3121/J XXVIII. GP

Eingelangt am 08.08.2025
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Anfrage

der Abgeordneten Olga Voglauer, Lukas Hammer, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Inneres

betreffend: Welcher Aufwand wurde für den überbordenden Polizeieinsatz am Peršmanhof in Kauf genommen?

BEGRÜNDUNG

Am Sonntag, den 27. Juli 2025 zwischen etwa 11.15 Uhr und 15.45 Uhr, fand rund um die Gedenkstätte und im Museum Peršman ein massiver Polizeieinsatz statt. Sieben Polizeifahrzeuge, mehr als 30 Polizeikräfte, ein Polizeihubschrauber, Drohnen sowie Polizeihunde und Mitarbeitende des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl waren unter Einsatzleitung des stellvertretenden Leiters des Landesamtes für Staatsschutz und Extremismusbekämpfung (LSE) vor Ort. Im Zuge des Einsatzes fand ein als „Hausdurchsuchung“ deklariertes Eindringen in das Museum statt und es wurden Identitätsfeststellungen durchgeführt. Wie aus Medienberichten bekannt wurde, fand die Einsatzplanung und -vorbereitung bereits am Freitag, dem 25.7. statt. Aussagen der Camp-Teilnehmer:innen zufolge, wurde bereits am Donnerstag, dem 24.7., ein Polizeihubschrauber über dem Peršmanhof-Gelände kreisend wahrgenommen worden.

Der Peršmanhof ist nicht nur ein Museum, sondern ein bedeutender Erinnerungs- und Gedenkort an die Verbrechen des nationalsozialistischen Terrorregimes an der Kärntnerslowenischen Zivilbevölkerung sowie für die Widerstandskämpfer:innen gegen das NS-Regime in der Region. An diesem Ort ermordeten Angehörige des SS-Polizeiregiments 13 kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs elf Mitglieder der Familien Sadovnik und Kogoj.

An besagtem Wochenende fand ein internationales antifaschistisches Bildungscamp statt, das sich mit Themen rund um das 80. Gedenkjahr der Befreiung vom Nationalsozialismus beschäftigte.

Der Einsatz wurde von Seiten der Behörden mit mutmaßlichen Verwaltungsübertretungen (Kärntner Naturschutzgesetz, Campingplatzgesetz) begründet. Besonders irritierend ist die von der Einsatzleitung kolportierte weitere Begründung, wonach das antifaschistische Bildungscamp „einen sittenwidrigen Umgang mit der Gedenkstätte“ darstelle. Dieser Vorwurf wird von den Organisator:innen in einer Aussendung entschieden zurückgewiesen und steht in eklatantem Widerspruch zu der Tatsache, dass das Museum selbst die Veranstaltung unterstützt hat.

Zur Überprüfung bzw Ahndung mutmaßlicher Verwaltungsübertretungen und zur Identitätsfeststellung von 32 Personen am Gelände bzw im Nahebereich des Peršmanhofs scheint die personelle und materielle Ausstattung des Einsatzes weit überschießend und auch im Sinne der dadurch entstandenen Kosten unverhältnismäßig hoch - insbesondere aufgrund der Entscheidung den Einsatz an einem Sonntag durchzuführen, obwohl dies ebenso an einem Werktag hätte geschehen können. Zudem sollen für diesen Einsatz auch Kräfte aus Villach abgezogen worden sein, die dort für den Dienst im Rahmen der Veranstaltungssicherheit am Villacher Kirchtag vorgesehen waren.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1)   Wie viele Einsatzkräfte und in welcher Verwendung bzw aus welchen Einsatzbereichen waren am Einsatz am Peršmanhof insgesamt beteiligt? Wir bitten um Auflistung der Kräfte nach den beteiligten Dienststellen der Mitarbeiter:innen bzw Beamt:innen seitens Bezirkspolizeikommando, Landespolizeikommando, Landespolizeidirektion, Schnelle Interventionsgruppe, Flugpolizei, Diensthundeführer:innen, Landesamt für Staatsschutz und Extremismusbekämpfung, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie der beteiligten Mitarbeiter:innen für Planung, Vorbereitung, Einsatzdurchführung und Nachbereitung.

2)   Wo haben die Planungen, Vorbereitungen und Einsatzbesprechungen für diesen Einsatz stattgefunden?

3)   Wurden slowenisch-sprechende Polizeibeamt:innen zu diesem Einsatz hinzugezogen? Wenn ja, wie viele und in welchen Einsatzbereichen? Wenn nein, wieso nicht?

4)   In welchem zahlenmäßigen Verhältnis stand der Personalaufwand der Einsatzkräfte zur Anzahl der am Einsatzort angetroffenen bzw beamtshandelten Personen?

a.    Ist dieses zahlenmäßige Verhältnis zwischen Einsatzkräften und Angetroffenen bzw beamtshandelten Personen für Polizeieinsätze beim Verdacht von Verwaltungsübertretungen üblich?

b.    Wie häufig müssen Polizeibeamt:innen jährlich wegen Verwaltungsübertretungen gegen das Kärntner Naturschutzgesetz ausrücken?

c.    Wie häufig müssen Polizeibeamt:innen jährlich wegen Verwaltungsübertretungen gegen das Kärntner Campingplatzgesetz ausrücken?

5)   Wie viele Einsatzkräfte aus welchen Einsatzbereichen wurden in welchem Stundenausmaß für diesen Einsatz vom Villacher Kirchtag abgezogen?

a.    Wurden für den Einsatz am Peršmanhof auch Drohnen und zum Drohneneinsatz ausgebildete Beamte vom Villacher Kirchtag abgezogen, und wenn ja, wie viele?

b.    Wenn ja, mit welchen Aufgaben waren diese Beamt:innen beim Einsatz am Villacher Kirchtag betraut und wie hoch waren die jeweiligen verbliebenen Personalreserven dieser Einsatzbereiche für den Einsatz am Villacher Kirchtag?

c.    Wenn nein, welcher Dienststelle sind die Beamt:innen der Drohnenführung, der Hubschrauberüberfliegung und der SIG zuzuordnen?

6)   Wie viele „Mannstunden“ wurden für diesen Einsatz für Planung, Vorbereitung und Durchführung bis zum Einsatzende (Abschluss, Debriefing) insgesamt aufgewendet? Es wird um getrennte Auflistung der auf den Gesamteinsatz entfallenen „Mannstunden“ nach Personenanzahl der beteiligten Mitarbeiter:innen bzw Beamt:innen seitens Bezirkspolizeikommando, Landespolizeikommando, Landespolizeidirektion, Schnelle Interventionsgruppe, Flugpolizei, Diensthundeführer:innen, Landesamt Staatsschutz und Extremismusbekämpfung, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie für Planung, Vorbereitung, Einsatzdurchführung und Nachbereitung ersucht.

7)   Wie hoch war der für Planung, Vorbereitung und Durchführung des Einsatzes angefallene Kostenaufwand insgesamt?

a.    Wie hoch waren die hierfür angefallenen Personalkosten?

b.    Sind hierfür Mehrleistungen wie Überstunden- oder Wochenendzuschläge angefallen, da der Einsatz an einem Sonntag durchgeführt wurde, und wenn ja, in welcher Höhe?

c.    Wie hoch wären die Kosten für diesen Einsatz gewesen, wenn er am Montag durchgeführt worden wäre?

d.    Wie hoch wären die Kosten für diesen Einsatz gewesen, wenn er am Samstag durchgeführt worden wäre?

e.    Wie hoch waren die Einsatzkosten für den Helikopter-Einsatz der Flugpolizei für den Überflug des Peršmanhof-Geländes am Donnerstag, dem 24.7. von Start bis Landung?

f.     Wie hoch waren Einsatzkosten für den Helikopter-Einsatz der Flugpolizei am Sonntag, dem 27.7. von Start bis Landung?

8)   Aus welchen Gründen und von wem wurde entschieden diesen Einsatz an einem Sonntag durchzuführen, obwohl das Camp – wie aus dem Veranstaltungsprogramm ersichtlich – auch am darauf folgenden Montag und Dienstag noch weitergeführt wurde?

9)   In seinem Interview mit Armin Wolf in der ZIB2 vom 30.7.2025 berichtete der stv. Landespolizeidirektor Markus Plazer davon, dass die Einsatzleitung einem LSE-Beamten oblag, da davon ausgegangen wurde, dass das Camp möglicherweise von „Extremisten“ besucht würde. Wird nun seitens der Exekutive automatisiert davon ausgegangen, dass es sich um Extremisten handelt, sobald das Wort „Antifa“ oder „antifaschistisch“ in der Selbstbezeichnung einer Gruppe vorkommt?

10) Wurden die Anzeigen wegen Überschreitungen des Naturschutzgesetzes und des Campingplatzgesetzes im Nachhinein auf ihre Glaubwürdigkeit hin überprüft? Konnte hier eine bestimmte Motivation für die Erstattung der Anzeigen erkannt werden?

11) Welche Informationen lagen der LPD zur Einsatzplanung am Peršmanhof vor?

a.    War den Beamt:innen, die die Einsatzplanung durchführten oder daran teilnahmen, die Relevanz des Peršmanhof als zentraler Ort des Gedenkens an den Widerstand der Kärntner Slowen:innen im 2. Weltkrieg bekannt? Wie wurde dies in der Einsatzplanung berücksichtigt?

b.    War den Beamt:innen, die die Einsatzplanung durchführten oder daran teilnahmen, bekannt, dass Angehörige der slowenischen Minderheit am Camp teilnahmen? Wie wurde dies in der Einsatzplanung berücksichtigt?

12) Werden im Rahmen der Ausbildung von zukünftigen Polizeibeamt:innen an der Polizeiakademie in Krumpendorf in Kärnten Schulungsinhalte zu Gedenkorten wie dem Peršmanhof oder dem KZ Loibl vermittelt?

a.    Wurden die eingesetzten Polizeibeamt:innen auf die Besonderheit des Gedenkortes Peršmanhof sensibilisiert? Wenn nein, wieso nicht?

13) Gibt es Erlässe oder interne Weisungen, wie Gedenkakte autochthoner Minderheiten ungestört und würdevoll ermöglicht werden können? Falls nein, gibt es Pläne solche auszuarbeiten?

14) Das Innenministerium kündigte zur Aufarbeitung des Vorfalls an, eine multiprofessionelle Kommission einzusetzen. Wer wird in dieser Kommission vertreten sein und was ist ihr Zweck und Ziel?

a.    Ist es üblich, dass zuerst eine Kommission eingerichtet werden muss, um in Erfahrung zu bringen, wer oder welche Stelle einen solchen Einsatz anfordert?

b.    Bis wann sollen die ersten Ergebnisse dieser Kommission vorgelegt werden?

c.    Werden die Ergebnisse der Aufarbeitung veröffentlicht werden?

d.    Wird der Vorfall der Ermittlungs- und Beschwerdestelle für Misshandlungsvorwürfe zugeleitet werden?