übergeben worden[3].
Maja T. kämpft seitdem gegen die Haftbedingungen in Ungarn. Vor kurzem ist sie sogar in einen Hungerstreik getreten, um eine Rückführung nach Deutschland zu erwirken. Diesen musste Maja T. aufgrund lebensbedrohlicher gesundheitlicher Auswirkungen beenden. Maja T. wurde noch nicht verurteilt, sondern befindet sich in Untersuchungshaft. Der Vater von Maja T. kritisierte, die verhängte Isolationshaft komme einer psychischen Folter gleich[4]. Zudem wird kritisiert, dass Maja T. in rechtsautoritär regierten Ungarn kein rechtsstaatliches Verfahren erwarte.
Anfang Februar 2025 entschied das deutsche Bundesverfassungsgericht, dass die Auslieferung von Maja T. nach Ungarn rechtswidrig war. Das Verfassungsgericht kam zu dem Schluss, dass das Kammergericht die Lage nicht ausreichend geprüft habe. "Insbesondere hat es die Haftumstände, die die beschwerdeführende Person in Ungarn erwarteten, nicht hinreichend aufgeklärt", teilte das Gericht mit. Die Überstellung stelle einen "tiefgreifenden Grundrechtseingriff" dar[5].
Die Rolle der österreichischen Behörden bei der rechtswidrigen Überstellung von Maja T. nach Ungarn wirft einige Fragen auf. Vor allem scheint die Aktion, die einen hohen organisatorischen Aufwand erforderte, bereits vorab länderübergreifend koordiniert worden zu sein, bevor es überhaupt eine rechtliche Grundlage für die Überstellung nach Ungarn gab. Zudem sind die Maßnahmen, die die Polizei bei der Überstellung von Maja T. getroffen hat, mehr als bizarr und bedenklich.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE
1) Welche Ministerien und Behörden in Österreich waren bei der Planung und Durchführung der Überstellung von Maja T. von Deutschland nach Ungarn eingebunden?
2) Wann wurden die österreichischen Behörden ersucht, bei der Überstellung von Maja T. nach Ungarn mitzuwirken?
3) Wer war der Einsatzleiter und welche Einheiten waren an der Überstellung von Maja T. nach Ungarn beteiligt?
4) Wo und wann fand die Übergabe von Maja T. an die österreichischen Behörden statt?
5) Wo und wann fand die Übergabe von Maja T. an die ungarischen Behörden statt?
6) Ab welchem Zeitpunkt waren die österreichischen Behörden über die eingelegten Rechtsmittel informiert?
7) Warum wurde die Überstellung von Maja T. nicht abgebrochen, nachdem ein Gericht die Rückführung von Maja T. nach Deutschland entschied?
8) Wann wurde der Einsatz der österreichischen Beamten konzipiert und wer war daran beteiligt?
9) Wer entschied, Maja T. Fuß und Handfesseln anzulegen, einen Sack (Spuckschutz) über den Kopf zu stülpen und diesen mit einem gepolsterten Helm zu fixieren? Aus welchem Anlass und auf Basis welcher rechtlichen Grundlage wurden diese Maßnahmen getroffen?
10) Wurde Maja T. bei der Überstellung der Zugang zu Trinkwasser verweigert? Stellt dieses Vorgehen nicht einen eklatanten Verstoß gegen die Rechte von angehaltenen oder sich in Gewahrsam befindlichen Personen dar?
11) Auf welchen Ebenen und zu welchen Zeitpunkten fand im Vorfeld mit wem (ungarische und deutsche Behörden) eine Abstimmung über den Einsatz statt?
12) Welche Behörden aus der Bundesrepublik Deutschland sind wann an die österreichischen Behörden herangetreten?
[1] https://www.tagesschau.de/investigativ/mdr/linksextreme-maja-auslieferung-ungarn-100.html
[2] https://www.youtube.com/watch?v=yGr-zgHkOTA
[3] https://www.tagesschau.de/investigativ/mdr/linksextreme-maja-auslieferung-ungarn-100.html
[4] https://www.tagesschau.de/investigativ/mdr/maja-t-haft-ungarn-hungerstreik-100.html
[5] https://www.tagesschau.de/inland/auslieferung-ungarn-102.html