3177/J XXVIII. GP

Eingelangt am 04.09.2025
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Anfrage

der Abgeordneten Ralph Schallmeiner, Freundinnen und Freunde

an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

betreffend: Was passiert mit den übrigen Mitteln aus dem Pilotprojekt zur Harmonisierung der Persönlichen Assistenz?

BEGRÜNDUNG

Für viele Menschen mit Behinderungen, die im Alltag Unterstützung brauchen, ist Persönliche Assistenz der Schlüssel für ein selbstbestimmtes Leben. Im Unterschied zur Betreuung im Heim oder durch klassische mobile Dienste, wie etwa der Heimhilfe, entscheiden bei der Persönlichen Assistenz die Menschen mit Behinderungen selbst, wer, wann, wo, welche Unterstützung auf welche Art und Weise erbringen soll. Dadurch haben die betroffenen Menschen weitgehende Kontrolle über ihr eigenes Leben.

Während die Persönliche Assistenz am Arbeitsplatz vom Bund einheitlich geregelt und finanziert ist, bestehen in den einzelnen Bundesländern für die Persönliche Assistenz außerhalb der Arbeit unterschiedliche Regelungen und Finanzierungen. Beispielsweise sind in vielen Bundesländern Menschen mit intellektuellen Beeinträchtigungen von Persönlicher Assistenz ausgeschlossen.

Mit dem Pilotprojekt des Bundes zur Harmonisierung der Persönlichen Assistenz verfolgte der damalige Bundesminister Johannes Rauch das Ziel, die Zielgruppen zu erweitern und mehr Menschen Persönliche Assistenz zu ermöglichen. Darüber hinaus ist es das Ziel, mit Anstellungsverhältnissen sozialrechtlich abgesicherte gute Arbeitsplätze für persönliche Assistent:innen zu schaffen. Um Mehrkosten für die Bundesländer abzufedern, stellte der Bund dafür insgesamt rund 120 Millionen Euro zur Verfügung.

Burgenland, Kärnten, Tirol, Vorarlberg, und Salzburg sind dem Pilotprojekt beigetreten. Im Jahr 2024 konnten laut Anfragebeantwortung 409/AB zur parlamentarischen Anfrage von AbgzNR Ralph Schallmeiner so insgesamt 936 Personen mit Behinderungen durch insgesamt 720.970 Assistenzstunden außerhalb der Arbeit durch kollektivvertraglich abgesicherte persönliche Assistenz betreut werden. Die Bundesländer Niederösterreich, Wien, Oberösterreich und Steiermark haben es bisher vorgezogen, nicht an einem Pilotprojekt teilzunehmen, weshalb auch noch nicht alle Finanzmittel ausgeschöpft wurden. In manchen dieser Bundesländer bleiben ganze Gruppen von Menschen mit Behinderungen, etwa mit intellektuellen Beeinträchtigungen, Sehbehinderungen oder einer zu niedrigen Pflegestufe, pauschal ausgeschlossen. Persönliche Assistent:innen müssen weiter unter prekären Bedingungen arbeiten, da die Stundensätze so niedrig sind, dass sich Anstellungen damit nicht finanzieren lassen.

Manche Bundesländer, wie etwa Wien, Niederösterreich oder die Steiermark dulden daher freie Dienstverträge oder forcieren die Beschäftigung von Persönlichen Assistent:innen als Neue Selbständige, obwohl dies nicht der geltenden Rechtlage entspricht. Der geförderte Stundensatz beträgt in Niederösterreich nur 22 Euro, in Wien 24 Euro. Um ein Anstellungsverhältnis zu finanzieren braucht es je nach Organisationsform, Vordienstzeiten etc. aber mindestens 37 bis 42 Euro pro Stunde.

In der Steiermark hat die dortige ÖGK-Landesstelle nun die Praxis der Duldung freier Dienstverträge beendet.[1][2] Für die betroffenen Menschen mit Behinderungen bedeutet das höhere Kosten bei gleichbleibenden Mitteln, wodurch Assistenzstunden massiv gekürzt werden müssen.

Trotz dieser Entwicklungen ist die Zukunft des Pilotprojektes Persönliche Assistenz ungewiss, gesichert ist ein Weiterlaufen nur bis Ende 2025. Wie aus der Anfragebeantwortung 668/AB zum NAP Behinderung zur Anfrage von Christian Ragger hervorgeht, werden aus dem Projekttopf bis Ende 2025 rund 42 Millionen Euro ausbezahlt werden. Damit würden Ende 2025 noch ca. 78 Millionen Euro für persönliche Assistenz zur Verfügung stehen.

Jene Bundesländer, die sich durch den Beitritt zum Pilotprojekt auf einheitlichere und höhere Standards für Menschen mit Behinderungen und persönliche Assistent:innen verpflichtet haben, bleiben nun möglicherweise auf den erhöhten Kosten sitzen. Die Menschen mit Behinderungen in der Steiermark wissen unterdessen nicht, wie sie die gestiegenen Kosten für Persönliche Assistenz finanzieren sollen, und das obwohl noch Geld aus dem Pilotprojekt zur Verfügung stünde.

ANFRAGE

1)   Wie viel Geld wird mit Ende 2025 für das Pilotprojekt Harmonisierung der Persönlichen Assistenz aufgewendet worden sein?

2)   Wie viele Menschen mit Behinderungen werden voraussichtlich bis Ende 2025 durch das Pilotprojekt unterstützt?

3)   Wie viele Assistenzstunden werden voraussichtlich bis Ende 2025 geleistet und wie viele persönliche Assistent:innen erbringen ihre Leistungen im Pilotprojekt kollektivvertraglich abgesichert?

4)   Gibt es Gespräche mit den Bundesländern zur Weiterführung des Pilotprojektes, wenn ja mit welchen?

5)   Wenn es Gespräche mit den Bundesländern gibt: Wie ist deren Stand?

6)   Was passiert mit den übrigen Geldern aus dem Pilotprojekt am Ende des Jahres 2025?



[1] https://www.bizeps.or.at/freie-dienstvertraege-in-der-persoenlichen-assistenz-steiermark-beendet-unrechtmaessige-praxis/

[2] https://www.krone.at/3870056